OGH 11Os168/85

OGH11Os168/855.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.November 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Dallinger als Schriftführers, in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 13.Juni 1985, GZ 8 a Vr 13.988/84-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 2.August 1950 geborene beschäftigungslose Gerhard A des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach nötigte er in der Nacht zum 7.September 1984 in Wien die aus einem Fürsorgeheim entwichene und daher unterstandslose 16-jährige Andrea B, der er vorher ein Nachtquartier in der von ihm benützten Wohnung angeboten hatte, mit Gewalt und gefährlicher Drohung zum außerehelichen Beischlaf, indem er ihr mehrere Schläge ins Gesicht versetzte, sie an den Haaren zerrte, ihr das Leibchen vom Oberkörper riß und ihr androhte, er werde sie schlagen, wenn sie schreie. Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.

In seiner Verteidigung beeinträchtigt (Z 4) fühlt sich Gerhard A durch die Weigerung des Schöffengerichtes, den Zeugen Erwin C (den zum Tatzeitpunkt angeblich anwesenden Wohnungsbesitzer - S 23, 51, 61) zu vernehmen, obwohl durch dessen Aussage seine Verantwortung untermauert worden wäre, daß der Zeugin B seine Absichten auf Durchführung eines Geschlechtsverkehrs von Anfang an bekannt waren, sie ihre Zustimmung nur kurzfristig hinauszögerte, sie dann aber konkludent durch Aufsuchen der Wohnung und Niederlegen in seinem Bett erteilte (S 280).

Diesem Vorbringen ist die für die Prüfung durch das Rechtsmittelgericht allein ausschlaggebende, aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ersichtliche Antragstellung entgegenzuhalten, wonach die Einvernahme des Zeugen C zum Beweis dafür verlangt wurde, 'ob die Absicht (des Angeklagten), sich ein Mädchen für einen Geschlechtsverkehr aufzureißen, schon vorher bestanden hat' (S 258). Abgesehen davon, daß die Formulierung des Antrags (dessen erwartetes Ergebnis überdies für die Entscheidung der Schuldfrage unerheblich wäre) auf einen reinen Erkundungsbeweis hindeutet, gehen die nunmehrigen Beschwerdeausführungen über das in der Hauptverhandlung genannte Beweisthema weit hinaus, sodaß die Verfahrensrüge schon aus diesem formellen Grund nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist.

Wenn die Mängelrüge (Z 5) unter Hinweis auf einige inhaltlich voneinander abweichende Passagen der von den Tatrichtern im Kern als glaubwürdig befundenen Aussagen der Belastungszeugin Andrea B bei ihren wiederholten Vernehmungen (vor der Gendarmerie und dem Untersuchungrichter und in drei Hauptverhandlungen) die Urteilsbegründung als unzureichend qualifiziert, bringt sie auch diesen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Das Gericht setzte sich nämlich mit der einfach strukturierten (und daher zur Aufrechterhaltung eines Lügengebäudes durch längere Zeit unfähigen) Persönlichkeit der Zeugin, deren in Nebenumständen nicht einheitlichen Aussagen und Motivation für das Verhalten nach der Tat (Unterlassen eines Fluchtversuches) sehr ausführlich auseinander und fand dennoch keinen Grund, den Beschuldigungen in ihrem strafrechtlich relevanten Umfang den Wahrheitsgehalt abzusprechen. Ebensowenig blieb die Problematik der allenfalls zugunsten des Angeklagten gefärbten Aussagen der zur Tatzeit im Nebenraum anwesenden Zeugen Franz D und Martina E unerwähnt (S 268 bis 272). Die Beschwerdeausführungen stellen sich somit der Sache nach ausschließlich als Angriffe auf die im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unanfechtbare Beweiswürdigung dar.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsrüge (Z 11), die verhängte Freiheitsstrafe (von sechs Jahren) übersteige den Strafsatz des § 202 Abs. 1 StGB (sechs Monate bis fünf Jahre), ist zwar zuzugeben, daß das Erstgericht entgegen der - allerdings nicht unter Nichtigkeitssanktion stehenden - Vorschrift des § 260 Abs. 1 Z 4 StPO es unterließ, im Urteilsspruch die eine Erweiterung des Strafsatzes auf siebeneinhalb Jahre bewirkende Strafbemessungsvorschrift des § 39 StGB zu zitieren. Allerdings ließ das Gericht auch keinen Zweifel darüber offen, daß es § 39 StGB tatsächlich anwendete (S 274). Die Anwendung oder Nichtanwendung dieser im Einzelfall nur fakultativ heranzuziehenden Strafschärfungsvorschrift ist aber, solange der durch sie erweiterte Strafrahmen nicht überschritten wird, nur mit Berufung bekämpfbar (zu all dem SSt. 46/40). Damit entzieht sich auch dieses Vorbringen einer Erörterung im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Beschwerde war daher gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Mangels Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde fehlt es aber an der Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes für die Erledigung der Berufung (EvBl. 1981/46 u.v.a.). über sie wird der örtlich zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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