Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ando L***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er zwischen 6. und 7. Juli 2010 in G***** eine Person mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er Maria Le***** mit der Aufforderung: „Nimm das, sonst schlag ich dich einfach, bis du's nimmst!“ zur Einnahme einer Tablette mit betäubender Wirkung nötigte, wodurch es zur völligen Ausschaltung der Willensbildung beim Opfer kam, und dann mehrmals mit zumindest zwei Fingern in ihre Scheide eindrang.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 3, 5, 5a, 9 [lit] a und 10 StPO.
Das Vorbringen der Verfahrensrüge (Z 3), „das Unterlassen der Ladung von Ersatzschöffen widerspricht dem Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und dem Prinzip der festen Geschäftsverteilung“, lässt einen Bezug auf eine in § 281 Abs 1 Z 3 StPO angeführte Gesetzesstelle vermissen (vgl Fabrizy, StPO11 § 281 Rz 33).
Die bloße Spekulation, es sei mangels „Zeugenbelehrung ... nicht hervorgekommen, ob einer der genannten Zeugen [deren Nennung im Rechtsmittel gerade nicht erfolgt] möglicherweise ein Aussagebefreiungsrecht nach § 156 Abs 1 Z 1 StPO bzw -verweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 2 bis Z 5 StPO gehabt habe und davon Gebrauch machen hätte können“, ist keine deutliche und bestimmte Bezeichnung des Tatumstands, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO). Der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, dass eine Informationspflicht nach § 159 Abs 1 StPO erst dann entsteht, sobald im Verfahren Anhaltspunkte für einen Zeugnisverweigerungsgrund vorliegen (RIS-Justiz RS0113610; Kirchbacher, WK-StPO § 159 Rz 2).
Aus welchem Grund der Angeklagte mehrere Jahre nicht nach Österreich zurückkehrte, tangiert der Mängelrüge (Z 5) zuwider ebensowenig eine entscheidende Tatsache (zum Begriff Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398) wie die beim Opfer objektivierten - allerdings nicht im Genitalbereich vorgefundenen - Verletzungen, zumal die vom Beschwerdeführer thematisierte Penetration „mit einem Penis oder penisartigen Gegenstand“ nie in Rede stand. Die der erstgerichtlichen Würdigung (US 9) entgegengehaltene Behauptung, die Verletzungslage spreche gegen die Darstellung des Opfers und für den Angeklagten, verlässt den Rahmen einer Mängelrüge, die - anders als die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld im Einzelrichterverfahren - eine derartige Bekämpfung der Überlegungen der Tatrichter nicht umfasst.
Soweit der Nichtigkeitswerber das Abstützen der zum Schuldspruch führenden Feststellungen auf die glaubwürdigen Angaben des Opfers in Verbindung mit anderen Zeugenaussagen (US 7) als „Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall) bezeichnet, gelingt es ihm nicht, eine Willkür in der erstgerichtlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444).
Das Nichtauffinden betäubender Wirkstoffe im und von eindeutig verwertbaren DNA-Spuren des Angeklagten am Körper des Opfers oder an dessen Bekleidung haben die Tatrichter entgegen dem Beschwerdevorwurf (Z 5 zweiter Fall) ausdrücklich in ihre Überlegungen miteinbezogen (US 8 ff). Soweit der Rechtsmittelwerber aus dem diesbezüglichen Gutachten andere Schlüsse zieht als der Schöffensenat, verlässt er neuerlich den gesetzlich vorgegebenen Anfechtungsumfang.
Die Aufklärungsrüge (Z 5a) versäumt beim abstrakt bleibenden Vorwurf der Verletzung der richterlichen Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung die Darlegung, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechts, Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS-Justiz RS0114036, RS0115823; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Mit einer angeblich dem Angeklagten dadurch aufgebürdeten Notwendigkeit des „Freibeweisens“ hat dies nichts zu tun.
Die Kritik am Schluss (US 7) vom äußeren Geschehen auf die subjektive Tatseite (der Sache nach Z 5 vierter Fall) versagt: Ein solcher ist rechtsstaatlich vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).
Der Vorwurf der Rechtsrüge (Z 9 lit a) des „substanzlosen Gebrauchs der verba legalia“ orientiert sich inhaltlich nicht an den umfangreichen Feststellungen US 2 bis 4 (RIS-Justiz RS0098664, RS0119090) und entzieht die Behauptung eines „Feststellungsmangels“ (gemeint: Rechtsfehlers mangels Feststellungen) einer meritorischen Erwiderung; ebensowenig sind eigenständig beweiswürdigende Überlegungen zu den Verfahrensergebnissen Gegenstand der prozessordnungs- gemäßen Geltendmachung materiell-rechtlicher Nichtigkeit.
Die Subsumtionsrüge (Z 10), „eine Verurteilung nach § 205 Abs 1 StGB ... wäre ... denkbar gewesen“, verlässt gleichermaßen den durch die tatrichterlichen Sachverhaltsannahmen gezogenen Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Der im Rechtsmittel überdies gestellte „Delegationsantrag“ wird vorerst einer geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu unterziehen sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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