Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Monate herabgesetzt wird. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24. Juli 1954 geborene Friedrich A des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs. 1 StGB (Punkt I des Schuldspruches) und des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 zweiter Fall SuchtgiftG (Punkt II des Schuldspruches) schuldig erkannt.
Es liegt ihm zur Last, I./ am 6. August 1981 seinen damals 67- jährigen Großonkel Otto B mit Gewalt, nämlich durch Versetzen eines Stoßes, und durch Drohung mit einer Verletzung am Körper zur Herausgabe eines - ihm zustehenden - Betrages von 50 S genötigt sowie II./ nach Vollendung seines 21. Lebensjahres Cannabisharz und Cannabiskraut in geringen Mengen an nicht bezugsberechtigte Personen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, überlassen und ihnen hiedurch den Gebrauch des Suchtgiftes ermöglicht zu haben, und zwar in der Zeit von September bis Oktober 1980 dem Walter C, geboren am 30. November 1962, und im Jahre 1978 dem Friedrich D, geboren am 26. November 1958.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch zu Punkt I mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9
lit a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.
Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO behauptet der Angeklagte in Ansehung der seiner Meinung nach nicht begründeten Urteilsannahme, wonach Otto B durch das im Punkt I des Schuldspruches umschriebene Verhalten derart eingeschüchtert worden sei, daß er dem Angeklagten gestattete, den dem Beschwerdeführer zustehenden Geldbetrag von 50 S aus seiner Aktentasche zu entnehmen, wobei er gejammert habe, daß ihm der Angeklagte sein letztes Geld wegnehme (S 165 d.A).
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge versagt.
Das Erstgericht hat sich, der Beschwerde zuwider, mit den Angaben des Zeugen B in der Hauptverhandlung (er habe vor dem Angeklagten keine Angst gehabt /-S 149 f d.A/), ohnedies befaßt, diese Aussagen als Versuch des Zeugen, den Angeklagten zu schonen und den Sachverhalt so harmlos wie möglich darzustellen, beurteilt und seine einschlägigen Feststellungen in mängelfreier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) ersichtlich auf die - von Otto B in der Hauptverhandlung an sich ausdrücklich aufrechterhaltenen (S 146 d.A) - Angaben vor der Gendarmerie gegründet (S 166 d. A), wonach er sich dem Angeklagten nicht widersetzt habe, weil er gewußt habe, daß dieser sicher aggressiv und auch gewalttätig (weiter) gegen ihn vorgegangen, eine Gegenwehr daher sinnlos gewesen wäre (S 35 f, 156 d.A).
Davon abgesehen fällt aber die Frage der Eignung einer Drohung, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z 5 StGB), überhaupt in den Bereich der rechtlichen Beurteilung. Soweit der Beschwerdeführer in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO diese Eignung bestreitet und zudem das Unterbleiben einer Feststellung über die Stärke des dem Zeugen B versetzten Stoßes rügt, ist ihm folgendes zu erwidern:
Prinzipiell ist die relevierte Eignung der Drohung nach dem objektiven Maßstab eines besonnenen Durchschnittsmenschen zu beurteilen. Es sind jedoch auch, was die Beschwerde verkennt, in der Person des Bedrohten liegende besondere Umstände mitzuberücksichtigen (arg: § 74 Z 5 StGB:
'... und seine persönliche Beschaffenheit ...'; vgl Kienapfel, BT I, RZ 803 ua).
Unter Anlegung dieses gemischt objektiv-individuellen Maßstabes hat das Erstgericht jedoch angesichts aller Umstände des Falles, insbesondere der Modalitäten der Drohung gegenüber einem zur Tatzeit 67-jährigen Mann, über den der um 40 Jahre jüngere Angeklagte selbst angab, er sei Kriegsinvalide (S 40, 156 d.A), die Eignung der Drohung, begründete Besorgnisse hervorzurufen, zu Recht bejaht. Näherer Feststellungen über die Intensität des vom Angeklagten seinem Großonkel versetzten Stoßes waren entbehrlich. Genug daran, daß diese Tathandlung, wie feststeht, nach dem Willen des Angeklagten darauf gerichtet war, die Herausgabe des Geldbetrages zu erzwingen und dieses Vorhaben auch tatsächlich verwirklicht wurde (S 164 f d.A). Hiedurch ist klargestellt, daß der Stoß ein Maß nicht unerheblicher physischer Kraftanwendung erreicht hatte, wodurch ein tatsächlicher oder erwarteter Widerstand überwunden werden sollte, und deshalb dem Gewaltbegriff (auch) im Tatbild der Nötigung nach dem § 105 Abs. 1 StGB entspricht.
Mit dem unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO weiters erhobenen Einwand indes, es lägen bloße 'milieubedingte Äußerungen' vor, negiert der Beschwerdeführer die erstgerichtlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite und bringt deshalb die Rechtsrüge, die stets ein Festhalten am Urteilssachverhalt voraussetzt, nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Der im gegebenen Zusammenhang in der Beschwerde enthaltene Hinweis auf die Urteilsausführungen zum Milieu der Beteiligten läßt außer acht, daß im Ersturteil hievon nur im Rahmen der tatsächlichen Schlußfolgerungen auf den Wortlaut der Drohung die Rede ist (S 166 d.A).
Erweist sich somit die auf den § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO gestützte Rechtsrüge teils als nicht stichhältig, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, so geht auch das weitere Beschwerdevorbringen, mit dem unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b leg cit der Rechtfertigungsgrund des § 105 Abs. 2 StGB reklamiert wird, fehl. Es kommt nämlich bei der nach einem strengen, objektiven Maßstab zu lösenden Frage der Sittenwidrigkeit von Gewalt und Drohung als Mittel für den angestrebten Zweck nicht darauf an, ob die Verknüpfung von Mittel und Zweck gerade dem - guten oder schlechten - Milieu der Beteiligten entspricht oder nicht, sondern sozial unerträglich ist (vgl Kienapfel, BT I, RZen 813 ff). Tathandlungen, wie sie gegenständlich dem Angeklagten zur Last liegen, sind jedoch, orientiert an dem Wertmaßstab guter Sitten, mit den Erfordernissen sozialgemäßen Verhaltens nicht zu vereinbaren.
Der Rechtfertigungsgrund nach dem § 105 Abs. 2 StGB liegt daher nicht vor.
Sohin war die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 105 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und unter Bedachtnahme gemäß den § 31, 40 StGB auf das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 30. Oktober 1981, AZ 16
U 3.516/81, eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten als Zusatzstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen verschiedener Art, als mildernd den Beitrag zur Wahrheitsfindung, den der Angeklagte hinsichtlich des Nötigungsfaktums leistete.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.
Seinem Begehren kommt Berechtigung zu.
Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und auch vollständig erfaßt. Allerdings wurde bei der Wahl der Sanktion dem Charakter als Zusatzstrafe nicht hinreichend Rechnung getragen. Es ist nämlich davon auszugehen, daß bei gemeinsamer Aburteilung aller in den Strafbemessungsvorgang einzubeziehenden Taten eine (Gesamt-)Freiheitsstrafe von sechsmonatiger Dauer schuldangemessen erschiene. Bringt man davon die im obzitierten Verfahren des Strafbezirksgerichtes Wien rechtskräftig verhängte Geldstrafe von sechzig Tagessätzen in Abzug, verbleibt eine hier auszusprechende Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten.
Insoweit war daher der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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