OGH 11Os152/03

OGH11Os152/0320.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Proksch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Andrzej C***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Eisenstadt vom 17. Juli 2003, GZ 7 Hv 44/03t-107, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Andrzej C***** der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB und des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. August 2002 in Oberwart

1. Dr. Wieslawa M***** getötet, indem er sie zu Boden stieß, mit einem Seil fesselte und ihr Gesicht mit einer Frischhaltefolie umwickelte, wodurch sie erstickte;

2. Dr. Wieslaw M***** zu töten versucht, indem er ihm auflauerte, um ihn zunächst mit einer Decke zu überwältigen und auf ähnliche Weise zu töten, schließlich mit Fäusten auf ihn einschlug, was einen Bruch der neunten Rippe, eine Zerrung des rechten Handgelenkes und Hautabschürfungen am rechten Ellenbogen sowie an der Nase zur Folge hatte, wobei die Ausführung der versuchten Tat lediglich an der heftigen Gegenwehr des Opfers scheiterte.

Die Geschworenen hatten die Hauptfragen nach den Verbrechen des Mordes und des versuchten Mordes bejaht. Die Zusatzfrage in Richtung § 11 StGB verneinten sie ebenso wie 10 nur für den Fall der Verneinung der Hauptfragen gestellte Eventualfragen. Obwohl die Beantwortung der Eventualfragen nicht geboten war, gereicht dies dem Angeklagten nicht zum Nachteil.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Schuldspruch gerichtete, auf § 345 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht. Die Verfahrensrüge (Z 5) moniert die Abweisung der in der Hauptverhandlung vom 16. und 17. Juli 2003 gestellten Beweisanträge. Die Übersetzung und Verlesung der Tagebücher der Mutter (des Beschwerdeführers) wurde zum Beweis dafür beantragt, "dass sich der Angeklagte aufgrund des ambivalenten Verhältnisses zu seiner Mutter in einer allgemeinen begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen hat lassen, die Tat zu begehen" (S 430). Ergänzend brachte der Verteidiger hiezu vor, "dass das Beweisthema betreffend der Tagebücher zeigt, wie das Verhältnis des Angeklagten zu seiner Mutter, das Verhältnis seiner Mutter zum Stiefvater und das Verhältnis vom Stiefvater zum Angeklagten ist und um allgemein die Beweggründe, die zu diesem Vorfall geführt haben, zu erhellen" (S 503).

Einem Beweisantrag muss aber neben Beweismittel und Beweisthema stets zu entnehmen sein, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327).

Voraussetzung für die Beurteilung einer Tat als Verbrechen des Totschlages nach § 76 StGB ist, dass sich der Täter in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen hat lassen, den anderen zu töten. Die Gemütsbewegung darf demnach zur Tatzeitpunkt noch nicht abgeklungen sein (Leukauf/Steininger Komm3 § 76 RN 5 f).

Bei Stellung des Beweisantrages hätte es daher der Angabe bedurft, warum ein "ambivalentes" (dh doppelwertiges, zwiespältiges) Verhältnis zum Tatopfer eine Gemütsbewegung im angeführten Ausmaß ergeben soll und warum dies aus Tagebüchern, deren jüngstes aus 1999 stammt (S 561), zu ersehen sein soll. Vielmehr dient der Beweis, wie sich insbesondere aus dem ergänzenden Vorbringen ergibt, nur dazu, um abzuklären, ob von diesem eine weitere Aufklärung zu erwarten ist. Damit handelt es sich um einen unzulässigen Erkundungsbeweis (Ratz aaO Rz 330).

Die Vernehmung des Zeugen GI Wilfried G***** wurde zum Beweis dafür begehrt, "dass sich diese Zettel doch im Rucksack befunden haben und dem Angeklagten bei seiner Einvernahme vor dem Gendarmerieposten Oberwart vorgehalten wurden" (S 557). Hiezu hatte der Verteidiger "zwei Zettel" vorgelegt, die (angeblich) im Rucksack des Angeklagten waren, als dieser am Tatort vorgefunden wurde. Auf diesen Papieren befanden sich Namen, Adressen und Telefonnummern von zwei Pensionen aus der Gegend des Semmering. Nach dem Vorbringen habe der Angeklagte seine Mutter nicht töten, sondern auf den Semmering bringen wollen, um mit ihr dort ein Gespräch zu führen (S 431).

Durch Vorlage der Zettel in der Hauptverhandlung wurde deren Inhalt den Laienrichtern bekannt. Er konnte daher bei Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Verantwortung des Angeklagten mitberücksichtigt werden. Wo sich diese unmittelbar nach der Tat befanden, stellt keinen für die Schuldfrage erheblichen Umstand dar. Die Beweisanträge wurden somit vom Schwurgerichtshof abgewiesen, ohne dass dabei Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet oder sonst Verteidigungsrechte beeinträchtigt wurden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 2, § 344 StPO).

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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