Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Roland B***** der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB
(1) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB
(2) schuldig erkannt.
Darnach hat er am 12.Mai 1995 in Leoben
(zu 1) Stefan M***** durch Versetzen eines wuchtigen Messerstiches in den Bauch, wobei die Klinge 20 cm tief in den Körper des Stefan M***** eindrang, vorsätzlich getötet;
(zu 2) Heribert N***** durch die unmittelbar nach der zu 1 beschriebenen Tat ausgestoßene Äußerung "Wenn du etwas sagst, dann stech ich dich ab", wobei er das bei der oben (zu 1) beschriebenen Tat verwendete Messer mit der Spitze gegen den Bauch von Heribert N***** richtete, somit durch Gewalt und gefährliche Drohung mit dem Tod, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von seinen Beobachtungen entsprechenden Schilderungen des Tatherganges gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten, gezwungen.
Die Geschworenen hatten die auf das Verbrechen des Mordes gerichtete Hauptfrage I im Stimmenverhältnis 6:2 bejaht und die auf Zurechnungsunfähigkeit gerichtete Zusatzfrage zur Hauptfrage einhellig verneint, sodaß sich die Beantwortung der auf das Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang gerichteten Eventualfrage 2, der auf Zurechnungsunfähigkeit gerichteten Zusatzfrage zu dieser Eventualfrage und der auf das Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB gerichteten Eventualfragen 1 und 3 erübrigte. Die auf das Verbrechen der schweren Nötigung gerichtete Hauptfrage II hatten die Geschworenen einhellig bejaht und die auch insoweit auf Zurechnungsunfähigkeit gerichtete Zusatzfrage zur erwähnten Hauptfrage einhellig verneint, sodaß auch die auf das Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (zu dieser Hauptfrage) lautende Eventualfrage (4) nicht beantwortet wurde.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 6, 8 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die nicht berechtigt ist.
Als Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) rügt der Beschwerdeführer die vom Schwurgerichtshof abgelehnte Stellung von Eventualfragen nach den Verbrechen des Totschlages nach § 76 StGB sowie der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 StGB. Diese Eventualfragen waren indes mangels eines - von § 314 Abs 1 StPO vorausgesetzten - Tatsachenvorbringens in der Hauptverhandlung nicht indiziert. So verantwortete sich der Angeklagte gar nicht mit einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung und negierte auch einen - zur Erfüllung des Tatbestandes des § 76 StPO erforderlichen - Tötungsvorsatz (271 ff/III). Nach dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr.Z***** neigt der Angeklagte zur Affektentladung aufgrund einer von Oppositionseinstellung, Aggressivität, Affektlabilität und Gefühlskälte gekennzeichneten Persönlichkeitsstörung (403 ff/III). Ein von einem solchen Charaktermangel gesteuertes Verhalten schließt jedenfalls die sittliche Verständlichkeit des Affekts aus, mag dieser auch durch eine sexuelle Annäherung des später Getöteten an die geschiedene Ehegattin des Angeklagten veranlaßt worden sein; denn allgemein begreiflich ist eine heftige Gemütsbewegung nur dann, wenn das Verhältnis zwischen dem sie herbeiführenden Anlaß und dem eingetretenen psychischen Ausnahmezustand allgemein verständlich ist, dh wenn ein Mensch von durchschnittlicher Rechtstreue sich vorstellen kann, auch er wäre unter den gegebenen Umständen in eine solche Gemütsbewegung geraten (Leukauf/Steininger Komm3 § 76 RN 11 mwN).
Der das Verbrechen der schweren Körperverletzung mit tödlichem Ausgang eingestehenden Verantwortung des Angeklagten (271 ff/III) hat der Schwurgerichtshof durch Stellung der darauf gerichteten Eventualfrage 2 zur Hauptfrage I Rechnung getragen. Dahin, daß sein Vorgehen von einer auf Zufügung einer schweren Verletzung gerichteten Absicht getragen gewesen wäre, hat sich der Beschwerdeführer nicht verantwortet, sondern eine solche Absicht sogar bestritten (309/III). Da auch die sonstigen Verfahrensergebnisse nicht auf deren Vorliegen hindeuteten, bestand zur Stellung einer (weiteren) Eventualfrage nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung kein Anlaß.
Der Instruktionsrüge (Z 8) zuwider leidet die vom Vorsitzenden den Geschworenen gemäß § 321 StPO erteilte Rechtsbelehrung nicht an einer deren Unrichtigkeit gleichzusetzenden Unvollständigkeit. Vorsatz und Fahrlässigkeit wurden im allgemeinen Teil der Rechtsbelehrung richtig und hinlänglich dargestellt, sodaß sich bei den Ausführungen zur Eventualfrage 2 zur Hauptfrage I eine neuerliche Befassung mit diesen Schuldformen erübrigte; denn die Rechtsbelehrung ist von den Geschworenen als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen und daher als Einheit und nicht nach ihren Teilstücken zu betrachten (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 345 Z 8 E 50). Entgegen dem - nicht weiter substantiierten - Beschwerdevorbringen läßt die Instruktion zu der in Rede stehenden Eventualfrage nichts an Ausführlichkeit zu wünschen übrig. Rechtliche Darlegungen zum Tatbestand des Totschlages sind zu Recht unterblieben, weil eine Rechtsbelehrung nur zu tatsächlich an die Geschworenen gestellten Fragen zu erteilen ist; eine Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags wurde indes nicht gestellt.
Mit der Tatsachenrüge (Z 10 a) vermag der Beschwerdeführer keine erheblichen sich aus den Akten ergebenden Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Solche Bedenken setzen in der Regel das Aufzeigen von schwerwiegenden, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung (§§ 3, 232 Abs 2, 254, 302 StPO) zustande gekommenen Mängeln in der Sachverhaltsermittlung oder Hinweise auf aktenkundige Beweisergebnisse voraus, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen. Der Umstand, daß die Geschworenen die aufgenommenen Beweise auch anders hätten würdigen können, stellt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht her, zumal die Beweiswürdigung im geschworenengerichtlichen Verfahren ausschließlich den Geschworenen zugewiesen ist und vom Obersten Gerichtshof nicht nach eigener Überzeugung revidiert werden kann. Somit vermag der Beschwerdeführer durch die Anführung einzelner Indizien, die gegen seinen Tötungsvorsatz sprechen könnten, erhebliche Bedenken gegen die von den Geschworenen in ihrem Wahrspruch getroffene Feststellung eines solchen Vorsatzes nicht zu wecken. Vielmehr war ein auf Tötung des Stefan M***** gerichteter - zumindest bedingter - Vorsatz zwanglos aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens in ihrer Gesamtheit, insbesondere aus der in der Hauptverhandlung abgelegten Aussage des Zeugen Heribert N***** abzuleiten, auch wenn dieser im Vorverfahren eine angeblich nach der Tat abgegebene Äußerung des Angeklagten behauptet hatte, die den Schluß auf das Fehlen eines solchen Vorsatzes zuließe. Umsoweniger vermag der Beschwerdeführer unter Berufung auf die Aussage des Zeugen Heribert N***** im Vorverfahren erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der von den Geschworenen im Wahrspruch getroffenen Feststellungen der Bedrohung des Genannten mit einem Messer zu wecken, zumal eine solche Bedrohung auch in der erwähnten Aussage angegeben wurde.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28, 75 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die "fünf zum Teil massiven einschlägigen Vorverurteilungen" und den raschen Rückfall nach der Haftentlassung, als mildernd die vernachlässigte Erziehung des Angeklagten und das Teilgeständnis zum Mord.
Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe beantragt.
Vorerst ist anzumerken, daß zu den vom Erstgericht festgestellten Strafbemessungsgründen noch das Zusammentreffen strafbarer Handlungen verschiedener Art als erschwerend hinzukommt und der Umstand der vernachlässigten Erziehung dem zum Tatzeitpunkt 25jährigen Rechtsbrecher, an dem bereits wiederholt längere Freiheitsstrafen vollzogen wurden, nicht mehr als mildernd zugute gehalten werden kann.
Der Angeklagte vermag demgegenüber in seiner Berufung zusätzliche mildernde Umstände nicht darzulegen. Bezüglich der behaupteten "begreiflichen psychischen Situation" ist auf die Erörterung des bezüglichen Einwandes im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen. Was die Alkoholisierung zur Tatzeit anlangt, so schlägt die Vorwurfsabwägung nicht zum Vorteil des Angeklagten aus, da er die ihn enthemmende Wirkung von Alkohol auf Grund seiner vorangegangenen Straffälligkeit bereits kannte (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 35 E 3 mwN).
Insgesamt trägt die vom Geschworenengericht ausgemittelte Strafe der Täterpersönlichkeit und der Schwere der Tat entsprechend Rechnung, sodaß zu einer Reduktion kein Anlaß bestand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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