OGH 11Os150/85 (11Os151/85)

OGH11Os150/85 (11Os151/85)1.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Oktober 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ing. Helmut A und Helmut B wegen des Vergehens nach dem § 111 Abs. 1 und 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichts Salzburg vom 24. Juni 1982, AZ 17 E Vr 1.056/82 (S 69), und gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 18.April 1983, GZ 17 E Vr 1.056/82-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Tschulik als Vertreter des Generalprokurators zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Landesgerichts Salzburg vom 24.Juni 1982, AZ 17 E Vr 1.056/82, und das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 18. April 1983, GZ 17 E Vr 1.056/82-15, verletzen insofern, als sie keinen Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers Max C enthalten, das Gesetz in der Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO.

Text

Gründe:

Der Realitätenvermittler und Gebäudeverwalter Max C erhob am 6. April 1982 beim Landesgericht Salzburg zum AZ 17 E Vr 1.056/82 gegen den Angestellten Ing. Helmut A und den Dachdeckermeister Helmut B Privatanklage wegen des Vergehens nach dem § 111 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Nach einer zur Aufnahme weiterer Beweise vertagten Hauptverhandlung zog der Privatankläger seine Privatanklage gegen Helmut B mit einem am 24.Juni 1982 bei Gericht eingelangten Schriftsatz zurück. Der Schriftsatz enthält auch eine Erklärung des Verteidigers des Helmut B, in welcher dieser u.a. zusicherte, er werde die Tatsache der Zurückziehung der Privatanklage nicht zum Anlaß nehmen, den Ersatz seiner Verteidigungskosten zu begehren. Hierauf stellte das Gericht das Verfahren gegen den Genannten am 24.Juni 1982 gemäß dem § 227 StPO ein; dieser Beschluß wurde sowohl dem Privatanklagevertreter, als auch dem Verteidiger des Helmut B zugestellt (vgl. S 69 f d.A).

In weiterer Folge wurde Ing. Helmut A mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 18.April 1983, GZ 17 E Vr 1.056/82-15, von der Privatanklage gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Der vom Privatankläger dagegen erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 22.August 1983, AZ 9 Bs 295/83, nicht Folge gegeben.

Keine der angeführten Entscheidungen enthält einen Ausspruch zum Kostenpunkt.

Hierauf brachte der rechtskräftig freigesprochene Beschuldigte Ing. Helmut A am 22.August 1983 einen Kostenbestimmungsantrag ein, welchen das Gericht zum Anlaß nahm, mit Beschluß vom 12. Juni 1985, GZ 17 E Vr 1.056/82-28, sein Urteil vom 18.April 1983 durch den Ausspruch zu ergänzen, daß gemäß dem § 390 Abs. 1 StPO dem Privatankläger alle infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten zur Last fallen, sowie dem Privatankläger auch die Kosten der Äußerung des Beschuldigten Ing. Helmut A (zum Kostenbestimmungsantrag) vom 3.Oktober 1983 aufzuerlegen. In Stattgebung einer dagegen erhobenen Beschwerde des Privatanklägers hob das Oberlandesgericht Linz mit Entscheidung vom 10.Juli 1985, AZ 9 Bs 268/85, diesen Beschluß (ersatzlos) auf und wies den Antrag des Privatanklägers, die Kosten für seine Beschwerde mit 2.722,50 S zu bestimmen und ihren Ersatz dem Freigesprochenen aufzutragen, ab (ON 31). Dieses Erkenntnis begründete das Beschwerdegericht - zutreffend - damit, daß eine Urteilsberichtigung bzw. Angleichung an das mündlich verkündete Urteil nur solange vorgenommen werden kann, als die unrichtige Ausfertigung nicht Gegenstand einer meritorischen Rechtsmittelentscheidung wurde und damit von der Rechtskraftwirkung mitumfaßt wird (vgl. SSt. 47/50); hinsichtlich der unterbliebenen Kostenentscheidung verwies es den Antragsteller auf die Möglichkeit einer Maßnahme nach dem § 292 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorgehen des Landesgerichtes Salzburg steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß dem § 390 Abs. 1 StPO ist in einem Privatanklageverfahren, das auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendet wird, dem Privatankläger der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen. Bei Rücktritt von der Privatanklage außerhalb der Hauptverhandlung hat dies im Beschluß über die Verfahrenseinstellung im Falle eines Freispruchs im freisprechenden Erkenntnis des Gerichtes zu geschehen. Soweit daher im Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 24.Juni 1982 und im Urteil dieses Gerichtes vom 18. April 1983 Kostenaussprüche unterblieben, verletzen diese Entscheidungen das Gesetz in der Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO. Da in der erstinstanzlichen Entscheidung ein Ausspruch über die Kostenpflicht fehlte und dieser Umstand ungerügt blieb, konnte, wie das Oberlandesgericht Linz richtig erkannte, das Berufungsgericht diesen Ausspruch weder ausdrücklich nachholen, noch stillschweigend fingieren, sodaß auch eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entfallen hatte (vgl. S 148 d.A). Mangels eines - auch später nicht nachholbaren - urteilsmäßigen Ausspruchs fehlte dem Landesgericht Salzburg eine entsprechende Grundlage für eine Entscheidung über die ziffernmäßige Höhe der Verteidigungskosten.

Die Unterlassung des Ausspruchs über die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers wirkte sich nur zum Nachteil des Beschuldigten Ing. Helmut A, zufolge des Verzichtes auf Kostenersatz nicht jedoch auch zum Nachteil des Beschuldigten Helmut B aus. Dennoch war auch in bezug auf den - zum Nachteil des Beschuldigten Ing. Helmut A - unterbliebenen Kostenausspruch im Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18.April 1983 die Gesetzesverletzung nur festzustellen und - entgegen der Anregung der Generalprokuratur - das Erkenntnis nicht mit konkreter Wirkung auszustatten, weil die mit der Gesetzwidrigkeit behaftete Entscheidung in der Kostenfrage unangefochten (§ 392 StPO) blieb, obwohl das insoweit mangelhafte Urteil dem betroffenen Beschuldigten Ing. A und seinem rechtskundigen Vertreter in der Hauptverhandlung vom 18.April 1983 eröffnet worden war. Daß die mündlich verkündete Entscheidung unter Umständen doch einen Kostenausspruch im Sinn des § 390 Abs. 1 StPO enthielt, kann - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichtes Linz (S 175) - auch dem in der Folge ersatzlos behobenen Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 12.Juni 1985 nicht entnommen werden, weil das Erstgericht in dieser seiner Urteilsergänzung ausdrücklich von der Nachholung des in der Entscheidung vom 18.April 1983 unterbliebenen Kostenzuspruchs ausgeht (S 164), nicht jedoch eine bloße Angleichung der schriftlichen Ausfertigung an das mündlich verkündete Urteil vornimmt.

Schon in Anbetracht der aufgezeigten unterlassenen Anfechtung war einem die bestehende Rechtslage verändernden Eingriff im Sinn des § 292, letzter Satz, StPO hier nicht näherzutreten (vgl. die bei Mayerhofer-Rieder 2 unter Nr. 59 zu § 292 StPO zitierten Entscheidungen sowie 11 Os 73,74/85), sodaß die Frage, ob die Durchbrechung der Rechtskraftwirkung einer Entscheidung zum Nachteil Dritter in der Kostenfrage überhaupt zulässig wäre, auf sich beruhen kann.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte