Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 7.April 1946 geborene Theresia H*** des Vergehens des Versicherungsmißbrauches nach § 151 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie mit dem Vorsatz, sich bzw. ihrem Gatten Herbert H*** eine Versicherungsleistung zu verschaffen, eine Versicherungssache, nämlich das landwirtschaftliche Kleinanwesen Pollhamerwald Nr. 8, durch Herbeiführung einer Feuersbrunst dadurch zerstört, daß sie es vorsätzlich unterließ, den Brand am genannten Anwesen zu verhindern, indem sie weder das über der eingeschalteten Heubodenlampe hängende Heu entfernte noch die Lampe ausschaltete, sowie dadurch, daß sie ihre Söhne Peter und Friedrich M*** aufforderte, das über der eingeschalteten Heubodenlampe hängende Heu nicht zu entfernen, sondern hängen zu lassen und die Lampe nicht auszuschalten sowie niemandem etwas zu sagen.
Rechtliche Beurteilung
Die Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der in keinem Anfechtungspunkt Berechtigung zukommt.
In Ausführung der Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) wirft die Beschwerdeführerin dem Erstgericht zunächst vor, sich zur Begründung von Feststellungen über verschiedene der Angeklagten zugeschriebene (deren Vorsatz im Sinn des § 151 Abs. 1 StGB indizierende) Äußerungen nicht auf deren Darstellung, sondern (lediglich) auf die nicht zur Verlesung gebrachten Aussagen ihrer Söhne Peter und Friedrich M***, demnach auf Beweisergebnisse gestützt zu haben, die in der Hauptverhandlung - in der sich die Genannten der Aussage entschlagen haben - nicht vorgekommen sind.
Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Das Erstgericht hat die bemängelten Urteilsfeststellungen nämlich sehr wohl (auch) aus der - wenn auch im Hinblick auf frühere Darstellungen (vgl. insbesondere AS 117 ff und AS 190 ff) zum Teil als unglaubwürdig erkannten - Verantwortung der Angeklagten selbst abgeleitet (vgl. US 13 ff) und sich darüber hinaus auf die (in den jeweiligen Anzeigen enthaltenen) Angaben ihrer Söhne Peter und Friedrich M*** nur insoweit gestützt, als sie vor der Sicherheitsdirektion für das Land Oberösterreich erfolgt waren (vgl. insbesondere S 245 in 15 Vr 522/87 des Kreisgerichtes Wels und S 243 in 15 Vr 1539/87 des Kreisgerichtes Wels). Diese Angaben wurden aber den Beschwerdebehauptungen zuwider in der Hauptverhandlung verlesen (vgl. AS 335), sodaß sie keineswegs ein im Sinn des § 258 Abs. 1, erster Satz, StPO unverwertbares Beweisergebnis darstellten. Als nicht stichhältig erweist sich die Mängelrüge auch, soweit sie eine "Undeutlichkeit und Unvollständigkeit" der erstgerichtlichen Begründung für die Annahme eines im Sinn des § 151 Abs. 1 StGB deliktischen Vorsatzes geltend macht und dem Erstgericht in diesem Zusammenhang die inhaltslose Verwendung der bloßen "verba legalia" unterstellt. Dieses Vorbringen setzt sich nämlich über jene Urteilspassagen hinweg, in denen das Erstgericht in freier Beweiswürdigung aus konkret angeführten Beweisergebnissen - durchaus denkmöglich - folgerte, daß die Angeklagte die Entstehung einer Feuersbrunst ernstlich für möglich gehalten und sich damit im Hinblick auf die erwartete Versicherungsleistung abgefunden hat (US 12 ff).
Zu Unrecht behauptet die Beschwerdeführerin schließlich einen Widerspruch zwischen der festgestellten Äußerung der Angeklagten gegenüber Friedrich M***, daß sie einen Brandausbruch für unwahrscheinlich halte ("warum soll es brennert werden ...", US 8) und der Annahme eines eben diesen Brandausbruch umfassenden Vorsatzes der Genannten. Die in Frage kommenden Urteilsausführungen in ihrer Gesamtheit lassen nämlich unmißverständlich die Überzeugung des Erstgerichtes erkennen, daß das Verhalten der Angeklagten ihrem Tatplan entsprechend auf die Herbeiführung eines die Versicherungssache zerstörenden Brandes gerichtet war und ihr mit Friedrich M*** geführtes Gespräch allein dem Zweck diente, den äußeren Anschein eines strafgesetzkonformen Verhaltens zu wahren. Die Annahme eines deliktischen Vorsatzes der Angeklagten steht daher nur in scheinbarem Widerspruch zum zitierten Gesprächsinhalt; welche Vorstellungen Friedrich M*** über den weiteren Geschehensablauf hatte, kann mangels eines ihn betreffenden Schuldspruches gegenständlich überhaupt außer Betracht bleiben.
Entgegen den Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO kann es auch dahingestellt bleiben, ob der Angeklagten tatsächlich die vom Erstgericht bejahte, in der Beschwerde aber in Zweifel gezogene Garantenfunktion im Sinn des § 2 StGB zugekommen ist oder nicht. Der Prüfung einer derartigen persönlichen Verpflichtung zur Erfolgsabwendung bedarf es nämlich nur in jenen Fällen, in denen die strafrechtliche Haftung für die Herbeiführung eines Erfolges allein auf einer Unterlassung, nämlich der Nichtvornahme des gebotenen Tuns basiert. Den gegenständlichen Urteilsfeststellungen zufolge beschränkte sich das inkriminierte Verhalten der Angeklagten jedoch keineswegs ausschließlich darauf, das über der eingeschaltenen Lampe hängende Heu nicht zu entfernen und die Lampe nicht auszuschalten, sondern bestand über diese Unterlassungen hinaus auch noch darin, daß sie ihre Söhne Peter und Friedrich M*** aufforderte, diese Gefahrenquellen nicht zu beseitigen sowie niemandem etwas zu sagen, sohin in einem aktiven Verhalten. Bei Vorliegen eines derart komplexen, durch eine Mischung aktiver und passiver Verhaltenselemente gekennzeichneten Tatverhaltens ist jedoch zufolge des nunmehr auch von der Rechtsprechung übernommenen Grundsatzes des "Primates des Tuns" (Kienapfel, AT, Z 28, RN 22 ff, Nowakowski im WK, Rz 40 ff zu § 2 StGB, LSK 1986/53 = ZVR 1986/143 mit Anm. Kienapfel) vorrangig auf die aktive Tatbegehungskomponente abzustellen. Da die angeführten Einwirkungen der Angeklagten auf ihre Söhne zur Unterlassung jeder Rettungshandlung (Hinderung des Erfolgseintrittes) den in Rede stehenden Brand, für dessen Ausbruch, abgesehen von der zeitlichen Komponente, bereits alle Bedingungen erfüllt waren, angesichts der gelungenen Hinderung zielführender erfolgsabwehrender Maßnahmen zweifelsfrei (mit)verursacht haben, hat sich die Angeklagte einer Tatbegehung durch positives Tun schuldig gemacht, demgegenüber eine allfällige - nach dem Gesagten nur subsidiäre - Haftung wegen Unterlassung nicht zum Zuge kommt (Nowakowski aaO, Rz 44 am Ende). Wenn die Beschwerdeführerin dem Erstgericht in diesem Zusammenhang darüber hinaus noch vorwirft, keine (ausreichenden) Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen zu haben, entfernt sie sich vom für die prozeßordnungsgemäße Ausführung einer Rechtsrüge allein maßgeblichen Urteilssachverhalt, dem die vermißten Feststellungen aber zu entnehmen sind.
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.
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