Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil wurde Robert K***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (l) und des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z l StGB (2) schuldig erkannt.
Danach hat er am 27. April 2003 in Wien
l. Omar D***** vorsätzlich getötet, indem er ihm ein dolchartiges Messer mehrmals kräftig in den Brustkorb und Bauch stieß;
2. fremde bewegliche Sachen, nämlich 12 Kugeln Heroin und Kokain im Wert von 300 Euro dem Omar D*****, der infolge mehrerer Stichwunden zusammenbrach und die Suchtgiftkugeln ausspuckte, sohin unter Ausnützung eines Zustandes des Bestohlenen, der ihn hilflos machte, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Die Geschworenen bejahten die auf das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB gerichtete Hauptfrage 1, sodass die Beantwortung der hiezu gestellten Eventualfragen, die auf das Verbrechen der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 StGB (Eventualfrage 3), das Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs l, 86 StGB (Eventualfrage 4), das Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 2, 86 StGB (Eventualfrage 5) bzw das Vergehen der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Abs 1 Z l StGB (Eventualfrage 6) gerichtet waren, entfiel. Die auf das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 StGB gerichtete Hauptfrage 2 wurde von den Geschworenen hingegen verneint, während sie die dazu gestellte, auf das Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z l StGB gerichtete Eventualfrage 7 bejahten.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil im Umfang des Schuldspruchs wegen Mordes (Punkt l) mit einer auf § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 9 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; diese verfehlt ihr Ziel. Die Fragenrüge (§ 345 Abs 1 Z 6 StPO) richtet sich gegen das Unterbleiben einer Zusatzfrage nach Notwehr, ersichtlich gemeint zu der auf das Verbrechen des Mordes gerichteten Hauptfrage 1. Notwehr im Sinne des § 3 StGB stellt einen Rechtfertigungsgrund dar, nach dem im Verfahren vor den Geschworenengerichten gemäß der Vorschrift des § 313 StPO eine Zusatzfrage zur entsprechenden Schuldfrage (Haupt- oder Eventualfrage) zu stellen ist. Eine solche Fragestellung war jedoch durch das Vorbringen in der Hauptverhandlung nicht indiziert.
Vorliegend hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung einen „Raufhandel" ohne einseitige Eskalation (vgl dazu Lewisch in WK2 § 3 Rz 33) aufgrund eines (waffenlosen) Angriffs des sodann Getöteten behauptet. Entgegen der Beschwerde bot diese seine Verantwortung - auch im Licht der weiteren Verfahrensergebnisse, die kein Substrat für eine Notwehr beinhalteten - keine Grundlage für die Stellung einer Zusatzfrage auf Notwehr zu der auf das Verbrechen des Mordes gerichteten Hauptfrage 1.
Das Unterbleiben einer Zusatzfrage zu einer der Eventualfragen zur Hauptfrage 1 kann zum Vorteil des Angeklagten nicht geltend gemacht werden (§ 345 Abs 3 StPO), weil die Beantwortung der Eventualfragen 3 bis 6 infolge Bejahung der erwähnten Hauptfrage unterblieben ist (vgl 14 Os 41/02 ua).
Die den Geschworenen gemäß § 321 StPO erteilte Rechtsbelehrung kann nur insoweit angefochten werden (§ 345 Abs 1 Z 8 StPO), als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt wurden (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 63 mwN). Mangels einer auf Notwehr gerichteten Zusatzfrage lag daher kein Anlass für eine Instruktion der Geschworenen zu diesem Rechtfertigungsgrund vor, sodass die darauf gerichtete Rüge verfehlt ist.
Mit der auf § 345 Abs 1 Z 9 StPO gestützten Rüge gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine undeutliche, unvollständige oder in sich widersprechende Antwort der Geschworenen auf die gestellten Fragen aufzuzeigen. Seinem Vorbringen zuwider haben die Geschworenen durch die uneingeschränkte Bejahung der Hauptfrage 1 eine eindeutige Grundlage für seinen Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mordes geschaffen. Die Beschwerde weicht insoweit vom Wahrspruch der Geschworenen ab, als sie eine Verneinung der auf §§ 80 (gemeint: 81 Z 1) und 86 (gemeint: 83 Abs 1, 86) StGB gerichteten Eventualfragen - deren Beantwortung in Wahrheit entfallen ist - behauptet und aus dieser verfahrensfremden Prämisse mit der pauschalen Behauptung nicht näher bezeichneter „Unklarheiten" auf gedanklich nicht nachvollziehbare Weise darzutun sucht, es bleibe offen, ob die Geschworenen „zum Ausdruck bringen wollten, dass der Angeklagte in gerechtfertigter Notwehr gehandelt" habe.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu von der Verteidigung erstatteten Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO - zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von 18 Jahren. Dabei wertete es die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen das Teilgeständnis zum Diebstahl.
Dagegen richtet sich die - eine Herabsetzung der Strafe begehrende - Berufung des Angeklagten.
Ihr zuwider hat das Erstgericht die - der Sache nach nur eine fahrlässige Tötung einräumende - Verantwortung des Angeklagten zu Recht nicht als mildernd gewertet, stellte diese doch fallbezogen keinen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung dar und begründet ein - von der Berufung behauptetes - Bereuen der Tat allein noch keinen Milderungsgrund. Mit der Behauptung, dass „die Tat jedenfalls unter einem Rechtsfertigungsgrund sehr nahe kommenden Umständen begangen worden" sei, gibt die Berufung ohne inhaltliche Argumentation lediglich einen Teil der - von den Geschworenen aber als widerlegt erachteten - Verantwortung des Angeklagten wider. Die Schicksale der Eltern und Geschwister des bereits 35-jährigen Angeklagten in der Vergangenheit wirken ebenso wenig mildernd wie der Umstand, dass der (vor der Tat getrennt vom Angeklagten lebende) Sohn des Angeklagten „nunmehr ohne Vater aufwachsen muss". Dass die (gewichtige) Vorstrafe wegen schweren Raubes „bereits über elf Jahre zurückliegt", kann dem Angeklagten schon deshalb nicht entscheidend zugute kommen, als er nach seiner 1995 erfolgten bedingten Entlassung aus der über ihn verhängten fünfjährigen Freiheitsstrafe sich keineswegs wohlverhalten und in den Jahren 2000 und 2002 weitere Verurteilungen wegen (wenngleich relativ geringfügigen) Vermögensdelikten erlitten hat.
Auf der Basis der Tatschuld und Täterpersönlichkeit erachtete der Oberste Gerichtshof demzufolge die vom Geschworenengericht verhängte Sanktion als sachgerecht, sodass es keiner Reduktion bedurfte, und der Berufung ein Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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