Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die verhängte Freiheitsstrafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre herabgesetzt wird.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter F*** des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er in der Nacht zum 11.September 1988 in Villach-St. Magdalen in der Kocherei der Z*** V*** Gesellschaft m.b.H. vorsätzlich ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursachte, indem er einen treibstoffgetränkten Stoffetzen entzündete und auf den mit Holzschnitzeln und Holzstaub übersäten Trichterboden warf.
Rechtliche Beurteilung
Seiner auf die Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Verfahrensmängel (Z 4) erblickt der Angeklagte in der Abweisung seiner Anträge auf Vornahme eines Ortsaugenscheins, den er zum Beweis dafür beantragt hatte, daß er und der Zeuge M*** für den von ihnen vor der Brandentdeckung gemeinsam zurückgelegten Weg bei der angegebenen Gehgeschwindigkeit 15 Minuten benötigen, weshalb sich unter Zugrundelegung der vom Sachverständigen Ing. S*** festgesetzten Zeitspanne von höchstens 10 Minuten bis zur Wahrnehmbarkeit eines auf die inkriminierte Weise entfachten Brandes der Ausschluß seiner Täterschaft ergebe (vgl. S 473, 477/I), sowie auf Vernehmung des Zeugen Dr. Manfred S***, mit der eine behördlich vorgesehene Betriebsschließung der Kocherei dargetan werden sollte (vgl. S 491/I).
Beide Anträge wurden zu Recht abgewiesen.
Von der Vornahme eines Augenscheines konnte das Erstgericht ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten Abstand nehmen:
Der unter Beweis gestellte Umstand, daß für die von M*** und dem Angeklagten gemeinsam zurückgelegte Wegstrecke 15 Minuten erforderlich seien, könnte nämlich nichts darüber zutage fördern, wann es tatsächlich zur Wahrnehmung des ausgebrochenen Brandes kam, wenn auch eine Wahrnehmbarkeit laut Gutachten des Sachverständigen Ing. S*** bereits 10 Minuten nach der Brandlegung möglich war. Dazu kommt, daß der Sachverständige die von ihm genannte Zeitspanne für gar nicht exakt bestimmbar hielt (S 472/I), der Angeklagte die Zeitdauer des von ihm und M*** gemeinsam zurückgelegten Weges mit 12 Minuten als möglicherweise noch zutreffend bezeichnete (S 455/I) und eine genaue Rekonstruktion dieser Zeitspanne nicht mehr möglich wäre (vgl. US 26 f). Der gegen das Zwischenerkenntnis erhobene Vorwurf einer "unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung" geht ins Leere: Das Erstgericht ließ sich bei der Ablehnung eines Augenscheins nämlich nicht von einer vorwegnehmenden Einschätzung der Beweiskraft leiten, sondern unterzog allein, wozu es nicht nur berechtigt, sondern im Interesse der Verfahrenskonzentration sogar verpflichtet war, die Tauglichkeit des angebotenen Beweismittels und des Beweisthemas, die Wahrheitsfindung zu fördern, der gebotenen Überprüfung. Auch die Unterlassung der Vernehmung des Zeugen Dr. S*** bewirkte keine Verletzung von Verteidigungsrechten: Da selbst eine von der zuständigen Behörde allenfalls - übrigens nur wegen austretender Emissionen (vgl. Verantwortung des Angeklagten S 488/I) - ins Auge gefaßte Schließung der Kocherei die Frage der Täterschaft des Angeklagten unberührt ließe, war die begehrte Beweisaufnahme schon mangels Relevanz des Beweisthemas entbehrlich. In der Mängelrüge (Z 5) wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht zunächst eine "nicht ausreichende" Erörterung der Zeugenaussage des Kriminalbeamten K*** vor, der angab, nicht ausschließen zu können, dem Angeklagten gesagt zu haben, daß ihm unter Umständen für den Fall eines Geständnisses die Untersuchungshaft erspart bliebe (S 485/I).
Gemäß dem § 270 Abs. 2 Z 5 StPO hat das Gericht in den Entscheidungsgründen in gedrängter Darstellung anzugeben, welche Tatsachen und aus welchen Gründen sie als erwiesen angenommen wurden (vgl. Mayerhofer/Rieder, StPO2, ENr. 104 f zu § 270, ENr. 7 zu § 281 Z 5). Diesem Erfordernis entspricht die knappe - ersichtlich der nur geringen Bedeutung des Beweismittels angepaßte - beweiswürdigende Auseinandersetzung des Erstgerichtes mit der aufgezeigten Zeugenaussage in hinreichendem Maße (US 16 iVm US 12 und 17). Zum konstatierten Tatmotiv, wonach der Angeklagte Vergeltung für die als ungerecht empfundene Kündigung üben wollte (US 13 ff), konnte sich das Schöffengericht auf die Verantwortung (des Angeklagten) vor dem Untersuchungsrichter (S 56, 58/I) stützen, die es als zutreffend erachtete (US 16). Davon, daß insoweit bloß eine "Vermutung" oder eine "Spekulation" vorliege, kann keine Rede sein. Der Vorwurf, das Erstgericht habe sich bei seinen Sachverhaltsfeststellungen unzulässigerweise auch auf das Vorbringen der Privatbeteiligtenvertreter berufen, betrifft keinen für die Lösung der Schuldfrage bedeutsamen Umstand, weil sich diese Angaben - die das Erstgericht überdies bloß in ihrem unbestrittenen Teil verwertete (vgl. US 12) - nur auf die Höhe des verursachten Schadens und dessen versicherungsmäßige Deckung bezogen (S 488 ff/I). Einen formellen Begründungsmangel vermag auch der Hinweis nicht aufzuzeigen, daß eine Brandentstehung durch Heißlaufen von Maschinen oder durch elektrische Kraftleitungen nach dem Gutachten des Sachverständigen Ing. S*** nicht völlig ausgeschlossen werden könne; das Erstgericht zog diese - vom Sachverständigen als "kaum" wahrscheinlich und "sehr unwahrscheinlich" eingestuften (S 122 f/I) - Brandentstehungsmöglichkeiten ausdrücklich in den Kreis seiner Erwägungen (US 17 f) und gelangte dessen ungeachtet in seiner auf einer ganzen Reihe weiterer Erwägungen beruhenden eingehenden Beweiswürdigung schlüssig und denkmöglich zur Feststellung der Täterschaft des Angeklagten.
Nicht stichhältig ist letztlich auch die Behauptung eines Widerspruches zwischen der Feststellung, daß der Angeklagte, nachdem er zuvor ohne Erfolg versuchte, das von ihm entzündete Feuer zu löschen (US 9), und auf dem Weg vom Tatort vom Zeugen M*** durch Zurufe zum Anhalten veranlaßt worden war, "im Gesicht auffällig bleich war und eine zittrige Stimme hatte" (US 10), und der weiteren Feststellung, daß er nach der Rückkehr in seine Wohnung "durch die vorangegangenen Ereignisse völlig unbeeindruckt war" (US 15). Denn dem Urteil ist mit unmißverständlicher Klarheit zu entnehmen, daß sich die erstangeführte Urteilspassage auf den Zustand des Angeklagten unmittelbar nach dem Brandausbruch, die letztgenannte aber auf seine psychische Verfassung zu einem etwa 1 1/2 Stunden später liegenden Zeitpunkt (S 21/I iVm S 28/I) bezog. Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) strebt die Beschwerde die Beurteilung des als Verbrechen der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB angelasteten Verhaltens als bloß fahrlässige Herbeiführung einer Feuersbrunst nach dem § 170 Abs. 1 StGB an, weil die zur subjektiven Tatseite getroffene Feststellung, der Angeklagte habe die Herbeiführung einer Feuersbrunst zumindest für "naheliegend" gehalten (- und sich damit auch abgefunden, US 9 und 29 -), die Annahme eines deliktischen Vorsatzes nicht zu tragen imstande sei.
Auch dieses Vorbringen geht ins Leere. Die Definition des vom Erstgericht ersichtlich herangezogenen bedingten Vorsatzes setzt unter anderem voraus, daß der Täter den Eintritt des tatbildmäßigen Erfolges "ernstlich für möglich hält" (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB), worunter hier nichts anderes als die akute, unmittelbar drohende Gefahr der Deliktsverwirklichung zu verstehen ist (vgl. Leukauf-Steininger StGB2 RN 16, Nowakowski im WK, Rz 13 je zu § 5; SSt. 46/8, EvBl. 1978/282, 1976/251 uva). Eine solche Aussage kommt aber der vom Erstgericht gewählten Formulierung über die Vorstellung des Angeklagten vom naheliegenden Ausbruch einer Feuersbrunst durchaus zu, sodaß der Subsumierung kein Rechtsirrtum anhaftet. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 169 Abs. 1 StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung den überaus hohen Schaden als erschwerend und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten als mildernd. Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe und eine bedingte Nachsicht eines Teils der Strafe an.
Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.
Die Anerkennung eines Schadenersatzanspruches ist allerdings kein Milderungsgrund (Leukauf-Steininger, StGB2 RN 23 zu § 34); dem Angeklagten kann auch bei der aus Rache verübten Brandlegung keine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung im Sinn des § 34 Z 8 StGB zugebilligt werden.
Wohl aber ist ihm zusätzlich sein wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragendes Geständnis im Vorverfahren als mildernd zugute zu halten. Außerdem fällt als mildernd ins Gewicht, daß der Angeklagte - wie das Erstgericht feststellte (US 9) - sogleich nach der Brandlegung die Tat bereute und (vergeblich) versuchte, die Flammen auszutreten.
Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Milderungsumstände erscheint das vom Erstgericht gewählte Strafmaß überhöht; es war auf ein schuld- und tatadäquates Ausmaß von 2 1/2 Jahren herabzusetzen. Für eine teilbedingte Strafnachsicht besteht nach Lage des Falles kein Raum mehr.
Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
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