Spruch:
Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Jänner 1920 geborene Kaufmann Othmar Franz Josef W***** des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt 1./ des Schuldspruchs) und des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt 2./ des Schuldspruchs) schuldig erkannt.
Darnach hat er
1./ in der Zeit von Dezember 1981 bis Juni 1983 anläßlich wiederholter Einreiseabfertigungen beim Zollamt Saalbrücke eingangsabgabenpflichtige Bowling-Ersatzteile und Bowlingschuhe, worauf Eingangsabgaben von 21.909 S (Zoll 9.757 S, EUSt 11.986 S und AFB 166 S) entfielen, durch Verschweigen vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen, wobei er die Taten in der Absicht begangen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;
2./ am 29.August 1992 (richtig wohl: 1982) vorsätzlich zehn eingangsabgabenpflichtige Weißgoldringe mit Brillanten, hinsichtlich welcher von Leon R***** ein Schmuggel mit verkürzten Eingangsabgaben von 48.421 S (Zoll 7.826 S, EUSt 40.216 S und AFB 379 S) begangen worden war, durch kommissionsweise Übernahme an sich gebracht.
Er wurde hiefür nach den §§ 35 Abs. 4, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 FinStrG unter Anwendung des § 21 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 90.000 S, im Nichteinbringungsfall zu zwei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.
Hingegen wurde Othmar Franz Josef W***** von der weiteren Anklage, er habe als geschäftsführender Geschäftsführer der S***** Betriebs GesmbH Salzburg im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den gesondert verfolgten Bodo Erich Rudolf Moritz von F***** und Ernst Karl Friedrich H*****, beide als Angestellte der A***** GesmbH, im Jahre 1982 anläßlich der Einfuhr von Bowlingbahnen samt Zubehör (Projekte der S***** BetriebsGesmbH in Zirl, Annaberg, Saalfelden und Salzburg) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt 1,955.788 S (Zoll 937.553 S, EUSt 1,004.310 S und AFB 13.125 S) dadurch bewirkt, daß sie (vorsatzlose) Angestellte der Fa. Franz W***** GesmbH als Spediteur zur Vorlage von unterfakturierten (Teil-)Rechnungen beim Einfuhrzollamt bestimmten, wobei W***** die beschriebenen Taten in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und er habe hiedurch das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach den §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpfen die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte jeweils mit Nichtigkeitsbeschwerde, die von der Staatsanwaltschaft auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a und 11 und vom Angeklagten auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 a und 10 (der Sache nach auch Z 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO gestützt werden.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Mit ihrer größtenteils undifferenziert ausgeführten Mängel- und Rechtsrüge (Z 5 und 9 lit. a) bekämpft die Staatsanwaltschaft den Teilfreispruch vom Anklagevorwurf der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben. Die Beschwerdeführerin ist insoweit im Recht, als sie geltend macht, daß das Erstgericht die (ursprünglich) geständige Verantwortung des Angeklagten zur Unterfakturierung einer Bahnschleifmaschine übergangen und keiner Würdigung unterzogen hat. Der Angeklagte hatte nämlich sowohl vor dem Zollamt Salzburg (siehe den Zollakt), als auch vor dem Untersuchungsrichter (siehe Gerichtsakt Band I/S 241), und auch in der Hauptverhandlung vom 6. August 1990 (siehe Gerichtsakt Band II/S 427) zugegeben, zum Zwecke der Verkürzung der Eingangsabgaben die Verkaufsleiter der Lieferfirma zur Ausstellung einer Rechnung mit einem zu niedrig ausgewiesenen Kaufpreis veranlaßt zu haben. Die Protokolle über die erwähnten gerichtlichen Aussagen des Angeklagten wurden durch Verlesung gemäß dem § 252 StPO als Beweismittel in die Hauptverhandlung eingeführt (siehe Gerichtsakt Band III/S 29). Die geständige Verantwortung des Beschwerdeführers wäre daher zur Beurteilung der inneren Tatseite der ihm angelasteten Hinterziehung von Eingangsabgaben nicht nur hinsichtlich der Einfuhr der Bahnschleifmaschine, sondern auch bezüglich aller anderen Importvorgänge von Bedeutung gewesen, zumal nicht auszuschließen ist, daß das Erstgericht - hätte es die zugegebene Veranlassung zur Unterfakturierung bei der Bahnschleifmaschine berücksichtigt - auch im Umfang des übrigen vom Freispruch erfaßten Anklagevorwurfs zu dem Ergebnis gekommen wäre, daß der Angeklagte von den Unterfakturierungen sehr wohl Kenntnis hatte und bei der auf diesem Wege erfolgten Hinterziehung von Eingangsabgaben mitwirkte. Da das Erstgericht diese Äußerungen des Angeklagten bei der Beweiswürdigung aber nicht verwertet hat, erweist sich sein Ausspruch über entscheidende Tatsachen als unvollständig im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO. Die Nichtigkeit erfordert die Aufhebung des Freispruchs sowie des Strafausspruchs, sodaß sich eine Behandlung der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) und der Strafzumessungsrüge (Z 11) der Staatsanwaltschaft erübrigt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Othmar Franz Josef W*****:
Die auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte - der Sache nach die gerichtliche Strafbarkeit der Tat verneinende und damit den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend machende - Rüge der rechtlichen Beurteilung des Finanzvergehens nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG (Punkt 1./ des Schuldspruchs) als gewerbsmäßig begangener Schmuggel im Sinn des § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG ist im Recht: Gewerbsmäßig begeht eine strafbare Handlung, wer sie in der Absicht vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 38 Abs. 1 lit. a FinStrG; § 70 StGB). Der Täter muß darauf abzielen (§ 5 Abs. 2 StGB), durch die Wiederholung von Straftaten desselben Deliktstyps ein fortlaufendes, das heißt entweder überhaupt ständiges oder aber doch für längere Zeit wirkendes, wenn auch nicht unbedingt regelmäßiges Einkommen zu erlangen (siehe Leukauf-Steininger, StGB3, § 70 RN 3 mwN). Die erhöhte Strafbarkeit gewerbsmäßiger Begehung von Delikten (in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen) dient somit einer wirksamen Bekämpfung solcherart manifester Kriminalität (siehe EvBl. 1975/259). Bei den Finanzvergehen des Schmuggels und der Hinterziehung von Eingangsabgaben verschafft sich ein Täter eine fortlaufende Einnahme insbesondere auch dann, wenn er sich die einen Bestandteil seiner Gestehungskosten bildenden Eingangsabgaben ganz oder teilweise erspart, dadurch eine günstigere Wettbewerbsposition erlangt und folglich bei Veräußerung der Ware im freien Wettbewerb regelmäßig einen höheren Gewinn zu erzielen vermag, als dies bei voller Erfüllung seiner zoll- und abgabenrechtlichen Pflichten der Fall gewesen wäre (siehe EvBl. 1978/48). Gewerbsmäßige Tatbegehung setzt auch voraus, daß der Täter sich (und nicht bloß einem Dritten) durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme verschaffen will (EvBl. 1980/89). Ein Geschäftsführer einer GesmbH, der in der Absicht handelt, fortgesetzten Schmuggel zum Vorteil dieser Gesellschaft zu begehen, handelt nur dann gewerbsmäßig, wenn er selbst an der Gesellschaft beteiligt ist (siehe Dorazil-Harbich, FinStrG13, § 38 ENr. 5 a).
Die Feststellungen des Erstgerichtes zur gewerbsmäßigen Begehung des Schmuggels (Punkt 1./ des Schuldspruchs) beschränken sich auf den substanzlosen Gebrauch der verba legalia, daß nämlich der Angeklagte in der Absicht gehandelt hat, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (Band III/S 47). An Ausführungen zu den Vorstellungen des Angeklagten über die Erzielung eines ständigen oder aber doch für längere Zeit wirkenden Einkommens für sich selbst mangelt es zur Gänze. Zunächst hätte es der Klarstellung bedurft, wem die Ersparnis an Eingangsabgaben - nur eine solche kommt nach Lage des Falles als aus der Tat zu erzielender Vermögensvorteil in Betracht - nach dem Tatplan des Angeklagten zugute kommen sollte. Hiebei wäre zu beachten gewesen, daß nur eine einzige der das Schmuggelgut betreffenden Lieferantenrechnungen, nämlich die über die Lieferung von (Bowling-)Schuhen, auf den Angeklagten persönlich lautete, wogegen die anderen an die S***** Betriebs GesmbH, deren Geschäftsführer der Angeklagte war (Band III/S 37), gerichtet waren (siehe den Zollakt). Wäre die Ersparnis an Eingangsabgaben der Gesellschaft zugute gekommen, so hätte es entsprechender Feststellungen bedurft, ob der Beschwerdeführer an der Gesellschaft beteiligt war, und - bejahendenfalls - wie sich nach seinen Vorstellungen die aus den Taten ergebende Aufwandersparnis der Gesellschaft in einer fortlaufenden Einnahme für ihn niederschlagen sollte. Hiebei wäre auch die Verantwortung des Angeklagten gegenüber der Finanzstrafbehörde erster Instanz, daß er die Waren jeweils deshalb dem Grenzzollamt nicht gestellt habe, weil er sie dringend in Salzburg benötigt habe und er den Aufenthalt an der Grenze nicht in Kauf nehmen habe können, etc. (siehe den Zollakt; vgl. auch Gerichtsakt Band III/S 11), zu berücksichtigen gewesen. Infolge Rechtsirrtums des Erstgerichts über die gesetzlichen Voraussetzungen der Qualifikation nach dem § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG erweisen sich somit die Urteilsfeststellungen zur gewerbsmäßigen Begehung des Schmuggels als unzureichend.
Die dem Erstgericht unterlaufene Nichtigkeit erfordert die Aufhebung des gesamten Schuldspruchs, weil die Zuständigkeit des Gerichtes zur Ahndung der dem Angeklagten zur Last liegenden Finanzvergehen gemäß dem § 53 Abs. 1 lit. a oder lit. b (bzw. Abs. 2 lit. a) FinStrG nicht feststeht.
Infolge der Notwendigkeit der Aufhebung des gesamten Schuldspruchs erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Rügen des Angeklagten. Es ist jedoch zu bemerken, daß die Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher er die rechtliche Beurteilung seiner von Punkt 1./ des Schuldspruchs umfaßten Tathandlung bei der Einfuhr von Bowlingschuhen als Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach dem § 37 FinStrG anstrebt, nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, weil sie die Feststellung des Erstgerichtes, daß der Angeklagte selbst die Bowlingschuhe ohne zollrechtliche Stellung nach Österreich eingeführt hat (Band III/S 47), außer acht läßt.
Es war daher den Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen. Mit ihren Berufungen waren die Anklagebehörde und der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
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