OGH 11Os125/17t

OGH11Os125/17t12.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mario G***** wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens AZ 25 Hv 17/17x des Landesgerichts Innsbruck, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0110OS00125.17T.1212.000

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 20. März 2017, GZ 25 Hv 17/17x‑10, wurde Mario G***** im Zusammenhang mit der Bestellung einer die Grenzmenge mehrfach übersteigenden Menge von Suchtgift Mitte März 2016 über das „Darknet“ bei einem deutschen Online‑Shop und dem Erwerb und Besitz von Suchtgiften mehrerer Verbrechen und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz schuldig erkannt. Gestützt wurde der Schuldspruch im Wesentlichen auf einen in einem deutschen Strafverfahren sichergestellten und in der Hauptverhandlung erörterten Bestellnachweis, dem das Ausmaß und die Qualität der Mitte März 2016 georderten und an die Wohnadresse des Mario G***** zu liefernden Suchtgifte zu entnehmen war (ON 10 S 6 f). Zeugen wurden im Verfahren nicht vernommen.

Der dagegen erhobenen Berufung des Angeklagten gab das Oberlandesgericht Innsbruck als Rechtsmittelgericht mit Urteil vom 6. Juli 2017, AZ 7 Bs 133/17t (ON 20 der Hv-Akten), nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Gegen beide Entscheidungen richtet sich der Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Verfahrens. Geltend gemacht wird eine mit der Nichtaufnahme von Beweisen im Zusammenhang stehende Verletzung von Art 6 MRK.

Da Erneuerungsanträge gegen Entscheidungen, die der Erneuerungswerber im Instanzenzug anfechten kann, unzulässig sind, war der gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck gerichtete Antrag schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0122737 [T40, T41]).

Das weitere Vorbringen verfehlt ebenso sein Ziel:

Mit der unsubstanziierten Behauptung, Kriminalpolizei und Anklagebehörde hätten sich aus den umfangreichen Ermittlungen den Erneuerungswerber belastende Elemente „herausgepickt“, wird kein Verstoß des Gerichts gegen das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren dargetan.

Opfereigenschaft ist nach Art 34 MRK anzunehmen, wenn der Beschwerdeführer substanziiert und schlüssig vorträgt, durch den angegriffenen Hoheitsakt oder das angegriffene Unterlassen hoheitlichen Handelns in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein ( Grabenwarter/Pabel , EMRK 6 § 13 Rz 16). Ebenso muss ein vom Obersten Gerichtshof zu prüfender Erneuerungsantrag deutlich und bestimmt darlegen, worin eine Grundrechtsverletzung iSd § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS-Justiz RS0122737 [T17]).

Diesem Erfordernis wird der Antragsteller nicht gerecht.

Einem Beweisantrag muss stets zu entnehmen sein, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS‑Justiz RS0118444 [T1]). Welche Ergebnisse des in Deutschland geführten Verfahrens den Erneuerungswerber konkret entlasten hätten können oder weshalb die Versender der Suchtgifte vom Bestellschein abweichende Angaben tätigen können sollten, hatten die – mit Billigung des Berufungsgerichts, auf dessen Begründung der Antrag nicht Bezug nimmt (siehe aber RIS‑Justiz RS0124359) – abgelehnten Beweisanträge im Hauptverfahren (ON 9 S 7) nicht dargelegt.

Die Nichtdurchführung von in der Hauptverhandlung gestellten Erkundungsbeweisen verstößt, weil deren Aufnahme auch von der Staatsanwaltschaft nicht erwirkt werden kann, keineswegs gegen den Grundsatz der „Waffengleichheit“ (RIS‑Justiz RS0116503, RS0099353 [T5 und T9]; vgl dazu auch Ratz , WK-StPO § 281 Rz 330). Gleiches gilt für das amtswegige Unterlassen einer Erkundungsbeweisführung.

Das den Zahlungsfluss und das Bestehen von Kontakten betreffende Beweisziel wurde vom Gericht ohnehin als gegeben angenommen (ON 10 S 10 und ON 20 S 11 der Hv-Akten).

Auf das weitere, nicht im Instanzenzug, sondern erstmals im Erneuerungsantrag erstattete Vorbringen ist nicht näher einzugehen (RIS-Justiz RS0122737 [T40, T41], RS0124739 [T2]).

Der Erneuerungsantrag war gemäß § 363b Abs 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung als unzulässig zurückzuweisen.

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