OGH 11Os124/83

OGH11Os124/8321.9.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 1983

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Borotschnik als Schriftführers in der Strafsache gegen Albin A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2 (zweiter Fall) StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes vom 25. Mai 1983, GZ 22 Vr 1286/83- 36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die verhängte Freiheitsstrafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt wird. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen (rechtskräftigen) Teilfreispruch enthaltenden - Urteil wurde der am 27. Mai 1957 geborene Albin A, der zuletzt keiner Beschäftigung nachgegangen war, des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 (Abs 1 und) Abs 2 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt.

Ihm liegt zur Last, im September 1982 in Italien einen von ihm bei der Autoverleihfirma B (am 14. September 1982 in Innsbruck) gemieteten und in der Folge nicht mehr zurückgestellten Personenkraftwagen BMW 315 im Wert von mehr als 100.000 S sich mit dem Vorsatz zugeeignet zu haben, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Albin A mit einer von ihm auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a - der Sache nach Z 10 - des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erhebt der Beschwerdeführer den Vorwurf offenbar unzureichender Begründung gegen die - von ihm als 'nicht bewiesene Mutmaßungen' bezeichnete - Urteilsannahme, er habe den Mietwagen in Italien verkauft und den Erlös für sich behalten.

Damit wurde jedoch vom Erstgericht - dem Beschwerdevorbringen zuwider - keineswegs ein nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens ungeklärt gebliebener Umstand willkürlich zum Nachteil des Angeklagten angenommen. Vielmehr gewann das Schöffengericht aus konkreten Verfahrensergebnissen, nämlich der Nichtrückstellung des Mietwagens im Zusammenhang mit der Tatsache, daß der Angeklagte seine ursprüngliche Behauptung, der Wagen sei ihm am 18. September 1982

in Neapel gestohlen worden und er habe dies sowohl bei der dortigen Polizei angezeigt als auch unverzüglich der Firma B mitgeteilt, nicht aufrechterhalten hat, die überzeugung, daß auch die (geänderte) Verantwortung des Angeklagten, das Fahrzeug sei bei Neapel durch einen Unfallschaden ohne Fremdursache fahruntauglich geworden, als bloße Schutzbehauptung zu werten ist, zumal er eine ihm leicht möglich gewesene Benachrichtigung der Firma B von diesem Sachverhalt wie überhaupt jede weitere Kontaktaufnahme mit ihr geflissentlich unterließ. Statt dessen wurde vom Erstgericht als erwiesen angenommen, daß der Angeklagte, der zur Tatzeit nur von Zuwendungen seiner Mutter gelebt hatte, das Fahrzeug in Italien, wo bekanntermaßen große Nachfrage nach Personenkraftwagen der gegenständlichen Marke bestehe, verkauft und den Erlös für sich verwendet hat. Daß diese Schlußfolgerung des Erstgerichts die einzig mögliche und sohin zwingend sei, wird vom Gesetz nicht gefordert; genug daran, daß sie aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens denkfolgerichtig und durchaus lebensnah abgeleitet werden konnte. Aber auch mit dem weiteren auf die Z 5 und - der Sache nach - auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Beschwerdevorbringen, welches sich gegen die Annahme eines 100.000 S übersteigenden Wertes des veruntreuten Personenkraftwagens richtet, wird weder ein (dem Erstgericht insoweit unterlaufener) Begründungsmangel noch ein Rechtsirrtum aufgezeigt.

Der Ansicht des Beschwerdeführers zuwider konnte das Erstgericht im gegebenen Zusammenhang, gedeckt durch die Aussage des Zeugen Robert C, wonach von der Firma B als Mietfahrzeuge eingesetzte Personenkraftwagen üblicherweise nach einem Jahr um 20 v. H. unter dem Neupreis verkauft werden (S 104), mängelfrei feststellen, daß das Fahrzeug, welches neu 135.000 S gekostet hatte, ein halbes Jahr später - zur Tatzeit - jedenfalls noch mehr als 100.000 S wert war, zumal das Verfahren keinen Anhaltspunkt für eine überdurchschnittliche Beanspruchung und Abnützung gerade des gegenständlichen Mietwagens bis zum Tatzeitpunkt ergeben hat und auch nichts darauf hinweist, daß den im Urteil berücksichtigten bezüglichen Angaben des Zeugen C als eines informierten Vertreters der Firma B andere als objektive Wertfaktoren zugrundeliegen. Daß das Fahrzeug keinen Vorschaden aufwies, konstatierte das Erstgericht - dem Beschwerdevorwurf eines diesbezüglichen Feststellungsmangels zuwider - ohendies (S 116).

Der vom Beschwerdeführer vermißten Feststellung eines (die Umsatzsteuer nicht enthaltenden) 'Nettopreises' für den gegenständlichen Personenkraftwagen bedurfte es aber nicht, weil auch bei der Ermittlung des nach dem § 133 Abs 2

StGB relevanten Wertes analog zu den von der Judikatur in Diebstahlsfällen entwickelten Grundsätzen davon auszugehen ist, daß die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) einen Teil des Verkaufspreises einer Handelsware bildet und das Vorsteuerabzugsrecht (§ 12 UStG) daher für die Schadensermittlung grundsätzlich bedeutungslos ist (vgl SSt 46/44 ua).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB (im Urteil wurde offenbar infolge eines Schreibfehlers der erste Strafsatz zitiert) eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von vierzehn Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und fand als mildernd nichts.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafherabsetzung an. Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Schöffensenat insofern nur unvollständig erfaßt, als dem Umstand, daß der Zeitwert des veruntreuten Gutes die strafsatzerhöhende Wertgrenze von 100.000 S nur um ein Geringes übersteigt, nicht Rechnung getragen wurde. Unter Berücksichtigung dieses zusätzlichen Milderungsgrundes erweist sich aber das in erster Instanz gefundene Strafmaß als etwas überhöht.

Der Berufung war daher Folge zu geben und die Strafe wie aus dem Spruch ersichtlich zu ermäßigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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