Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz somit die Wertersatzstrafe aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung gegen die Strafaussprüche nach dem Finanzstrafgesetz und die Wertersatzstrafe wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung gegen den weiteren Strafausspruch werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil seines Rechtsmittels verursachten Kosten des Verfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Toni R***** der Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I 1) und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (I 1) sowie des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1, höherer Strafsatz StGB (II) und des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in Graz
I. von März 1999 bis Juli 2001
1. vorsätzlich zumindest 305.000 Stück Zigaretten der Sorten Marlboro, Marlboro Light, Ernte 23, Milde Sorte, Memphis, Memphis Light, Davidoff, Benson & Hedges, hinsichtlich welcher von den abgesondert verfolgten Stojadin C***** und Margita D***** Schmuggel begangen worden war, gekauft, 192.000 Stück davon dem abgesondert verfolgten Roland A***** und den Rest von 113.000 Stück an bislang unbekannte weitere Abnehmer verhandelt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;
2. durch die zu Punkt I 1 bezeichnete Tat vorsätzlich Monopolgegenstände (§ 17 Abs 4 FinStrG), hinsichtlich welcher in ein Monopolrecht eingegriffen worden war, gekauft und verhandelt;
II. am 15. November und am 3. Dezember 2001 den Zollwachebeamten Herbert Z***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn anlässlich der Anzeigeerstattung bei der Staatsanwaltschaft Graz (15. November 2001) und der Einvernahme durch die Beamten der Bundespolizeidirektion Graz (3. Dezember 2001)
1. einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 (zu ergänzen:) Abs 1 und Abs 2 StGB durch die Angabe, der Genannte habe zu ihm gesagt, dass er ihn aus dem Fenster schmeißen werde, und
2. der Verletzung der Amtspflicht gemäß § 43 Abs 2 BDG dadurch, dass er angab, der Genannte habe ihn mit den Worten "Wer bist du, Schweine-Jugo" und "Schau, das Jugo-Schwein ist jetzt in Pension" beschimpft,
falsch verdächtigt, wobei er wusste (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Verdächtigungen falsch sind;
III. am 5. Februar 2002 den Roland A***** zu bestimmen versucht, vor Gericht bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache dadurch falsch auszusagen, dass er bei der Hauptverhandlung am 7. Februar 2002 im Verfahren 6 Hv 1115/01x des Landesgerichtes für Strafsachen Graz angebe, ihn, Toni R*****, nicht zu kennen.
Nur gegen die Schuldsprüche I und III richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie ist teilweise im Recht.
Rechtliche Beurteilung
Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund (Z 3) macht der Beschwerdeführer geltend, es liege eine Nichtigkeit vor, weil die Aussage der Zeugin Margita D***** gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO verlesen worden sei, obwohl sich der Angeklagte dagegen ausgesprochen habe. Die Verlesung erfolgte jedoch zu Recht. Die Zeugin wurde nämlich im Rechtshilfeweg geladen, sie hat die Ladung eigenhändig übernommen (S 43 II), ist ihr jedoch nicht nachgekommen. Da keine rechtliche Möglichkeit besteht, die Zeugin aus dem Ausland durch Zwangsmaßnahmen vor das erkennende Gericht zu bringen, begründet die Verlesung ihrer früheren Angaben keine Nichtigkeit.
Die Verfahrensrüge (Z 4) behauptet eine Verletzung von Verteidigungsrechten, weil die beantragte Auswertung des Reisepasses des Beschwerdeführers nicht vorgenommen und die Zeugin Margita D***** nicht neuerlich zur persönlichen Vernehmung vor dem erkennenden Gericht geladen worden sei.
Die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes setzt voraus, dass über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde. Die Auswertung des Reisepasses wurde in der Hauptverhandlung vom 7. Februar 2002 (S 31 II) beantragt. In der gemäß § 276a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 16. Mai 2002 (ON 60) wurde dieses Begehren nicht wiederholt. Damit war das Schöffengericht weder verpflichtet diesen Beweisantrag durchzuführen, noch über ihn in der neuen Hauptverhandlung durch ein Zwischenerkenntnis abzusprechen. Hieran ändert auch nichts, dass das Protokoll über die vertagte Hauptverhandlung in der neuen Hauptverhandlung verlesen wurde (Mayerhofer StPO4 § 276a E 5 f).
Ein Antrag auf neuerliche Ladung und Einvernahme der Zeugin Margita D***** wurde nach dem zu keiner Berichtigung Anlass gebenden und daher vollen Beweis machenden Protokoll über die Hauptverhandlung vom 16. Mai 2002 nicht gestellt, sondern hat sich der Verteidiger nur gegen die Verlesung ausgesprochen und bekanntgegeben, dass ihm eine Einvernahme durch das Gericht notwendig erscheine (S 66 II). Dieses Vorbringen stellt jedoch keinen ausdrücklichen Antrag dar. Entgegen der Beschwerde wurden daher während der Hauptverhandlung weder Gesetze noch Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet noch sonst Verteidigungsrechte beeinträchtigt. In der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer zum Vergehen der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage geltend, das Erstgericht habe nicht angeführt, weshalb die Aussage des Zeugen A***** glaubwürdiger als seine eigene gewesen sein sollte oder auf welche sonstigen Beweismittel es sich gestützt habe. Er übergeht dabei aber, dass sich die Tatrichter mit den Aussagen des (einzigen) Belastungszeugen Roland A***** ausführlich auseinandergesetzt und insbesondere auf Grund des gewonnenen persönlichen Eindruckes seinen Angaben auch beim Schuldspruch III gefolgt sind (US 11). Dieser ist daher ausreichend begründet. In diesem Umfang war somit die Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet in einer nichtöffentlichen Sitzung zurückzuweisen (§ 285d StPO). Inhaltlich im Recht ist allerdings die Beschwerde, soweit sie zum Urteilsfaktum I geltend macht, es fehle an einer Begründung für die festgestellte Anzahl der vom Angeklagten verhehlten Zigaretten. Die Tatrichter haben sich hiezu im Wesentlichen auf die Aussagen der Zeugen Roland A***** und Margita D***** gestützt (US 10 ff). Diese Zeugen haben bei ihren Vernehmungen aber nur von einer ungefähren Zahl gesprochen (vgl Aussage D***** S 51 I: ein oder zweimal pro Woche, jeweils ca eine Menge wie heute vorgefunden; S 325 I:
eineinhalb Jahre lang ein bis zweimal pro Woche zwischen sieben und achtzehn Stangen). Nach welchen Kriterien das Gericht die Anzahl der dem Schuldspruch zugrunde gelegten Zigaretten berechnete und auf welche Beweisergebnisse es sich dabei stützte, ist der Begründung des Urteils nicht zu entnehmen. Damit liegt der von der Beschwerde der Sache nach bezeichnete Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO vor (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 24, 25 und 670). Dies erfordert eine Aufhebung des Strafausspruches nach dem Finanzstrafgesetz und der verhängten Wertersatzstrafe sowie in diesem Umfang eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz. Die Teilaufhebung hatte damit bereits in einer nichtöffentlichen Sitzung zu erfolgen (§ 285e StPO). Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht die Zahl der verhehlten Zigaretten neuerlich zu klären und mit tragfähiger Begründung festzustellen haben.
Mit seiner Berufung gegen den Strafausspruch wegen der Finanzdelikte war der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.
Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Strafausspruch wegen der Vergehen nach dem StGB ist gemäß § 285i StPO der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.
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