Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den die Angeklagten Edwin A und - insoweit gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. - Harald B betreffenden Schuldsprüchen (Punkt F 1 und 2 des Urteilssatzes) und demgemäß in den diese beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Berufung des Angeklagten A wegen Schuld wird zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wegen Strafe wird er auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden u.a. der (nun arbeitslose) Bankangestellte Edwin A und der Kaufmann Harald B wegen des Verbrechens des Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB. schuldig erkannt.
Nach dem Urteilsspruch (Punkt F des Urteilssatzes) liegt ihnen zur Last, sie hätten 'mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden, nämlich den D, durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Einlösung ungedeckter Schecks verleitet, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigte, wobei sie durch die Tat einen 100.000 S übersteigenden Schaden herbeiführten, und zwar
1. Harald B vom Februar 1979 bis 10.Oktober 1979 in Bregenz unter dem falschen Scheine eines zahlungsfähigen und zahlungswilligen Bankkunden durch Vorlage ungedeckter Schecks bei anderen bezogenen Banken, die sie am Fälligkeitsdatum einlösten, weil sie dafür die erforderlichen Deckungsbeträge von ihm erhielten, die er sich beim D durch die Ausstellung neuer ungedeckter Schecks besorgte, wobei der Schaden 979.933 S ausmachte; 2. Edwin A in der Zeit vom Februar bis 10. Oktober 1979 in Bregenz im bewußten und verabredeten Zusammenwirken mit Harald B zur Ausführung der unter 1. angeführten Tat dadurch beigetragen, daß er als Kassier des D die von Harald B vorgelegten ungedeckten Schecks jeweils einlöste'.
Nach den - hier kurz zusammengefaßten - erstgerichtlichen Feststellungen geriet der Kaufmann Harald B wegen der in einem angekauften Haus vorgenommenen Investitionen und wegen geschäftlicher Schwierigkeiten in finanzielle Bedrängnis und wandte sich deshalb an seinen Freund, den als Bankangestellten beim D beschäftigten Beschwerdeführer A, der vorerst bis Februar 1979 mit Krediten aus seinem Privatvermögen aushalf, ab diesem Zeitpunkt aber den weiter andauernden Kreditbedürfnissen (des B) mit Mitteln aus seinem Privatvermögen nicht mehr entsprechen konnte. Die beiden entschlossen sich im Februar 1979 zu einer 'Scheckreiterei', die dergestalt vor sich ging, daß der Beschwerdeführer als Bankkassier einen von B ausgestellten, auf eine andere Bank als den D gezogenen ungedeckten Scheck entgegennahm, die Weiterleitung an die bezogene Bank um einige Tage verzögerte und - diese Verzögerung und den Postlauf miteinkalkulierend -
nach etwa einer Woche dem Angeklagten B gegen Hereinnahme eines weiteren ungedeckten Schecks Bargeld aus der Kasse des D, das B sofort an die im früheren Scheck bezogene Bank überbrachte und auf das (bisher ungedeckte) Konto einzahlte, so daß für diese Bank zum Zeitpunkt des (wegen der beschriebenen Verzögerungen durchwegs erst kurz darnach stattfindenden) Einlanges des früheren Schecks Deckung gegeben war. Bezüglich des nunmehr in Händen des Beschwerdeführers befindlichen (wieder ungedeckten) Schecks mußte etwa eine Woche später wieder eine gleichartige Transaktion unter Ausstellung eines weiteren ungedeckten Schecks in Szene gesetzt werden. Diese Transaktionen, an denen teilweise auch Familienangehörige BS mitwirkten, wurden im Lauf der Zeit wegen weiteren Geldbedarfs in bezug auf die Höhe der jeweiligen Schecksumme und die Anzahl der gleichzeitig im Umlauf gesetzten Schecks erweitert. Der Beschwerdeführer hatte zuletzt bereits für diese Manipulationen Schecks zur Verfügung, die von B blanko unterfertigt worden waren. Unterbrochen wurde die Scheckreiterei, als zur Tarnung auch ein Freund BS, der Mitangeklagte C, als Aussteller eines (ungedeckten) Schecks über 400.000 S in den Kreislauf der Transaktionen miteinbezogen wurde, der den ihm vom Beschwerdeführer zur Abdeckung seines Kontos bei der bezogenen Bank ausgefolgten Bargeldbetrag von 400.000 S nicht wie vorgesehen verwendete, sondern unter Fingierung eines Raubüberfalles verschwinden zu lassen trachtete. Das Erstgericht erachtete einen Bereicherungsvorsatz des Beschwerdeführers und des Angeklagten B als 'unbestritten' und führte weiters aus, es sei für den Beschwerdeführer als versierten Bankbeamten erkennbar gewesen, daß er der Bank einen Schaden zufüge. Es stellte auch fest, daß der Beschwerdeführer (bis zur Aufdeckung der Malversationen) eine Abdeckung des Schadens aus eigenem Vermögen nicht vornehmen konnte, der Schaden aber zum Zeitpunkt der Urteilsfällung (nach der Aktenlage war dies jedenfalls nach der Anzeigeerstattung) bereits gutgemacht wurde.
Dieses Urteil, das der Angeklagte B in Rechtskraft erwachsen ließ, bekämpft der Angeklagte A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4, 5 und 10
des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Nach dem Inhalt des insoweit nicht bemängelten Hauptverhandlungsprotokolls meldete sein Verteidiger nach Urteilsverkündung neben der Nichtigkeitsbeschwerde auch 'Berufung wegen Schuld und Strafe' an.
Eine Berufung wegen Schuld ist aber im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen. Sie war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Den Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. über eine mangelhafte und widersprüchliche Begründung der subjektiven Tatseite kann Berechtigung nicht versagt werden. Gewiß ist - worauf das Erstgericht abstellt - ein präsenter Deckungsfonds grundsätzlich nur bei der Veruntreuung, nicht aber beim Betrug von Bedeutung (ÖJZ-LSK.
1977/210; SSt. 29/37 u.a.). Allerdings könnte das Vorhandensein ausreichender Vermögenswerte des Täters bei der Beurteilung bedeutsam sein, ob ein auf Vermögensschädigung gerichteter (zumindest bedingter) Vorsatz vorlag, sofern über sie auf solche Weise verfügt werden kann, daß ein Schadenseintritt (zur Gänze) verhindert wird und der Täter auch von vornherein vorbehaltslos gewillt ist, sie auf diese Weise einzusetzen.
Obwohl das erstgerichtliche Verfahren eine Reihe von Anhaltspunkten für die Annahme eines (zumindest bedingten) auf Vermögensschädigung gerichteten Vorsatzes geboten hätte, führte das erstgerichtliche Urteil in dieser Richtung lediglich aus, daß für den Angeklagten A als versierten Bankbeamten erkennbar war, der Bank einen Schaden zuzufügen (S. 556 d.A.), was nicht zwingend die Feststellung in sich birgt, daß er diese Möglichkeit auch tatsächlich erkannte, und meinte an anderer Stelle, daß der Vorsatz (des Beschwerdeführers und des Mitangeklagten B) unbestritten sei (S. 555 d. A.), was aber nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls nicht zutrifft, denn der Beschwerdeführer A hatte sich ausdrücklich nicht schuldig bekannt und der Sache nach behauptet, er habe einen Schadenseintritt nicht bedacht (S. 515 ff. d.A.); eine inhaltlich ähnliche Verantwortung wurde vom Mitangeklagten B vorgetragen (S. 519 ff. d.A.).
Das erstgerichtliche Urteil ist somit in seinen Feststellungen zur subjektiven Tatseite mit von der Beschwerde geltend gemachten formalen Begründungsmängeln behaftet.
Diese Mängel nötigen den Obersten Gerichtshof zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Punkt F 1. und 2.
und zur Anordnung der Verfahrenserneuerung in diesem Umfang, eine Entscheidung, die sogleich bei der nichtöffentlichen Beratung ergehen konnte (§ 285 e StPO.).
Die aufgezeigten Mängel betreffen nicht nur den Beschwerdeführer, sondern in gleicher Weise den Angeklagten B, dessen Schuldspruch von jenem des Beschwerdeführers nicht trennbar ist (§ 289 StPO.). Es mußte daher gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. auch hinsichtlich dieses Angeklagten mit einer Aufhebung vorgegangen werden. Im erneuerten Verfahren wird das Tatverhalten des Beschwerdeführers (und des Mitangeklagten B) offenbar einer geänderten rechtlichen Beurteilung zu unterziehen sein:
Bereits die im erstgerichtlichen Urteilsspruch enthaltene - aus der Anklageschrift übernommene - Formulierung, daß die Täter 'den D durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung' verleitet hätten, ist mißverständlich, denn eine Täuschung im Sinn des § 146 StGB. als Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen kann nur gegenüber physischen Personen stattfinden.
Eine Täuschung von Organen der bezogenen Banken (im Urteilssatz wird auch die 'Vorlage ungedeckter Schecks bei anderen bezogenen Banken' angeführt) scheint nach der vom Erstgericht bisher festgestellten Vorgangsweise des Beschwerdeführers und des Mitangeklagten B nicht gegeben zu sein: Denn für die bezogene Bank war jeweils allein wesentlich, daß zum Zeitpunkt des Einlangens (der Verbuchung) des betreffenden Schecks (bei dieser Bank) Deckung auf dem entsprechenden Konto vorhanden war, ein Umstand der - wegen der Einzahlung von Bargeld kurz vorher - tatsächlich zutraf. Daß die Scheckausstellung vor dieser durch Bareinzahlung bewirkten Deckung lag, war augenscheinlich ohnedies anläßlich des Buchungsvorganges bei den bezogenen Banken evident. Hierüber wurde nach den bisherigen Verfahrensergebnissen kein Organ der bezogenen Banken getäuscht. Es verbliebe somit die Möglichkeit einer Täuschung eines Organs des D anläßlich der Übergabe der Schecks. Gerade das war aber nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht der Fall, weil der Beschwerdeführer A als das mit der Abwicklung derartiger Geschäfte betraute Organ dieser juristischen Person in die Malversationen voll eingeweiht war.
Aus diesen Überlegungen müßte - sofern sich nicht andere Verfahrensergebnisse darbieten - eine Unterstellung des Tatverhaltens unter das Tatbild des Betruges ausscheiden. Wohl aber könnte das Tatbild der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 StGB. erfüllt sein:
Daß der Beschwerdeführer durch Rechtsgeschäft, nämlich durch seinen Dienstvertrag, die rechtsgeschäftliche Befugnis zur Einlösung von Schecks (nach gehöriger Prüfung auf Deckung) hatte, und zwar auch solcher, die auf andere Banken gezogen waren, scheint nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht in Zweifel zu stehen. Die vorliegende Fallgestaltung indiziert auch die Annahme eines wissentlichen Mißbrauches der rechtsgeschäftlichen Verfügungsmacht; ist es doch bei redlicher Geschäftsführung selbstverständliche Verpflichtung eines Bankkassiers, Schecks, von denen er weiß, daß sie ungedeckt sind, zurückzuweisen und nicht durch Honorierung solcher Schecks faktisch einem Schuldner, dessen Kreditansuchen bereits mangels Sicherheiten zurückgewiesen worden waren (S. 521 d. A.), Kredit zu gewähren (vgl. SSt. 27/63 u.a.).
Allerdings bedarf es auch zur Annahme der Verwirklichung des Tatbestandes der Untreue einer mängelfreien Feststellung über einen auf Vermögensschädigung gerichteten Vorsatz, in welcher Beziehung auch für dieses Delikt bedingter Vorsatz genügt (EvBl. 1978/35 = ÖJZ-LSK. 1977/314;
EvBl. 1973/23; SSt. 29/37 u.a.).
Im erneuerten Verfahren wird auch davon auszugehen sein, daß ein Scheck in seiner wirtschaftlichen Funktion als Zahlungsmittel die stillschweigende Zusicherung des Scheckausstellers in sich schließt, daß eine (bei der bezogenen Bank) bestehende Deckung nicht während des Postlaufes beseitigt wird oder - wenn zum Zeitpunkt der Begebung des Schecks noch keine Deckung vorhanden ist - daß spätestens zum Zeitpunkt der Einlösung durch mit Sicherheit zu erwartende Eingänge Deckung gegeben ist (sh. auch Schönke-Schröder, dStGB.19, RN. 29 zu § 263; Lackner im Leipziger Kommentar zum dStGB.9, RN. 201 und 43 zu § 263;
Maurach, Deutsches Strafrecht5, BT., S. 308). Daß es sich dabei um echte und nicht durch weitere Scheckreiterei erlangte Deckung handeln muß, versteht sich von selbst.
Es kommt daher der innerhalb des Postlaufes sicher zu erwartenden und nicht etwa einer in eine fernere Zukunft entrückten möglichen Deckung essentielle Bedeutung zu.
Ist diese Deckung nicht innerhalb der erwähnten (kurzen) Frist zu erwarten und zu beschaffen, tritt ein Schaden ein, der auch bei Untreue kein dauernder sein muß (SSt.
27/63; SSt. 29/37; EvBl. 1968/386; EvBl. 1978/35). Vor allem dann, wenn die termingerechte Erfüllung zum Wesen des abgeschlossenen Geschäftes gehört, genügt bereits eine Verzögerung zur Annahme des Schadenseintrittes (vgl. insbesondere EvBl. 1970/290 /im Fall ähnlich gelagerter Schecktransaktionen /; siehe auch EvBl. 1974/303 und EvBl. 1965/433). Eine schließlich doch noch, aber verspätet erbrachte Gegenleistung ist nur als Schadensgutmachung anzusehen (vgl. EvBl. 1970/290; EvBl. 1974/104;
SSt. 34/28 u.a.).
Unter diesem Gesichtspunkt werden auch bei der Beurteilung der subjektiven Tatseite erst langfristig zu realisierende Vermögenswerte voraussichtlich außer Betracht bleiben müssen. Im erneuerten Verfahren wird schließlich auch zu beachten sein, ob die vom Angeklagten A behaupteten eigenen Vermögenswerte innerhalb der erwähnten kurzen Frist überhaupt disponibel waren, ob sie zur (gänzlichen) Verhinderung eines Schadenseintrittes ausreichten und ob dieser Angeklagte sie unmißverständlich zur Verfügung des D hielt, um einen Schadenseintritt (von vornherein) abzuwenden (vgl. Maurach a.a.O. S. 346).
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