OGH 11Os115/88

OGH11Os115/8820.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.September 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Knob als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erwin Emil B*** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148 1. Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Erwin Emil B*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 5.April 1988, GZ 7 a Vr 555/87-37, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, und des Verteidigers Dr. Broesigke, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Erwin Emil B*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 2.Jänner 1951 geborene Kaufmann Erwin Emil B*** des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in der Zeit von März bis September 1987 teils unter Beteiligung (§ 12 StGB) des Mitangeklagten Otmar W*** (I/), teils allein (II/) gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Vortäuschen seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit Verfügungsberechtigte verschiedener Firmen und Unternehmen zur Herausgabe von Waren, zu Dienstleistungen oder zur Einschaltung von Inseraten, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet zu haben, welche einen insgesamt 25.000 S übersteigenden (etwa 426.000 S betragenden) Schaden herbeiführten; vom Vorwurf weiterer Betrugshandlungen wurde er gemäß dem § 259 Z 2 und 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Erwin Emil B*** Punkt II/ des Schuldspruchs. Den Strafausspruch ficht er mit Berufung an. Einen Verfahrensmangel im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung der Romana D*** zum Beweis, daß er aus unselbständiger Tätigkeit als Alleinunterhalter mindestens bis Ende Juni 1987 monatlich 10.000 S bis 15.000 S verdient habe (vgl. Band II/S 269, 272 des Aktes). Laut der im Urteil nachgetragenen Begründung nahm das Schöffengericht von dieser Beweisaufnahme jedoch deshalb Abstand, weil es den bezüglichen Angaben des Angeklagten B*** (vgl. Band I/S 31 verso) ohnedies Glauben schenkte und im Sinn seines Beweisvorbringens als erwiesen annahm, daß er (in der Pizzeria "I***" der Romana D*** in Salzburg) von April bis Juni 1987 ein monatliches Einkommen von 10.000 S bis 15.000 S als Alleinunterhalter erzielte (vgl. Band II/S 282, 294 des Aktes); eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten liegt sohin nicht vor. Ferner rügt der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe sich mit seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen während des Zeitraumes von März bis Juni 1987, innerhalb dessen die Punkt II/ des Schuldspruchs zugrundeliegenden Tathandlungen begangen wurden, nicht ausreichend auseinandergesetzt; der Ausspruch des Gerichtes, er sei schon von Beginn seiner geschäftlichen Tätigkeit an nicht in der Lage gewesen, seine Verbindlichkeiten innerhalb der vereinbarten Leistungsfristen zu erfüllen, sei "undeutlich" (gemeint: unzureichend) begründet (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO). Gegen die Richtigkeit dieses Ausspruchs ergäben sich zudem nach Ansicht des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein geregeltes Monatseinkommen aus unselbständiger Arbeit aus den Akten erhebliche Bedenken (§ 281 Abs 1 Z 5 a StPO).

Einer genauen Ermittlung und detaillierten Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten während des maßgeblichen Deliktszeitraums bedurfte es indes im vorliegenden Fall nicht: Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen mußte sich Erwin Emil B*** anläßlich der unmittelbar nach seiner Entlassung aus einer 6-monatigen Strafhaft und trotz Bestehens alter Schulden (in nicht festgestellter Höhe) stattgefundenen Gründung der Firma "G*** D*** A***" mangels jeglicher Eigenmittel das Startkapital durch Darlehensaufnahme beschaffen. In der Folge entstanden aus seiner Geschäftstätigkeit innerhalb weniger Monate über 200.000 S Schulden; die erzielten Erlöse dienten ausschließlich als Quelle für seine Lebenshaltung. Sein Einkommen als Alleinunterhalter und Versicherungsvertreter deckte lediglich die Kosten für den Ankauf und Betrieb zweier LKW. Konkrete Gewinnerwartungen, insbesondere aus einer angeblich geplanten Lieferung von 500 bis 1.000 Stück Radios an einen türkischen Geschäftspartner, bestanden nicht. Aus diesen Verfahrensergebnissen, sowie auf Grund der Selbsteinschätzung der finanziellen Situation bei den sicherheitsbehördlichen und gerichtlichen Einvernahmen konnte das Erstgericht aber die Überzeugung gewinnen, daß dieser Angeklagte, der den Geschäftspartnern seine prekäre Situation bewußt verschwieg, um seine Geschäfte nicht zu gefährden, es schon von vornherein ernstlich für möglich hielt und sich damit auch willensmäßig abfand, den durch seine Bestellungen und Aufträge übernommenen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen zu können (vgl. Band II/S 282 bis 284, 290 bis 294 des Aktes). Der Hinweis des Beschwerdeführers auf zum Teil relativ geringfügige Schuldbeträge, etwa aus dem Kauf eines Stempels im Wert von 472 S (Schuldspruchfaktum II/3) versagt, weil ihm in diesem Zusammenhang auch mangelnder Zahlungswille unterstellt wurde (vgl. Band II/S 291 des Aktes). Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO haften dem Urteil im geltend gemachten Umfang nicht an. Die Beschwerdeausführungen, mit denen die Annahme eines Handelns des Angeklagten B*** mit Betrugsvorsatz in Zweifel gezogen wird, erwecken aber auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen; die Konstatierungen zur inneren Tatseite basieren auf tragfähigen Entscheidungsgrundlagen.

Einen Feststellungsmangel im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer mit der Begründung geltend, für die Beantwortung der Frage, ob sein Vorsatz auf die (durch irrtumsbedingte Vermögensverfügungen der Getäuschten bewirkte) Schädigung fremden Vermögens gerichtet gewesen sei, wäre eine genaue ziffernmäßige Feststellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse im jeweiligen Tatzeitpunkt und eine Abschätzung für einen kürzeren zukünftigen Zeitraum unabdingbare Voraussetzung gewesen. Soweit damit nicht bloß abermals ein Begründungsmangel (oder eine unvollständige Ausschöpfung möglicher Beweisquellen) behauptet wird, übersieht die Beschwerde, daß das Erstgericht nicht nur davon ausging, der Angeklagte B*** habe im Wissen um seine aussichtslose finanzielle Situation eine Verwirklichung des Betrugstatbildes für naheliegend angesehen und sei gewillt gewesen, einen für seine Geschäftspartner nachteiligen Ereignisablauf hinzunehmen, sondern - wie bereits dargelegt - auch mangelnden Zahlungswillen (hinsichtlich jener Beträge, welche allenfalls aus laufenden Einnahmen hätten beglichen werden können) als erwiesen annahm. Der Vorwurf eines Feststellungsmangels geht demnach gleichfalls fehl.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 148 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es den "extrem raschen" Rückfall des Angeklagten nach seiner letzten Haftentlassung, seine einschlägigen Vorstrafen und die von ihm ausgegangene Initiative zu den gemeinsam mit Otmar W*** verübten Taten als erschwerend, als mildernd hingegen das Teilgeständnis und die teilweise objektive Schadensgutmachung.

Der auf eine Herabsetzung und bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe (§ 43 a StGB) gerichteten Berufung kommt Berechtigung nicht zu.

Dem Einwand des Berufungswerbers, seine Tathandlungen wären unter dem Gesichtspunkt "verlorener finanzieller Übersicht" in einem milderen Licht zu sehen, sind seine zahlreichen Vorverurteilungen wegen strafbarer Handlungen gegen femdes Vermögens und insbesondere der Umstand entgegenzuhalten, daß schon der Vollzug der über ihn zuletzt (gleichfalls wegen Betruges) verhängten Freiheitsstrafen in der Dauer von zwei Jahren bzw. von sechs Monaten nicht einmal ansatzweise geeignet war, seine manifeste Anfälligkeit für betrügerische Bereicherungstendenzen entsprechend einzudämmen. Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes des verfahrensgegenständlichen Tatkomplexes und der (durch jeweils raschen Rückfall nach Verbüßung erheblicher Freiheitsstrafen akzentuierten) spezialpräventiven Belange kommt weder eine Reduktion noch eine bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe in Betracht.

Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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