OGH 11Os11/08i

OGH11Os11/08i26.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Februar 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp, Dr. Danek, Dr. Schwab und Mag. Lendl, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard W***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG aF und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 7. November 2007, GZ 13 Hv 21/07m-44, sowie über dessen Beschwerde gegen den zugleich gemäß § 494a StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard W***** (zu I./) des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG aF sowie der Vergehen nach § 27 Abs 2 sechster Fall Z 1 und Z 2 erster Fall SMG aF und (zu II./) des Vergehens (richtig: der Vergehen) nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG aF schuldig erkannt. Danach hat er in St. Pölten und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift

I./ in einer großen Menge gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, und zwar zumindest 1.856 Gramm Cannabiskraut, dessen reine Wirkstoffmenge THC zumindest 37 Gramm betrug, 26 Gramm „Speed", dessen reine Wirkstoffmenge Amphetamin 2,6 Gramm betrug, und 25 Stück Ecstasy-Tabletten, deren reine Wirkstoffmenge MDMA 0,625 Gramm betrug, indem er in 25 im Urteil näher genannten Fällen von 2004 bis Oktober 2006 in Teilmengen an verschiedene Suchtgiftkonsumenten verkaufte, weiters

II./ bis Dezember 2006 über zu I./ genannten Menge hinaus Cannabiskraut und „Speed" erworben und zum Eigenkonsum besessen sowie bis September 2006 verschiedenen im Urteil genannten Suchtgiftkonsumenten Cannabiskraut und im Juli 2005 Michael K***** 10 Stück Ecstasy-Tabletten überlassen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die - zulässiger Weise im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs eingebrachte, s § 6 Abs 5 StPO aF iVm §§ 89a, 89b GOG und § 1 ERV 2006; nunmehr § 84 Abs 2 StPO nF - auf § 281 Abs 1 Z 3 und Z 5 gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die Verfahrensrüge nach Z 3 zeigt zwar an sich zutreffend auf, dass den Zeugen Jaqueline F***** (S 81/II) und Daniel J***** (S 83/II) zu Unrecht das ihnen zukommende Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 1 StPO aF nicht vorgehalten worden ist und diese hierauf nicht verzichtet haben. Weil aber - angesichts der konstatierten Annahme (US 11 f) der Verwirklichung des vorliegenden (einen) Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG aF durch mehrere Teilakte in tatbestandlicher Handlungseinheit (vgl 13 Os 1/07g verstärkter Senat) - durch die bezeichneten Zeugenaussagen tangierte einzelne selbständige Taten ebenso wenig in Rede stehen wie eine Änderung der (auch bei Wegfall der das Inverkehrsetzen an die genannten Zeugen umfassende Quanten von insgesamt 200 Gramm Cannabiskraut mit 4 Gramm reiner Wirkstoffmenge THC verwirklichten) rechtlichen Qualifikation dieser Tat, ist unzweifelhaft erkennbar, dass die Formverletzung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluss auf die Entscheidung üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO).

Soweit die Beschwerde auch die Unterlassung der Belehrung und das Nichtvorliegen eines Verzichts auf das Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 1 StPO aF der Zeugen Manuel K***** (S 508/I) und Christian Sch***** (S 510/I) in der Hauptverhandlung vom 25. Juli 2007 rügt, vernachlässigt sie, dass die Hauptverhandlung am 7. November 2007 gemäß § 276a StPO neu durchgeführt wurde, wodurch allfällige Nichtigkeiten im Zusammenhang mit einer früheren Hauptverhandlung obsolet geworden sind (Danek, WK-StPO § 276a Rz 11). Die Mängelrüge (Z 5) spricht mit der Kritik an der Annahme von Gerichtsnotorietät des durchschnittlichen Reinheitsgehalts des Wirkstoffs der als „Speed" und „Ecstasy-Tabletten" bezeichneten Suchtmittel schon insoweit keine den Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen betreffenden Umstände an, als das - wie ausgeführt nach den Urteilsannahmen durch Teilakte in tatbestandlicher Handlungseinheit verwirklichte - Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG aF bereits durch die unbekämpft gebliebene Menge Cannabiskraut verwirklicht ist, die Verwirklichung der zu I./ verbleibenden Vergehen (unbestimmter Anzahl) nach § 27 Abs 1 sechster Fall SMG aF hingegen nicht vom Reinheitsgehalt der überlassenen Suchtmittel abhängig ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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