Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht aus dem Urteil ausgeschaltet wird.
Im übrigen wird den Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19. November 1941 geborene Hilfsarbeiter Alfred A der Verbrechen (im Urteil jeweils unrichtig: Vergehen) der versuchten schweren Nötigung nach den § 15, 105 Abs 1, 106
Abs 1 Z 1 StGB (Punkt 1. des Urteils) und der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs 1 und Abs 2 StGB (Punkt 3. des Urteils), sowie der Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB (Punkt 2. des Urteils), des Quälens oder Vernachlässigens eines Unmündigen, Jugendlichen oder Wehrlosen nach dem § 92 Abs 1 StGB (Punkt 4. des Urteils), der Tierquälerei nach dem § 222 Abs 1 StGB (Punkt 5. des Urteils) und jener nach dem § 36 Abs 1
lit a und b WaffenG (Punkte 6- und 7- des Urteils) schuldig erkannt. Nur gegen die Annahmen, Alfred A habe - im Schuldspruchfaktum 4 - seinem minderjährigen Sohn körperliche und seelische Qualen (§ 92 Abs 1 StGB) bzw - im Schuldspruchfaktum 3 - besondere Qualen (§ 99 Abs 2 StGB) zugefügt, wendet sich die auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Als Verbrechen der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs 1 und Abs 2
StGB (Punkt 3 des Urteilssatzes) liegt dem Beschwerdeführer zur Last, in Salzburg in der Zeit vom 23. bis zum 24. November 1983 (seinem Sohn) Alfred A jun dadurch, daß er ihn an der linken Hand mit Handschellen an einen Fernsehtisch fesselte, die persönliche Freiheit entzogen zu haben, wobei die Freiheitsentziehung auf eine solche Weise geschah, daß sie dem Festgehaltenen durch Schmerzen an der linken Hand und an der Schulter besondere Qualen bereitete; das mit dem Verbrechen der Freiheitsentziehung ideal konkurrierende (auch den von § 99 Abs 1 und 2 StGB nicht erfaßten Unrechtsgehalt des Mißbrauchs des besonderen Obsorgeverhältnisses ausschöpfende) Vergehen des Quälens eines Unmündigen, Minderjährigen oder Wehrlosen nach dem § 92 Abs 1
StGB erblickte das Erstgericht darin, daß der Angeklagte die vorhin beschriebene Tathandlung an seinem am 18. Oktober 1969 geborenen Sohn verübte, der seiner Obhut unterstand und das 18. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hatte und dem hiedurch körperliche und seelische Qualen zugefügt wurden.
Soweit Alfred A in seiner Mängelrüge zum Schuldspruch wegen des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs 1 und Abs 2 StGB eine unzureichende Begründung der angeblichen erstgerichtlichen Annahme behauptet, seinem Sohn Alfred A jun besondere psychische Qualen zugefügt zu haben und hiebei bedingt vorsätzlich vorgegangen zu sein, ist zunächst zu erwidern, daß das Schöffengericht weder im Spruch - wie die Beschwerde selbst einräumt - noch in den Gründen seiner Entscheidung das Vorliegen derartiger (besonderer psychischer) Qualen festgestellt hat. In dieser Richtung entbehrt das Rechtsmittel daher der prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Dies gilt auch insoweit, als der Beschwerdeführer die schöffengerichtliche Qualifikation der bei seinem Sohn herbeigeführten und urteilsmäßig festgestellten Beeinträchtigungen als 'Qualen' bzw 'besondere Qualen' nicht ausreichend begründet erachtet, weil er mit seinen diesbezüglichen Ausführungen Urteilsmängel nicht im bezug auf eine Tatfrage, sondern im Zusammenhang mit einer Rechtsfrage geltend macht (vgl Mayerhofer - Rieder II/2, § 281 Z 5, 14 ff).
Daß sämtliche Auswirkungen der Tathandlungen und daher auch die Zufügung der nur zum Vergehen nach dem § 92 Abs 1 StGB angenommenen (nicht weiter qualifizierten) seelischen Qualen vom Vorsatz des Angeklagten umfaßt waren, wurde der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung zuwider durch den Hinweis auf das Gesamtverhalten des Täters vom Schöffengericht durchaus zureichend begründet.
Der Mängelrüge mußte sohin ein Erfolg versagt bleiben. Auch im Rahmen der auf die Ziffer 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge bekämpft der Beschwerdeführer die Annahme besonderer Qualen im Sinn des § 99 Abs 2 StGB und rügt das Fehlen eines auf die Herbeiführung besonderer psychischer Qualen gerichteten Vorsatzes.
Dieses Vorbringen hält einer überprüfung gleichfalls nicht stand. Besondere Qualen im Sinn des § 99 Abs 2 StGB liegen dann vor, wenn durch die Tat hervorgerufene Qualen entweder schon in ihrer außergewöhnlichen Intensität das Opfer schwer treffen oder einen durch eine gewisse Zeitspanne fortdauernden Zustand einer erheblichen physischen oder psychischen Beeinträchtigung bewirken (ÖJZ-LSK 1978/44 zu § 99 Abs 2 StGB;
EvBl 1979/46/. Das Vorliegen eines derartigen Zustandes (im Fall des Alfred A jun) konnte das Schöffengericht schon im Hinblick auf die Art und vielstündige (ua nächtliche) Fesselung des zarten Knaben (vgl S 81) sowie die Begleitumstände der Tat im Sinn einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung zutreffend bejahen. Alle bei Alfred A jun konstatierten Beeinträchtigungen lassen die rechtliche Annahme des Erstgerichtes, daß es sich hiebei um besondere Qualen im Sinn des § 99 Abs 2 gehandelt habe, als rechtsrichtig erscheinen.
Daß im Zusammenhang mit dem Schuldspruch nach dem § 99 Abs 1 und 2 StGB, neben den angenommenen besonderen körperlichen, auch besondere seelische Qualen (im Sinn einer verstärkten Tatbestandsmäßigkeit) vorlagen, stellte das Schöffengericht (wie bereits erwähnt) gar nicht fest, sodaß es auch der Konstatierung eines diesbezüglichen Vorsatzes entgegen der Beschwerdeausführung nicht bedurfte. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zur Gänze zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 99 Abs 2
StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten und sah diese Strafe gemäß dem § 43 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens (richtig: zweier Verbrechen) mit mehreren Vergehen, die Wiederholung der Angriffe, den mehrfach unbefugten Waffenbesitz, die einschlägigen Vorstrafen, sowie die 'Fortsetzung der strafbaren Handlung während des anhängigen Verfahrens' als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Teilgeständnis des Angeklagten, die Erregung zur Tatzeit, den psychischen Ausnahmezustand, verbunden mit einer herabgesetzten Diskretions- und Dispositionsfähigkeit, sowie den Umstand als mildernd, daß die schwere Nötigung beim Versuch blieb.
Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung der Strafe an, während die Anklagebehörde die Erhöhung des Strafausmaßes und die Ausschaltung des Ausspruches nach dem § 43 Abs 2 StGB begehrt.
Was zunächst die Frage der Strafhöhe anlangt, so würdigte das Erstgericht die gegebenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen ihrem tatsächlichen Gewicht nach und fand nach Lage des Falles ein tatschuldadäquates Ausmaß, das in keiner Richtung hin zu einer Abänderung Anlaß bietet. Den bezüglichen Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft war daher der Erfolg zu versagen. Berechtigung kommt der Berufung der Anklagebehörde jedoch insofern zu, als sie unter Hinweis auf die Art der Tathandlungen und insbesondere auch die sich aus dem belasteten Vorleben ergebende charakterliche Artung des Alfred A, das Fehlen besonderer Gründe reklamiert, die Gewähr dafür böten (§ 43 Abs 2 StGB), daß der einschlägig vorbestrafte Täter trotz der - vom Erstgericht bereits als ausreichend angesehenen - Trennung von der Zeugin Gabriele B keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde.
In Stattgebung des diesbezüglichen - begründeten Teils der Berufung der Staatsanwaltschaft war daher der Ausspruch gemäß dem § 43 Abs 2 StGB aus dem angefochtenen Urteil auszuschalten.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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