Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter K*** neben dem Verbrechen der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1, teilweise 15 StGB, den Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach den §§ 136 Abs 1 und 3, erster Fall, teilweise 15 StGB, des Diebstahls nach dem § 127 Abs 1 StGB und der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs 1 und 3 (§ 81 Z 1) StGB zu II./2 auch des Vergehens des Imstichlassens eines Verletzten nach dem § 94 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Insoweit liegt ihm zur Last, am 15.Jänner 1987 in Graz es unterlassen zu haben, der Vera D*** und der Evelyn T***, deren Verletzungen am Körper (§ 83) er durch die unter Punkt II./1 beschriebene - ihm als Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs 1 und Abs 3 (§ 81 Z 1) StGB zugerechnete - Tathandlung verursacht hatte, die erforderliche Hilfe zu leisten, indem er (zu Fuß) vom Tatort flüchtete.
Rechtliche Beurteilung
Nur diesen Teil des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte mit seiner auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Darin macht er geltend, das Erstgericht habe nicht festgestellt, daß die Dauer der Gesundheitsschädigung vermutlich nicht mehr als drei Tage betragen habe; bei einer derart geringfügigen Verletzung sei keine Hilfeleistung erforderlich gewesen. Der Tatbestand setze aber die Hilfsbedürftigkeit des Opfers voraus. Zudem verkenne das Erstgericht, das in unrichtiger rechtlicher Beurteilung die Überzeugungspflicht des Angeklagten in den Vordergrund stelle, daß der Verursacher einer Verletzung auch dann nicht strafbar sei, wenn er zwar bewußt dem Opfer keine Hilfe leisten wolle, eine solche Hilfeleistung aber objektiv ohnehin nicht erforderlich oder möglich gewesen wäre; bei Bagatellverletzungen, die keine besonderen Schmerzen verursachen, fehle eine Hilfsbedürftigkeit. Überdies habe das Gericht unberücksichtigt gelassen, daß die den Angeklagten verfolgenden Exekutivorgane (kurz nach ihm) am Tatort eintrafen, wodurch seine Hilfeleistung ebenfalls nicht erforderlich war.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:
Richtig ist zwar, daß die Anwendbarkeit des § 94 Abs 1 StGB Hilfsbedürftigkeit des Verletzten voraussetzt; bestraft wird die Unterlassung der erforderlichen Hilfeleistung. Die Behauptung, eine Hilfsbedürftigkeit - der bereits am Unfallsort über Schmerzen klagenden Tatopfer (S 12) - sei nicht vorgelegen, ist aber urteilsfremd: Vom Erstgericht wird ein vom Angeklagten K*** - unter besonders gefährlichen
Verhältnissen - fahrlässig herbeigeführter "Personenschaden" festgestellt und im Spruch dahin konkretisiert, daß Vera D*** eine Halswirbelzerrung sowie Prellungen der Kniescheiben und Evelyn T*** eine Halswirbelzerrung sowie Prellungen des Kopfes und beider Knie erlitt. Die im Urteil nicht näher erörterte, weder nach dem Akteninhalt noch nach der Verantwortung des Angeklagten, der sich in der Hauptverhandlung umfassend schuldig bekannt hatte, indiziert gewesene Frage, ob die Dauer der Gesundheitsschädigung das Ausmaß von drei Tagen überschritten habe, war für die rechtliche Beurteilung (§ 88 Abs 1 und 3 StGB) entbehrlich und schlösse auch im Fall ihrer Verneinung Hilfsbedürftigkeit keineswegs von vornherein aus. Nach den den Urteilsfeststellungen zugrundegelegten, in der Hauptverhandlung verlesenen (S 137) Verletzungsanzeigen (S 107, 109) und dem Bericht in der Polizeianzeige (S 105) überschritt die Gesundheitsschädigung zudem die Dauer von drei Tagen; Evelyn T*** wurde nur gegen Revers aus dem Krankenhaus wieder entlassen. Es handelte sich somit keineswegs um Bagatellverletzungen, bei denen Hilfsbedürftigkeit von vornherein nicht in Betracht kam. Auch die Möglichkeit einer Hilfe durch dritte Personen (intervenierende Polizeibeamte) entband den Angeklagten nicht der ihn als Verursacher der Verletzungen primär treffenden Hilfeleistungspflicht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 106 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten.
Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen, die zweifache Begehung des Tatbestandes nach den §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und die vielen, überwiegend auf derselben schädlichen Neigung beruhenden, allerdings schon einige Zeit zurückliegenden Vorstrafen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das reumütige Geständnis des Angeklagten, seine Unbesonnenheit, daß ein Nötigungsfaktum beim Versuch blieb, die teilweise Schadensgutmachung sowie die Sicherstellung des Diebsgutes als mildernd. Mit seiner Berufung strebt Walter K*** die Herabsetzung, allenfalls die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe nach dem § 43 Abs 2 StGB an.
Die Berufung ist nicht begründet.
Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Das Schöffengericht fand für die zahlreichen Gesetzesverstöße eine der Schuld (§ 32 Abs 1 StGB) des Angeklagten adäquate, ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens ausgemessene Sanktion. Der beantragten bedingten Strafnachsicht stand in Anbetracht des getrübten Vorlebens des Angeklagten schon die fehlende Gewähr (§ 43 Abs 2 StGB) künftigen Wohlverhaltens entgegen.
Auch der Berufung mußte daher der Erfolg versagt werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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