Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird dahin Folge gegeben, daß die über Karl Heinz W*** verhängte Freiheitsstrafe auf zwanzig Jahre erhöht wird.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13.Februar 1963 geborene Karl Heinz W*** im zweiten Rechtsgang aufgrund des Wahrspruchs der Geschwornen neuerdings schuldig erkannt, am 13. April 1985 in Puchberg am Schneeberg Gabriele G*** durch Erwürgen vorsätzlich getötet und hiedurch das Verbrechen des Mordes nach dem § 75 StGB begangen zu haben. Die Geschwornen hatten die an sie anklagekonform gerichtete Hauptfrage 1 nach Mord (§ 75 StGB) stimmeneinhellig bejaht. Demgemäß waren die in Richtung Totschlag (§ 76 StGB) und Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83 Abs. 1, 86 StGB) gestellten Eventualfragen unbeantwortet geblieben. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Z 8 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch - gleich der Staatsanwaltschaft - mit Berufung.
Mit Beziehung auf den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund behauptet der Beschwerdeführer, die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung sei unzureichend, weil sie "ohne nähere Erläuterung" lediglich ausführe, daß die Eventualfrage 2 (nach dem Verbrechen des Totschlags) nur bei Verneinung der Hauptfrage 1 (nach dem Verbrechen des Mordes) zu beantworten sei. Diese Rechtsbelehrung - so meint der Beschwerdeführer - "mußte insoferne bei den Geschwornen eine Verwirrung der Rechtsbegriffe hervorrufen, als Totschlag sämtliche Tatbestandsmerkmale des Mordes voraussetzt und sich von diesem nur durch das Hinzutreten eines weiteren, die Schuld des Täters verringernden Tatbestandsmerkmals unterscheidet", sodaß die Geschwornen - selbst wenn sie von der Verwirklichung des Tatbestandes des Totschlages überzeugt gewesen wären - "bei logischer Befolgung dieser Rechtsbelehrung" schon die Hauptfrage 1 nach dem Verbrechen des Mordes bejahen mußten und demgemäß die Eventualfrage 2 gar nicht mehr beantworten konnten. Richtigerweise wäre daher "als Hauptfrage I" eine solche in Richtung des Verbrechens des Totschlages zu stellen gewesen und erst als "Eventualfrage II" jene nach dem Verbrechen des Mordes. "Zumindest aber" - so meint der Beschwerdeführer - wäre es geboten gewesen, die Geschwornen "eingehend darüber zu belehren, daß Mord und Totschlag sich eben nur dadurch unterscheiden, daß bei Totschlag ein weiteres Tatbestandsmerkmal hinzukommt" und daß daher "vor einer bloß formalen Bejahung der Tatbestandsmerkmale des Mordes" geprüft werden müsse, "ob nicht auch dieses weitere, den Totschlag begründende Tatbestandsmerkmal vorliegt".
Der Einwand versagt schon deshalb, weil der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen die zutreffenden, auch das Verhältnis der gestellten Fragen zueinander in einer dem Fassungsvermögen von Laienrichtern angepaßten Weise klarstellenden Ausführungen in der schriftlichen Rechtsbelehrung übergeht, wonach Totschlag im Sinn des § 76 StGB ein besonderer, nämlich privilegierter Fall der vorsätzlichen Tötung ist, der - so wie das Verbrechen des Mordes - "in einem (vorsätzlichen) Angriff gegen einen Menschen und dem daraus resultierenden Tod des Angegriffenen besteht", wobei die Privilegierung "nur dann zum Tragen kommt, wenn sich der Täter in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen Menschen vorsätzlich zu töten" (AS 170, 171 Band II). Indem der Beschwerdeführer solcherart seine Beschwerde nicht auf den gesamten Inhalt der (als Einheit und nicht nach ihren Teilstücken zu betrachtenden) Rechtsbelehrung bezieht (EvBl. 1980/107 ua), sondern bloß auf jenen (Schluß-)Absatz (AS 173 Band II) abstellt, in dem die Geschwornen - nach Belehrung über die Tatbestände des Verbrechens des Mordes und des Totschlages - rechtlich einwandfrei darauf hingewiesen wurden, daß die Eventualfrage 2 nur bei Verneinung der Hauptfrage 1 zu beantworten ist, bringt er den angerufenen Nichtigkeitsgrund gar nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.
Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus einen Austausch der Hauptfrage 1 und der Eventualfrage 2 verlangt, ist ihm folgendes entgegenzuhalten:
Rechtliche Beurteilung
Nach dem § 312 Abs. 1 StPO ist die Hauptfrage darauf zu richten, ob der Angeklagte schuldig ist, die der Anklage zugrundeliegende strafbare Handlung begangen zu haben; sie muß daher der Anklage entsprechen. Eventualfragen nach dem § 314 Abs. 1 StPO sollen den Geschwornen die Möglichkeit bieten, ihrer Überzeugung Ausdruck zu geben, daß sich der Angeklagte einer anderen Tat als jener, die in der Anklage angeführt ist, schuldig gemacht habe. Sie stellen daher als Schuldfrage eine Alternative zur korrespondierenden Hauptfrage im Sinn der Anklage dar. Demgemäß ist eine Eventualfrage gegenstandslos (und darf nicht mehr beantwortet werden), wenn die zur Eventualfrage gehörende Hauptfrage von den Geschwornen bejaht wird. Das vom Schwurgerichtshof gewählte Fragenschema entspricht sohin dem Gesetz (vgl. auch SSt. 46/49). Eine Änderung, wie sie der Beschwerdeführer in Anbetracht der "Wichtigkeit der Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag" für geboten hält, würde eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung, insbesondere der Bestimmungen der §§ 312 Abs. 1, 314 Abs. 1 StPO bedeuten. Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist auch die auf den § 345 Abs. 1 Z 12 StPO gestützte Rechtsrüge:
Denn mit der Behauptung, er habe sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen lassen, Gabriele G*** zu töten, stellt der Beschwerdeführer nicht - wie erforderlich - auf den Wahrspruch der Geschwornen ab. Die Geschwornen bejahten die Hauptfrage 1 wegen des Verbrechens des Mordes stimmeneinhellig, sodaß für die Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten (bloß) als Verbrechen des Totschlages nach dem § 76 StGB kein Raum bleibt. Gerade die - in der Beschwerde allerdings unvollständig zitierte - Niederschrift der Geschwornen zeigt, daß insoweit auch kein Mißverständnis über die Rechtsbelehrung unterlief, zumal darnach von den Geschwornen das Vorliegen einer "allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung" nicht nur auf Grund des "Tatherganges", sondern auch unter Berücksichtigung "der Situation vor der Tat" ausgeschlossen wurde (AS 183 Band II), sie sich sohin, dem Beschwerdevorbringen zuwider, nicht nur mit der Hauptfrage 1 (nach dem Verbrechen des Mordes) befaßten, sondern sich auch mit der ihnen eröffneten Alternative privilegierter vorsätzlicher Tötung (§ 76 StGB) auseinandersetzten. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zu verwerfen. Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 75 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von siebzehn Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend nichts, als mildernd das psychotische Persönlichkeitsbild des Angeklagten. Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung, der Angeklagte eine Ermäßigung der verhängten Freiheitsstrafe an.
Nur dem Rechtsmittel der Anklagebehörde kommt Berechtigung zu. Wohl erscheint der in erster Instanz herangezogene Milderungsgrund verfehlt, weil sich für die Annahme der Tatverübung unter dem Einfluß einer Psychose in den Akten, insbesondere im Gutachten des Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie Prim. Dr. Herbert H*** kein Anhaltspunkt finden läßt. Dafür kann allerdings dem Angeklagten der Umstand, daß die Tat in einer Affektsituation verübt wurde (Bd. II S 165 dA), zugute gehalten werden.
Dennoch wird ein Strafausmaß von siebzehn Jahren dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schwere der Schuld des Täters nicht vollkommen gerecht. Die Staatsanwaltschaft begründet ihr Begehren wörtlich wie folgt:
"Die Verhängung einer Freiheitsstrafe von siebzehn Jahren ist ... nicht schuldangemessen, muß doch bedacht werden, daß der unterstands- und beschäftigungslose Angeklagte durch Gabriele G*** vor dem sozialen Nichts bewahrt wurde, durch ihre Familie Unterkunft und Arbeit fand und ihm Aufnahme in die Familie gewährt wurde. Grund zur Eifersucht hatte Gabriele G*** dem Angeklagten nicht geboten und der Grund für die am Abend des 12.April 1985 aufgenommen Verstimmung lag ausschließlich bei ihm, der Aufforderungen, sich dem Familienkreis anzuschließen, unbeachtet ließ und durch eigene, die Treue der Gabriele G*** in Frage stellende Bemerkungen diese zu einer Trotzreaktion in der Form, daß sie erklärte, einem anderen Mann folgen zu wollen, sollte sie dazu aufgefordert werden, brachte. Daß Gabriele G*** selbst ebenfalls dem Alkohol vermehrt zusprach, stand mit den Ereignissen des 12. und 13.April 1985 in keinem Zusammenhang."
Unter Berücksichtigung auch dieser nach der Aktenlage zutreffenden Ausführungen erscheint daher eine Anhebung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe geboten.
Der Angeklagte war demnach mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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