OGH 11Os103/11y

OGH11Os103/11y25.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Dr. Nordmeyer und Mag. Michel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bilinska als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anton W***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Geschworenengericht vom 11. Februar 2011, GZ 40 Hv 197/10k-173, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Anton W***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I.) und des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er am 11. Juli 1992 in Salzburg

I. Silke S***** mit Gewalt, und zwar indem er ihr heftige Faustschläge gegen den Kopf und das Gesicht versetzte und sie mit dem Kopf gegen einen harten Widerstand stieß, zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich des Analverkehrs genötigt;

II. im Zuge der zu I. beschriebenen Tat oder im Anschluss daran Silke S***** vorsätzlich getötet, indem er sie erwürgte.

Die Geschworenen haben die auf Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I.) und des Mordes nach § 75 StGB (II.) gerichteten Hauptfragen bejaht.

Dagegen richtet sich die aus Z 6 und 10 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Rechtliche Beurteilung

Die Fragenrüge (Z 6) reklamiert die Stellung einer Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit und verweist dazu auf die Verantwortung des Angeklagten bei seiner Vernehmung am 25. Juli 1992 sowie die Angaben der Zeugen E***** und Ed*****, wonach Anton W***** alkoholisiert gewesen sei. Der Einwand geht jedoch nicht von der Verantwortung des Angeklagten in ihrer Gesamtheit aus, sondern lediglich von einem einzelnen Detail, nämlich der angegebenen Trinkmenge, und orientiert sich damit nicht am Verfahrensrecht. Die Rüge vernachlässigt zudem die weitere Einlassung des Anton W*****, mittelmäßig alkoholisiert gewesen zu sein und keine Erinnerungslücken aufzuweisen (ON 2 S 49 f). Übergangen wird auch das Gutachten des Sachverständigen Dr. Ernst G*****, in dem eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung des Angeklagten mit Blick auf seine Erinnerungsfähigkeit ausgeschlossen wurde (ON 165 S 6). Soweit die Beschwerde die vermisste Frage auf die Angaben der Zeugin E***** und Ed***** zu stützen sucht, zeigt sie außer der von diesen bestätigten Alkoholisierung des Angeklagten keine weiteren Indizien zur Annahme eines dessen Zurechnungsunfähigkeit begründenden Zustands auf.

Der Vollständigkeit halber sei erinnert, dass nach ständiger Rechtsprechung die rechtliche Annahme einer rauschbedingten Ausschaltung der Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit in tatsächlicher Hinsicht typischer Weise eine zur Tatzeit vorgelegene ungenügende Orientierung in Zeit und Raum, einen völligen Erinnerungsverlust hinsichtlich des Tatablaufs und fehlende Einsicht in den Sinngehalt des Tatverhaltens voraussetzt und dass selbst krankhafter habitueller Alkoholabusus nicht unbedingt Zurechungsunfähigkeit indiziert (vgl 12 Os 54/06t, 11 Os 168/10f).

Die Rüge wegen Unterlassung des Moniturverfahrens (Z 10 zweiter Fall) scheitert bereits an der mangelnden Behauptung eines oder mehrerer Geschworenen, ihnen sei bei der Abstimmung ein Missverständnis unterlaufen (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 72). Mit Bezugnahme auf einzelne Erwägungen der Geschworenen in der Niederschrift, wie den Zustand der Bluse des Opfers und deren Auffindungsort, zeigt die Rüge den Nichtigkeitsgrund nicht auf.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§§ 285i, 344 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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