OGH 11Os100/92(11Os101/92)

OGH11Os100/92(11Os101/92)13.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Oktober 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Rzeszut, Dr. Hager und Dr. Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hadler als Schriftführer in der Strafsache gegen Michal P***** und andere wegen des Verbrechens des Mordes und der schweren absichtlichen Körperverletzung nach den §§ 75 und 87 Abs. 1 StGB

I. über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Michal P***** und Ryszard O***** sowie die Berufungen des Angeklagten Lubomir H***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Jugendgerichtshof Wien vom 7. Juli 1992, GZ 25 Vr 559/91-192, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr. Weiß, der Angeklagten Michal P*****, Ryszard O***** und Lubomir H***** sowie der Verteidiger Dr. Mühl für Michal P*****, Dr. Schmautzer für Ryszard O***** und Dr. Schirnhofer für Lubomir H***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten Michal P***** verhängte Strafe auf 11 1/2 (in Worten elfeinhalb), die über den Angeklagten Ryszard O***** verhängte Strafe auf 18 (in Worten achtzehn) Jahre erhöht werden.

Mit ihren Berufungen werden Michal P***** und Ryszard O***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten Lubomir H***** wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten P*****, O***** und H***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II. über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien gegen das Unterbleiben der Beschlußfassung gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung des Angeklagten den

Beschluß

gefaßt:

Der Beschwerde der Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien wird Folge gegeben und die bedingte Nachsicht des mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 21. November 1990, GZ 2 a Vr 1074/90-33, über Michal P***** verhängten Strafteils von sechs Monaten widerrufen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen der am 2. August 1972 geborene (zur Tatzeit Jugendliche) Michal P*****, ein polnischer Staatsangehöriger, und sein am 4. Juni 1957 geborener (erwachsener) Landsmann Ryszard O***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes), Michal P***** - sowie die weiteren Mitangeklagten Lubomir Hrubos und Dariusz C*****, deren Schuldsprüche rechtskräftig sind - überdies des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Danach haben am 14. Mai 1991 in Wien

(zu 1./) Michal P***** und Ryszard O***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken den Thomas B***** durch zahlreiche wuchtige Schläge, Fußtritte und Messerstiche vorsätzlich getötet,

(zu 2./) Michal P***** zudem im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den Mitangeklagten Lubomir H***** und Dariusz C***** den Miroslav V***** durch zahlreiche wuchtige Schläge, Fußtritte und Messerstiche absichtlich am Körper schwer verletzt.

Ferner enthält das Urteil unangefochten gebliebene Freisprüche der (Mit-) Angeklagten Lubomir H***** und Dariusz C***** vom Anklagevorwurf der vorsätzlichen Tötung des Thomas B***** und des Angeklagten Ryszard O***** vom Anklagevorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung des Miroslav V*****.

Die Geschwornen hatten von den für jeden der vier Angeklagten getrennt gestellten Hauptfragen über Ermordung des Thomas B***** (fortlaufende Zahlen 1 bis 4) die Frage hinsichtlich Michal P***** stimmenmehrheitlich (im Stimmenverhältnis 6:2 - fortlaufende Zahl 1), jene bezüglich Ryszard O***** stimmeneinhellig (fortlaufende Zahl 3) - jeweils unter Streichung der als Mittäter angeführten Mitangeklagten Lubomir H***** und Dariusz C***** - bejaht und für diese Mitangeklagten die Fragen mit den fortlaufenden Zahlen 2 und 4 jeweils stimmeneinhellig verneint. Die Eventualfrage nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung (mit Todesfolge) war bei Michal P***** (fortlaufende Zahl 9) und bei Ryszard O***** (fortlaufende Zahl 11) folgerichtig unbeantwortet geblieben, bezüglich der beiden anderen Mitangeklagten stimmeneinhellig verneint worden (fortlaufende Zahlen 10 und 12).

Die (gleichfalls für alle vier Angeklagten gesondert formulierten) Hauptfragen in bezug auf die versuchte vorsätzliche Tötung des Miroslav V***** (fortlaufende Zahlen 5 bis 8) hatten die Geschwornen bei Michal P***** stimmenmehrheitlich (im Verhältnis 6:2 - fortlaufende Zahl 5), bei Ryszard O***** - ebenso wie bei den beiden weiteren Mitangeklagten Lubomir H***** und Dariusz C***** - jeweils stimmeneinhellig (fortlaufende Zahlen 6 bis 8) verneint. Die nach absichtlicher schwerer Körperverletzung des Miroslav V***** gestellte Eventualfrage war hinsichtlich O***** einhellig verneint (fortlaufende Zahl 15), hingegen bezüglich der übrigen Angeklagten - jeweils unter Streichung des Mitangeklagten O***** - teils einhellig (P***** und H*****, fortlaufende Zahlen 13 und 14), teils (C***** - fortlaufende Zahl 16) stimmenmehrheitlich (7:1) bejaht worden.

Diesem Wahrspruch zufolge waren die Geschwornen also zu der Überzeugung gelangt, daß die Angeklagten Lubomir H***** und Dariusz C***** an der zum Tode des Thomas B*****, der Angeklagte Ryszard O***** hinwieder an der zur schweren Verletzung des Miroslav V***** führenden Tat nicht mitgewirkt hatten. Sie entfernten deshalb jeweils die auf Mittäterschaft des Lubomir H***** und Dariusz C***** am Mord sowie auf Mittäterschaft des Ryszard O***** an der absichtlichen schweren Körperverletzung bezugnehmenden Passagen aus den die anderen Angeklagten betreffenden Hauptfragen (fortlaufende Zahlen 1 bis 3) bzw Eventualfragen (fortlaufende Zahlen 13, 14 und 16) durch Streichung der Namen dieser Mitangeklagten.

Rechtliche Beurteilung

(Nur) die Angeklagten Michal P***** und Ryszard O***** bekämpfen die sie betreffenden Schuldsprüche (mit getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, mit welchen sie jeweils die Gründe des § 345 Abs 1 Z 6 und 10 a StPO geltend machen; dies jedoch nicht zu Recht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Michal P*****:

Der Sache nach wendet sich dieser Beschwerdeführer gegen beide Schuldsprüche.

Der auf die Hauptfrage 1 bezogene Einwand, daß durch die Formulierung der (wie ausgeführt) für jeden der vier Angeklagten (so auch für den Beschwerdeführer) gesondert gestellten - jeweils auf die Verübung des Verbrechens des Mordes durch den einen Angeklagten im Zusammenwirken mit den drei anderen Angeklagten als Mittäter lautenden - Hauptfragen eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) unterlaufen sei, weil die Hauptfragen solcherart nicht dem (die Tathandlungen der vier Angeklagten in bezug auf beide Tatopfer zusammengefaßt - wenn auch unter Benennung des jeweiligen Beitrages - darstellenden) Anklagetenor entsprächen, geht fehl.

Bei der Stellung der Hauptfragen (§ 312 StPO) ist der Schwurgerichtshof zwar grundsätzlich an den Anklagevorwurf gebunden, weshalb der Inhalt dieser Fragen nicht nur in Ansehung des gesetzlichen Tatbestandes, sondern auch hinsichtlich des konkreten Sachverhaltes - und zwar dem Beschwerdevorbringen zuwider ungeachtet allfälliger anderer Beweisergebnisse, die nur in einer (vom Beschwerdeführer nicht reklamierten) Eventualfrage (§ 314 StPO) Berücksichtigung finden könnten, - mit der Anklage übereinstimmen muß (vgl Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 1 ff zu § 312). Welche Tatsachen oder welche Angeklagten in einer an die Geschwornen gestellten Frage zusammenzufassen oder zum Gegenstand besonderer Fragen zu machen sind, liegt im Ermessen des Schwurgerichtshofes (§ 317 Abs 2 StPO). Die Verbindung oder Teilung von Fragen ist aus dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nur anfechtbar, wenn der Schwurgerichtshof den Geschwornen durch Form und Inhalt der Fragestellung entgegen der Vorschriften der §§ 312 bis 317 (Abs 1 und Abs 3) StPO die vollständige Prüfung und die erschöpfende Beurteilung des Sachverhaltes unmöglich macht oder die Gefahr einer pauschalen Beurteilung der zusammengefaßten Fragen ohne sorgfältige Prüfung der Schuld im Einzelfall heraufbeschwört und solcherart den Ermessensbereich überschreitet (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 5, 6a zu § 317).

Da dem Angeklagten P***** eine im einverständlichen Zusammenwirken mit den Mitangeklagten (als Mittäter) verübte Mordtat zum Vorwurf gemacht wurde, entspricht die gerügte Zusammenfassung der Tathandlungen (Zufügen von Schlägen, Fußtritten und Messerstichen) in den (für jeden Angeklagten unter wechselseitiger Benennung der jeweiligen Mittäter getrennt gestellten) Hauptfragen dem Gesetz. Den Geschwornen - die in der schriftlichen Rechtsbelehrung zutreffend über die Voraussetzungen der Mittäterschaft belehrt worden waren - blieb es unbenommen, die Schuldfrage bezüglich des Beschwerdeführers P***** bloß teilweise zu bejahen und dadurch den Umfang seiner Mitwirkung nach ihrer Überzeugung zu beschränken (auf eine derartige Möglichkeit wurden die Geschwornen mehrfach, nämlich in der allgemeinen Rechtsbelehrung, in den Erläuterungen in der Antwortrubrik des Fragenformulars sowie in der besonderen Rechtsbelehrung hingewiesen) oder zur Gänze zu verneinen und eine Tatbeteiligung des Beschwerdeführers in den die anderen Angeklagten betreffenden Fragen auszuschalten (§ 330 Abs 2 StPO, Mayerhofer-Rieder aaO, ENr 30 zu § 317), was in Ansehung der Angeklagten Lubomir H***** und Dariusz C***** tatsächlich der Fall war.

Die den Geschwornen vorgelegten Hauptfragen tragen daher (und zwar in beiden Schuldspruchsfakten) den im § 312 Abs 1 StPO normierten Erfordernissen einer ausreichenden Tatkennzeichnung hinlänglich Rechnung. Der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang herangezogene Inhalt der auf die "Stichwunden" verweisenden Niederschrift der Geschwornen kann nicht zum Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde gemacht werden (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 10 zu § 331).

Aber auch die Tatsachenrüge (Z 10 a) des Angeklagten P***** erweist sich als nicht berechtigt.

Denn dem Beschwerdevorbringen zuwider ergeben sich bei sorgfältiger Prüfung der Gesamtheit der aktenkundigen Verfahrensergebnisse (insbesondere unter Berücksichtigung der Angaben der Mitangeklagten und des Zeugen Miroslav V*****) ausreichende Indizien für die dem Wahrspruch zugrunde liegende Annahme eines vom gemeinsamen Tötungsvorsatz getragenen Zusammenwirkens des Beschwerdeführers und des Mitangeklagten O***** im Fall B***** (Hauptfragezahl 1) und der in einem ebenso einvernehmlichen Zusammenwirken mit H***** und C***** verübten absichtlichen Zufügung schwerer Verletzungen im Fall V***** (Hauptfragezahl 13). Soweit der Beschwerdeführer aktenmäßige Grundlagen einer auf Herbeiführung des Todes des Thomas B***** abzielenden "Vereinbarung" vermißt, übersieht er, daß ein spontan entstandener gemeinsamer Vorsatz und ein konkludentes Einverständnis für die Annahme eines bewußten und gewollten Zusammenwirkens genügen (Leukauf-Steininger3 RN 23 zu § 12 StGB).

Im übrigen trachtet der Angeklagte P***** durch punktuell isoliertes Hervorheben von Details aus den Bekundungen der Mitangeklagten und des Opfers V***** über sein Verhalten am Tatort (bloß) einer gegenüber den im Verdikt enthaltenen Tatsachenfeststellungen für ihn günstigeren Tatversion zum Durchbruch zu verhelfen, ohne - unter Außerachtlassung der Verpflichtung des Gerichtes zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene - Mängel der Sachverhaltsermittlung oder an Hand des Akteninhaltes eine Basis für schwerwiegende Zweifel an der Richtigkeit des im Wahrspruch konstatierten Tatsachensubstrats darlegen zu können.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ryszard O*****:

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO behauptet auch dieser Angeklagte eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung. Der Beschwerde zuwider ist jedoch nach Lage des Falles eine Fragestellung nach Begehung der Tat im Zustand voller Berauschung (Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit im Sinn § 11 StGB und Eventualfrage nach dem Vergehen nach § 287 StGB - Dreifragenschema) zu Recht unterblieben.

Nach der Vorschrift des § 314 StPO hat der Schwurgerichtshof zu prüfen, ob die (über den Rahmen abstrakt denkbarer Möglichkeiten und bloßer Mutmaßungen hinausgehenden) in der Hauptverhandlung vorgebrachten und im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände geeignet sind, dem Sachverhalt, der den Gegenstand der Hauptfrage bildet, durch Wegfall oder Änderung einzelner Deliktsmerkmale eine andere (nicht einem strengeren Strafgesetz unterfallende) juristische Gestaltung zu geben; nur in einem solchen Fall ist eine Eventualfrage nach einem milderen Straftatbestand zu stellen (vgl uva Mayerhofer-Rieder aaO ENr 36, 51 73; Foregger-Serini-Kodek StPO5 Erl II jeweils zu § 314).

Da aber in der Hauptverhandlung keine Tatsachen vorgebracht wurden, die - ihre Richtigkeit vorausgesetzt - die Annahme der Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten Ryszard O***** zur Tatzeit wegen Volltrunkenheit und damit einen von der Hauptfrage abweichenden (milderen) Schuldspruch nach dem § 287 StGB zuließen, bestand für den Schwurgerichtshof auch kein Anlaß, eine entsprechende Zusatzfrage (§ 313 StPO) in Richtung § 11 StGB und Eventualfrage (§ 314 StPO) nach § 287 StGB zu stellen.

Nach ständiger Rechtsanwendung ist nämlich dann, wenn - wie hier - die (für eine volle Berauschung an sich nicht genug aussagekräftigen) Trinkmengen und Trinkzeiten nicht mehr objektivierbar sind, das gesamte Verhalten des Täters vor, während und nach der Tat als Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung des Umfanges seiner physischen und psychischen Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt heranzuziehen. Typische äußere Kennzeichen und Indizien für eine (rechtlich durch das Fehlen der Diskretions- und/oder Dispositionsfähigkeit charakterisierte) volle Berauschung sind im allgemeinen ungenügende zeitliche und örtliche Orientierung des Täters, Sinnlosigkeit seines Handelns, Erinnerungsverlust in bezug auf die Tatereignisse und auffallender Gegensatz zu seinem Charakter (vgl mwN Leukauf-Steininger aaO RN 28 zu § 11 und RN 9 zu § 287; Foregger-Serini-Kodek StGB5 Erl III zu § 287).

War der Täter hingegen - wie der Angeklagte O***** - imstande, sich vor, bei und nach der Tat situationsgemäß zu verhalten, die strafbare Handlung zielgerichtet und sinnvoll auszuführen, den Zweck und die Tragweite seines Vorgehens richtig zu erfassen und alle maßgeblichen Umstände seiner Handlungsweise zu schildern, ist Volltrunkenheit in der Regel auszuschließen.

Der Angeklagte Ryszard O***** hat sich selbst nie auf eine seine Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit ausschließende volle Berauschung berufen. Er war in der Lage, unmittelbar nach der Tat aus Angst vor Entdeckung durch den aufmerksam gewordenen Nachbarn gemeinsam mit seinen Komplizen durch das Fenster der Tatwohnung zu fliehen. Aus seiner Verantwortung vor dem Sicherheitsbüro sind Anhaltspunkte für eine wesentliche Alkoholisierung zur Tatzeit nicht zu entnehmen; vielmehr konnte er die Ereignisse vor, während und nach der Tat genau schildern; er erinnerte sich auch an konkrete Einzelheiten (darunter die Marke der von ihm getragenen Schuhe, die Motive für die Tat und den Grund, warum er das Gesicht des eben getöteten Opfers mit Kleidungsstücken bedeckte - AS 155 ff, 161 ff/Band II), während er die Wirkung der gemeinsam mit den anderen Angeklagten - teils unter Einbeziehung der Tatopfer - konsumierten Spirituosen nicht weiter erwähnte. Erst vor dem Untersuchungsrichter behauptete der Beschwerdeführer, "betrunken" gewesen zu sein (AS 175 a/II), vermochte allerdings auch in dieser Einvernahme die näheren Umstände vor der Tat (Treffen mit den späteren Komplizen im Schweizergarten, Anlaß des Besuches des Tatopfers V*****, Mitnahme einer Flasche Wodka), seine eigenen Tathandlungen sowie jene der Mitangeklagten P***** und H***** detailliert darzulegen. Dies trifft schließlich auch auf seine Einlassung vor dem erkennenden Gericht zu, wo er sich zwar als zur Tatzeit "stark alkoholisiert" bezeichnete (und auch - allerdings nur einmal - "ins Schwanken" geraten sein will - AS 248, 249/IV, nachdem er den Tag über "Wein und Wodka" getrunken habe), jedoch Einzelheiten der relevanten Ereignisse nach wie vor konkret wiedergeben konnte.

Es kann sohin - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen (ON 136 und AS 262/IV) - von einer zur Tatzeit vorgelegenen ungenügenden Orientierung in Zeit und Raum oder von einem völligen Erinnerungsverlust in bezug auf den Tatablauf, wie sie für einen Vollrausch typisch sind, keine Rede sein. Da sich auch aus der Verantwortung der Mitangeklagten kein hinlänglicher Anhaltspunkt für einen Vollrausch ergibt, war die reklamierte Fragestellung nicht indiziert.

Schließlich versagt aber auch die Tatsachenrüge (Z 10 a) des Angeklagten O*****.

Soweit dieser Angeklagte zum einen die Richtigkeit der zur subjektiven Tatseite getroffenen Tatsachenannahmen im Wahrspruch der Geschwornen mit der Behauptung, die Annahme eines bedingten Vorsatzes gründe sich "nicht auf eine Zeugenaussage oder auf gesicherte Indizien", in Zweifel zu ziehen trachtet, vermag er keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Denn den aus den Akten ersichtlichen Verfahrensergebnissen - vor allem die eigenen Angaben vor der Sicherheitsbehörde, wonach er dem Tatopfer Thomas B***** in "Tötungsabsicht" Faustschläge und Fußtritte zugefügt hat (AS 157, 161/II) - können hinlängliche Indizien für den dem Beschwerdeführer angelasteten Tötungsvorsatz (jedenfalls in Form des hiezu ausreichenden dolus eventualis - § 5 Abs 1 StGB) entnommen werden.

Zum anderen ist es dem Beschwerdeführer bei Geltendmachung der Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 10 a StPO verwehrt, die Annahme des Tötungsvorsatzes mit der Behauptung angeblicher Verfahrensergebnisse über eine volle Berauschung zu bezweifeln. Denn diese war nicht Gegenstand der von den Geschwornen beantworteten Fragen. Ist nämlich eine Frage über Tatsachen, die nach dem Beschwerdevorbringen Gegenstand des Wahrspruches der Geschwornen hätten sein sollen (hier:

ein die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers ausschließender Rauschzustand), gar nicht gestellt worden, kann dies nur (als Mangel der Fragestellung) mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 6 leg. cit. - wie im vorliegenden Fall ohnehin, aber erfolglos unternommen - bekämpft werden (vgl. JUS-St 1989/135 = 14 Os 190/88; 13 Os 133/89; 16 Os 22, 23, 37/91 mwN).

Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über die Angeklagten Freiheitsstrafen, und zwar über Michal P***** nach dem § 75 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und unter Anwendung des § 5 Z 2 lit a JGG in der Dauer von zehn Jahren, über Ryszard O***** nach dem § 75 StGB in der Dauer von fünfzehn Jahren, über Lubomir H***** nach dem § 87 Abs 1 StGB in der Dauer von vier Jahren sowie über Dariusz C***** nach dem § 87 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG in der Dauer von zwei Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es die besondere Brutalität des Vorgehens, bei P***** auch das Zusammentreffen zweier Verbrechen, eine einschlägige Vorverurteilung sowie den überaus raschen Rückfall als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber den Beitrag der Angeklagten zur Wahrheitsfindung als mildernd.

Die Angeklagten P*****, O***** und H***** streben mit ihren Berufungen die Herabsetzung der Freiheitsstrafen, O***** ausdrücklich auch die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung an.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft die Strafaussprüche bei den Angeklagten P***** und O***** mit Berufung, den bei P***** unterbliebenen Widerruf der bedingten Nachsicht des Strafteils von sechs Monaten aus dem Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 21. November 1990, GZ 2 a Vr 1074/90-33, mit Beschwerde.

Lediglich die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sind berechtigt.

Wie die Anklagebehörde eingehend darlegt, erweist sich der Unrechtsgehalt der von den Angeklagten jeweils zu verantwortenden Verbrechen als extrem hoch. Die Tathandlungen und die Taterfolge ergeben vor allem in Anbetracht der von einem hemmungslosen Verletzungs- bzw bei P***** und O***** auch Tötungswillen getragenen brutalen, qualvollen und mitleidlosen Vorgangsweise gegen die wehr- und hilflosen Tatopfer einen Gesinnungs- und Handlungsunwert, der aus spezial- und generalpräventiver Sicht ein Strafmaß in der Nähe der Obergrenze der gesetzlichen Strafdrohung erfordert.

Die von den Angeklagten, insbesonders von O***** und H*****, in ihren Berufungen ins Treffen geführten weiteren mildernden Umstände (bisherige Unbescholtenheit im Inland, Alkoholbeeinträchtigung etc.) treten bei dem Ausnahmecharakter der vorliegenden Fallgestaltung in den Hintergrund.

Bei den Angeklagten P***** und O***** war daher in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft im spruchgemäßen Umfang mit der Erhöhung der vom Erstgericht verhängten Strafen vorzugehen. Der Berufung des Angeklagten H***** konnte bei dem dargelegten Gewicht des Tatunrechts kein Erfolg beschieden sein.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten P***** und O***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Im Sinn der zutreffenden Ausführungen der Beschwerde der Staatsanwaltschaft erwies sich auch der Widerruf der bedingten Nachsicht des mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 21. November 1990, GZ 2 a Vr 1074/90-33, über Michal P***** verhängten Straf-Teils von sechs Monaten geboten, um den Angeklagten P***** angesichts der Wirkungslosigkeit dieser zunächst gewährten Rechtswohltat sowie in Anbetracht der neuerlichen Verurteilung wegen gravierender Straftaten innerhalb der gewährten Probezeit von weiteren strafbaren Handlungen wirkungsvoll abzuhalten (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO).

Auch im Interesse der endgültigen Miterledigung noch offener bedingter Unrechtsfolgen war daher in der Straffrage spruchgemäß vorzugehen (Foregger-Serini MKK5, § 53 StGB Erl II).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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