OGH 11Ns19/11z

OGH11Ns19/11z14.4.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günter O***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB in dem zu AZ 10 U 9/11g des Bezirksgerichts Hartberg und AZ 32 U 21/11f des Bezirksgerichts Donaustadt zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Das Hauptverfahren ist vom Bezirksgericht Donaustadt zu führen.

Text

Gründe:

Mit Strafantrag vom 19. Jänner 2011 legte die Staatsanwaltschaft Wien Günter O***** im Tatzeitraum 1. Juli 2005 bis 13. Jänner 2011 in 1150 Wien begangene und als Vergehen nach § 198 Abs 1 StGB beurteilte Verhaltensweisen zur Last (ON 12).

Nach vorangegangener Abtretung durch das Bezirksgericht Fünfhaus trat das Bezirksgericht Donaustadt das gegenständliche Verfahren am 1. März 2011 dem Bezirksgericht Hartberg ab. Es vertrat dabei im Wesentlichen die Rechtsauffassung, der Angeklagte sei nach eigenen Angaben im Sprengel des Bezirksgerichts Hartberg wohnhaft, habe zuletzt bis Dezember 2010 keinen Unterhalt geleistet und demnach das Delikt jedenfalls an seinem Wohnort begangen.

Das Bezirksgericht Hartberg bezweifelte demgegenüber seine Zuständigkeit und legte den Akt an den Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor (§ 38 letzter Satz StPO).

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Für das Hauptverfahren ist gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO primär das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Gemäß § 67 Abs 2 StGB ist die Straftat unter anderem an jenem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder handeln hätte sollen.

Beim Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB ist dies jener Ort, an dem der Unterhaltspflichtige die Unterhaltszahlungen leisten soll.

Mit Blick auf den Charakter der Unterhaltsschuld als Bringschuld muss der Unterhalt am Aufenthaltsort des Kindes sichergestellt werden (RIS‑Justiz RS0108476; EFSlg 116.309; Reischauer in Rummel³ § 905 Rz 21; Kietaibl in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.00 § 905 Rz 17; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht5 75).

Ausgehend davon ist nicht nur der Wohnsitz des Unterhaltspflichtigen - als Ort des Beginns des gebotenen Tuns ‑ als Tatort anzusehen (vgl 13 Ns 9/11v; Nordmeyer, WK‑StPO § 25 Rz 1; Markel in WK2 § 198 Rz 23), sondern auch der Wohnsitz des unterhaltsberechtigten Kindes, bei dem der Unterhalt letztlich abzuliefern ist.

Beim Vergehen nach § 198 Abs 1 StGB handelt es sich überdies um ein Dauerdelikt (Markel in WK2 § 198 Rz 64), demnach ist bei Wohnsitzwechsel innerhalb des Deliktszeitraums jeder Wohnsitz des Unterhaltspflichtigen als Tatort anzusehen (Nordmeyer, WK‑StPO § 25 Rz 1).

Wenngleich § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO den Sonderfall des Dauerdelikts nicht ausdrücklich regelt, kommt in dieser Bestimmung, wonach das Verfahren im Fall mehrerer Straftaten dem Gericht zukommt, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt, der Grundsatz der Anknüpfung an das frühere kriminelle Handeln zum Ausdruck (vgl 13 Ns 9/11v).

Nachdem der Strafantrag einen präsumtiven Tatzeitraum vom 1. Juli 2005 bis 13. Jänner 2011 umfasst und sowohl der Wohnsitz der Unterhaltsberechtigten (ON 17 und ON 18), als auch jener des Angeklagten (ON 15) zu Beginn dieses Zeitraums in 1220 Wien lag, ergibt sich daraus die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Donaustadt.

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