OGH 10Os99/86

OGH10Os99/8625.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas K*** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27.Mai 1986, GZ 30 Vr 378/85-53, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, des Angeklagten Thomas K*** und des Verteidigers Dr. Preissecker zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, zu Pkt. 1.2. im Ausspruch, der Angeklagte habe die ihm angelastete Täuschung unter Benützung einer falschen Urkunde, und zwar durch die Unterfertigung einer Tankrechnung mit dem falschen Namen Walter V***, begangen, sowie in der rechtlichen Beurteilung des ihm darnach weiterhin zur Last fallenden Tatverhaltens nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB und demzufolge auch im Strafausspruch - jedoch unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs nach § 38 StGB - aufgehoben; in diesem Umfang wird nach § 288 Abs 2 Z 3 StPO unter Neufassung des Urteilsspruchs in der Sache selbst erkannt:

Thomas K*** ist weiters schuldig,

1.2. am 14.Oktober 1985 in Leonding

a) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Stefan K*** durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch das Vortäuschen seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, zum Betanken seines PKWs, also zu einer Handlung verleitet zu haben, die den Genannten um 269 S am Vermögen schädigte; sowie

b) durch das Unterfertigen einer ihn betreffenden Kredit-Rechnung über 269 S mit dem falschen Namen "Walter V***" eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz hergestellt zu haben, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines dementsprechenden Forderungsrechtes des Stefan K*** gebraucht werde.

Er hat hiedurch

zu Pkt. 1.2.a in Verbindung mit der ihm laut Pkt. III. des im ersten Rechtszug ergangenen Urteils vom 25.Juli 1984 (ON 29) zur Last liegenden Tat - das Vergehen des Betruges nach § 146 StGB; sowie zu Pkt. 1.2.b - das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB

begangen und wird hiefür sowie für die übrigen strafbaren Handlungen, deren er mit dem angefochtenen sowie mit dem im ersten Rechtszug ergangenen Urteil (rechtskräftig) schuldig erkannt wurde, und zwar für das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB (Pkt. 1.1.) und die Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Täuschung nach §§ 108 Abs 1, 15 StGB (Pkt. 1.3.) sowie der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Pkte I.1., II.a und b), nach §§ 28 Abs 1, 142 Abs 2 StGB unter Bedacht auf die Entscheidungen des Bezirksgerichtes Linz vom 29.Jänner 1986, AZ 18 U 1744/85, und des Bezirksgerichtes Saalfelden vom 5. Februar 1986, AZ U 6/86, zu einem Jahr Zusatz-Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird ihm diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Thomas K*** (im zweiten Rechtsgang) auch (1.1.) des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie des Vergehens (1.2.) des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach liegt ihm zur Last,

(zu 1.1.) am 6.Jänner 1984 in Linz durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für die körperliche Integrität, sohin für Leib oder Leben, und zwar durch die sinngemäße Äußerung "Was bezahlst du freiwillig, wenn ich dir nichts mehr antue?", dem Manfred F*** 33,40 S Bargeld, einige Zigaretten und ein Plastikfeuerzeug, also fremde bewegliche Sachen, mit dem Vorsatz abgenötigt zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an Sachen geringen Wertes begangen wurde und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat; sowie

(zu 1.2.) am 14.Oktober 1985 in Leonding den Tankwart Stefan K*** mit dem Vorsatz, sich durch dessen Verhalten unrechtmäßig zu bereichern, durch das Vortäuschen seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, ferner durch die Behauptung, Walter V*** zu heißen, und durch die Unterfertigung einer Tankrechnung mit diesem falschen Namen, sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer falschen Urkunde, zum Betanken seines Fahrzeugs, also zu einer Handlung verleitet zu haben, die den Genannten um 269 S am Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Der nur gegen diese Schuldsprüche gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Nicht stichhältig ist die Mängelrüge (Z 5) zum Faktum 1.1. Dem Beschwerdevorbringen zuwider werden nämlich im Urteil sehr wohl jene Erwägungen dargelegt, aus denen das Erstgericht den bei der polizeilichen Sachverhaltsermittlung deponierten Angaben der Zeugen F*** und S*** (trotz "nicht geringer" Widersprüche) vor ihren Bekundungen in der Hauptverhandlung den Vorzug gab (US 7 bis 9) und warum es als erwiesen annahm, daß der Angeklagte nicht bloß die auf Grund seiner vorangegangenen Tätlichkeiten bereits wirksam gewesene Angst des Tatopfers vor ihm bemerkt, sondern letzteres zudem mit der inkriminierten Äußerung vorsätzlich in dessen körperlicher Integrität bedroht hat (US 9).

Mit seinen Gegenargumenten in bezug auf die Bewertung der in Rede stehenden Zeugenaussagen gleichwie seiner eigenen niederschriftlichen Darstellung bei der Polizei ficht der Beschwerdeführer nur nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an; von einer Aktenwidrigkeit oder sonst einem formellen Begründungsmangel des Urteils im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes kann insoweit keine Rede sein. Völlig unzutreffend schließlich ist die Behauptung, das Schöffengericht habe nicht festgestellt, warum F*** dem Angeklagten das Geld, Zigaretten sowie das Feuerzeug ausgefolgt habe, und es habe die Möglichkeit offen gelassen, daß die dem Letztgenannten angelastete Äußerung nur "eine Frage gewesen" sei (US 5, 9).

Auch zum Faktum 1.2. schlägt die Mängelrüge (Z 5) nicht durch, weil die Entscheidungsgründe in Ansehung des Ausspruchs, der Betrug sei unter Benützung einer falschen Urkunde begangen worden, entgegen den dahingehenden Beschwerdebehauptungen keineswegs eine bloße Wiederholung des Urteilsspruchs darstellen (US 6 f.) und in Verbindung mit dem Tenor (US 2) eindeutig erkennen lassen, daß das Erstgericht den Gebrauch einer derartigen Urkunde durch den Angeklagten insofern annahm, als er die ihm von K*** vorgelegte Rechnung mit einem falschen Namen unterfertigte.

Dementsprechend entbehrt aber die Rechtsrüge (Z 10) einer gesetzmäßigen Ausführung, weil sie mit dem (lediglich in eine andere Richtung hin zutreffenden und insoweit noch zu erörternden) Einwand, daß "ausgehend von den Feststellungen des Urteils ... die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 StGB nicht vorliegt", an dessen nachfolgende inhaltliche Darstellung das Rechtsmittelgericht gebunden ist (§ 290 Abs 1 erster Satz StPO), von der urteilsfremden Annahme ausgeht, das Schöffengericht habe die Benützung einer falschen Urkunde durch den Beschwerdeführer darin erblickt, daß er sich gegenüber dem Tankwart mit dem Zulassungsschein des Walter V*** auswies (US 6 f.); Nichtigkeitsgründe, mit denen eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung reklamiert wird, können indessen nur mit Bezug auf deren tatsächlichen Inhalt prozeßordnungsgemäß dargestellt werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus deren Anlaß hat sich jedoch der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil insofern an einer vom Angeklagten nicht geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeit (Z 10) leidet, als ihm zum Faktum 1.2. die (nach dem Gesagten prozeßordnungswidrig bekämpfte) Qualifikation nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB in der Tat zu Unrecht angelastet wurde.

Denn die Benützung einer falschen Urkunde wirkt nach dem klaren Wortlaut dieser Strafbestimmung nur dann qualifizierend, wenn sie zum Zweck der für den Betrug tatbestandsmäßigen Täuschung, also zur Herbeiführung der für die selbstschädigende Handlung des Tatopfers kausalen Irreführung, vorgenommen wird; im vorliegenden Fall trat aber der Schaden des getäuschten Tankwarts schon mit der Abgabe des Benzins in den Tank des vom Beschwerdeführer gelenkten PKWs ein (vgl EvBl 1984/17), wobei dieses Betanken lediglich durch das Vortäuschen der Zahlungsfähigkeit und der Zahlungswilligkeit des Täters ausgelöst wurde, nicht aber durch die erst nachher realisierte Täuschung über dessen Identität durch die (von einem urteilsmäßigen Verfolgungsvorbehalt erfaßte) Verwendung eines fremden Zulassungsscheines oder durch die der bekämpften Qualifikation zugrunde gelegte Benützung einer mit einem fremden Namen unterfertigten, also falschen Urkunde.

Wohl aber hat der Angeklagte die durch die Unterfertigung dieser Kredit-Rechnung des Tankwarts über 269 S mit einem falschen Namen begangene Herstellung einer falschen Urkunde (§ 74 Z 7 StGB), die dem Getäuschten zum Nachweis der betreffenden Forderung gegen ihn dienen sollte, als Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB zu verantworten.

In diesem Sinn war demnach das angefochtene Urteil zugunsten des Beschwerdeführers im Schuldspruch zu Pkt. 1.2. unter teilweiser Neufassung von Amts wegen wie im Spruch zu korrigieren (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Dies hatte auch die Aufhebung des Urteils im Strafausspruch - allerdings unter Aufrechterhaltung des Ausspruches nach § 38 StGB - und dementsprechend die Neubemessung der nach §§ 28 Abs 1, 142 Abs 2 StGB über ihn zu verhängenden Strafe zur Folge. Dabei wurden die vier einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, sein äußerst rascher Rückfall nach seiner letzten Vorverurteilung im Verfahren zum AZ 18 U 1141/84 des Bezirksgerichtes Linz (am 16. Dezember 1983 - Faktum II.b hier: 22.Dezember 1983), das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit vier Vergehen, die (zum Teil mehrmalige) Wiederholung des Betruges, der Täuschung und der Körperverletzung sowie die Begehung von sieben Straftaten während der Anhängigkeit dieses Verfahrens als erschwerend, sein Alter unter 21 Jahren zu den Tatzeiten des Raubes (1.1.), der Körperverletzung (I.1., II.a und b) und einer Betrugstat (III.), seine Enthemmung durch Alkohol beim Raub, der Umstand, daß die Täuschung in einem Fall beim Versuch blieb, und sein teilweises Geständnis hingegen als mildernd gewertet; für eine (in der Berufung behauptete) Tatbegehung aus bloßer Unbesonnenheit jedoch boten die Verfahrensergebnisse keinen Anhaltspunkt.

Außerdem war auf das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 29. Jänner 1986, GZ 18 U 1744/85-8 (60 Tagessätze Geldstrafe wegen des Diebstahls von 500 S Bargeld), sowie auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Saalfelden vom 5.Februar 1986, GZ U 6/86-3 (60 Tagessätze Geldstrafe wegen des Diebstahls von 550 S Bargeld), Bedacht zu nehmen (§ 31 StGB).

Bei einer gemeinsamen Aburteilung aller dem Angeklagten nach dem Ergebnis des vorliegenden Verfahrens sowie der beiden soeben angeführten Zwischen-Verurteilungen zur Last fallenden zwölf Straftaten, mit denen er sechs verschiedene Tatbestände verwirklicht hat, wäre darnach, insbesondere im Hinblick auf die Vielzahl der abzuurteilenden Taten und die Begehung des größeren Teiles davon während der Anhängigkeit dieses Verfahrens, seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) entsprechend, die über ihn zu verhängende Freiheitsstrafe keinesfalls mit einer geringeren Dauer als vierzehn Monaten auszumessen gewesen; da im Hinblick auf § 290 Abs 2 StPO eine Anhebung des Strafmaßes nicht in Betracht kam, war die Zusatz-Freiheitsstrafe (§ 40 StGB) demzufolge mit einem Jahr zu bemessen.

Die bedingte Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB mußte im Hinblick auf die Wirksamkeit des Verschlimmerungsverbots nach § 290 Abs 2 StPO - welches dem Obersten Gerichtshof eine Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle verwehrte - neuerlich gewährt werden.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemssung zu verweisen.

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