OGH 10Os92/84

OGH10Os92/844.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini (Berichterstatter), Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Radosztics als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Ingrid A wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach § 146, 147 Abs 2, 148 (erster Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Februar 1984, GZ 8 b Vr 815/83-29 nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, der Angeklagten und des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Apothekerin Mag. Ingrid A des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßig begangenen Betruges nach § 146, 147 Abs 2, 148 (erster Fall) StGB schuldig erkannt. Darnach liegt ihr (sinngemäß zusammengefaßt) zur Last, in der Zeit von Ende 1980 bis Ende 1982 in Wien im einverständlichen Zusammenwirken mit dem (inzwischen verstorbenen) Arzt Dr. Fritz B in zahlreichen Angriffen mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich und jenen unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der C D durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die mit dem Einreichen von Rezepten verbundene Vorgabe, die darauf verzeichneten Medikamente an die betreffenden Patienten ausgefolgt zu haben - wogegen sie in Wahrheit den genannten Arzt, der diese Rezepte ausgestellt hatte, dafür mit wertgleichen anderen Apothekerwaren zur Deckung seines persönlichen Bedarfs versorgt hatte -, zur Bezahlung der bloß scheinbar verordneten und ausgegebenen Medikamente (abzüglich der Rezeptgebühren) an sie verleitet zu haben, welche die bezeichnete Krankenkasse um ingesamt 75.000 S am Vermögen schädigte und wobei sie den Betrug gewerbsmäßig beging.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Die Beschwerdeführerin hatte die ihr angelasteten betrügerischen Manipulationen in Abrede gestellt und nur zugestanden, die rezeptierten Medikamente in Wahrheit nicht (wie vorgetäuscht) an die betreffenden Patienten, sondern en bloc an Dr. B abgegeben zu haben, doch sei sie auf Grund seiner Zusicherungen überzeugt gewesen, jener werde sie bestimmungsgemäß an seine (Kassen-) Patienten vergeben; die (von ihm jeweils verlangten) anderen Apothekerwaren (für seinen eigenen Bedarf) aber habe er durchwegs zusätzlich erhalten und in jedem Fall, teils im Weg einer Verrechnung gegen einen (ihm auf alle von ihr bezogenen Waren gewährten) 20

%igen Rabatt (abzüglich der Rezeptgebühren) sowie im übrigen bar, selbst bezahlt (S 95 bis 97, 137, 194 bis 199, 469 bis 474). Dieser einen Schädigungsvorsatz gegenüber der Krankenkasse leugnenden Verantwortung der Angeklagten zuwider nahm jedoch das Schöffengericht als erwiesen an, daß sie die in Rede stehenden anderen Apothekerwaren, und zwar Verhütungsmittel, Vitaminpräparate, Geriatrika und Kosmetika, im eingangs bezeichneten Umfang, vorsätzlich anstatt der rezeptierten Medikamente an den genannten Arzt abgab und sich sodann unrechtmäßigerweise von der Kasse bezahlen ließ, wobei - ihrer Absicht entsprechend - letzten Endes nicht nur jener (durch den Gratisbezug), sondern auch sie selbst (durch ihren rund 50 %igen Gewinn aus dem betreffenden Umsatz) vom Betrug fortlaufend profitierte (S 480 bis 486).

Dagegen erhebt die Beschwerdeführerin den Vorwurf (Z 5), das Erstgericht habe sich mit ihrer vorerwähnten Darstellung, wonach der private Warenbezug des Dr. B von ihr 'einen 20 % Rabatt dargestellt' habe und zwischen ihnen 'direkt verrechnet' worden sei, insofern nicht ausreichend auseinandergesetzt, als es sich nicht mit der Frage befaßt habe, auf welche Weise bei einem den Feststellungen entsprechenden Tatgeschehen die Einlösung der Rezepte durch sie bei der Krankenkasse realisiert worden sei und wie die Abgabe von 'nicht rezeptierbaren' (gemeint: nicht mit der Kasse verrechenbaren) Präparaten in einer 'zuführenden' (soll wohl heißen: zielführenden) Buchhaltung habe untergebracht worden sein sollte. In beide Richtungen hin geht die Mängelrüge fehl.

Denn in Ansehung der Beschreibung des bei der 'Einlösung' der Rezepte durch die Angeklagte eingehaltenen Vorgangs läßt die Beschwerde nicht nur die Anführung bestimmter Verfahrensergebnisse, die insoweit übergangen worden wären, sondern überhaupt jegliche Erläuterung dahin vermissen, inwiefern aus diesem Vorgang ein Anhaltspunkt für die Richtigkeit ihrer vom Schöffengericht als widerlegt angesehenen Verantwortung darüber zu gewinnen gewesen wäre, welche Waren sie wirklich an den Arzt abgegeben und wie sie letztere mit ihm verrechnet hatte; in bezug auf ihre Buchhaltung aber hat sie selbst ausdrücklich bekundet, daß über die hier interessierenden Verrechnungsvorgänge keinerlei Unterlagen (mehr) vorliegen (S 97, 196).

Von der behaupteten Unvollständigkeit des Urteils kann demnach keine Rede sein.

Rechtlich hinwieder ist es weder für die Annahme der Tatbestandsverwirklichung durch die Angeklagte (sachlich Z 9 lit a) noch für jene einer Gewerbsmäßigkeit ihres Verhaltens (hier sachlich, weil es sich um die strafbestimmende Qualifikation handelt, Z 11) von Belang, ob und in welchem Ausmaß sie den mit der Tat angestrebten Gewinn letzten Endes auch tatsächlich erzielt hat:

gehört doch der wirkliche Eintritt einer Bereicherung des Täters oder eines Dritten (als tatbestandsmäßiges Ziel des Betruges) nicht mehr zum Tatbild dieses Delikts (§ 146 StGB), und auch für die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehung (§ 70, 148 StGB) genügt es, wenn zur Tatzeit die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) des Täters darauf gerichtet war, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Straftaten eine aus der Steigerung der gewinnbringenden Umsätze resultierende fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Davon abgesehen aber ergibt sich aus den Urteilsfeststellungen ohnehin unmißverständlich, daß sich der von der Beschwerdeführerin - ihrer Absicht entsprechend - durch den Betrug tatsächlich erzielte wirtschaftliche Gewinn letzten Endes auf 50 % des von ihr an Dr. B insgesamt umgesetzten und von der Gebietskrankenkasse täuschungsbedingt zu Unrecht (abzüglich der Rezeptgebühren) bezahlten Warenwertes belief und demgemäß keineswegs durch den (bloß) 20 %igen Rabatt verlorengehen konnte, den sie dem Genannten (unabhängig von den hier inkriminierten Manipulationen) auf alle von ihm bezogenen Waren gewährte. Mit dem Einwand, die Angeklagte habe deshalb nicht gewerbsmäßig gehandelt, weil sie nur für den Arzt, nicht aber (auch) für sich selbst eine fortlaufende Einnahme angestrebt (und erzielt) habe, oder aber das Urteil enthalte jedenfalls keine Feststellungen darüber, läßt die Rechtsrüge (Z 11) demnach, weil sie nicht von dem darin als erwiesen angenommenen Sachverhalt ausgeht, eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen.

Für die Wertqualifikation nach § 147 Abs 2 StGB schließlich (Z 10) kommt es - wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei - nicht auf die Höhe der Bereicherung (des Täters oder des Dritten), sondern auf jene des tatbedingten (ziffernmäßig nicht unbedingt gleichen) Schadens an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte die Angeklagte nach § 37 Abs 1, 148 erster Strafsatz StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 360 Tagessätzen zu je 700 S (insgesamt somit 252.000 S), für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wurden der bisher ordentliche Wandel, zu welchem 'die Tat' in auffallendem Widerspruch steht, und die Tatverübung unter Einwirkung des verstorbenen Dr. B als mildernd gewertet; erschwerend war hingegen kein Umstand.

Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte eine Herabsetzung der Anzahl der Tagessätze - dessen jeweilige Höhe sie unbekämpft läßt - 'unter Anwendung des § 41 StGB' an.

Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Angesichts des nicht unbeträchtlichen Schuld- und Unrechtsgehaltes des Fehlverhaltens der Angeklagten kann das Ausmaß der über sie verhängten Strafe nicht als überhöht angesehen werden. Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin sprechen aber angesichts einer Reihe von weiteren einschlägigen, in letzter Zeit aufgedeckten Malversationen zum Nachteil von Krankenkassen auch generalpräventive Erwägungen gegen eine Strafermäßigung. Im übrigen aber vermag die Berufungswerberin, die selbst die Feststellung der Strafzumessungsgründe durch das Erstgericht als richtig anerkennt, keine weiteren, bei der Strafzumessung bisher unberücksichtigt gebliebenen Milderungsgründe aufzuzeigen.

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß das Begehren auf Anwendung des § 41 StGB - der lediglich in bezug auf Freiheitsstrafen zum Tragen kommen kann - im Hinblick auf die Umwandlung der im Gesetz an sich vorgesehenen Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe gemäß § 37 StGB fehl geht.

Es mußte demnach auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

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