Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten Wolfgang B verhängte Strafe auf 3 (drei) Jahre erhöht. Der Angeklagte Wolfgang B wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft sowie der Berufung des Angeklagten Alexander A nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 16.Oktober 1954 geborene Kaufmann Wolfgang B der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges, zum Teil als Beteiligter, nach den §§ 146, 147
Abs 1, Z 1 und Abs 3, 15 und 12 StGB und der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB
sowie des Vergehens der versuchten Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 15, 223 Abs 1, 224 StGB
schuldig erkannt und hiefür zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Wolfgang B nur den Schuldspruch wegen Vergehens nach den §§ 15, 223 Abs 1, 224 StGB (Punkt VI des Urteilssatzes), inhaltlich dessen ihm zur Last liegt, Ende Mai 1978 in Wien dadurch versucht zu haben, eine inländische öffentliche Urkunde mit dem Vorsatz zu verfälschen, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich seiner Identität, gebraucht werde, daß er den Reisepaß des Gerhard C von diesem (im Wiener Prater gegen Entgelt) übernahm und (darin) die Originaleintragungen betreffend das Geburtsdatum und die Körpergröße (des Gerhard C) ausradierte. Nach den weiteren, diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Urteilsfeststellungen gelang dies dem Angeklagten B aber nicht wunschgemäß, weshalb er die Verfälschung des Reisepasses (durch entsprechende Ergänzung der ausradierten Stellen) nicht vollendete. Er handelte bei diesem Fälschungsversuch mit dem Vorsatz, diesen Reisepaß (wäre dessen Verfälschung gelungen) zur Begehung von Betrugshandlungen (wie sie den Gegenstand seiner Schuldsprüche zu Punkt I und II des Urteilssatzes bilden), somit im Rechtsverkehr zum Identitätsnachweis, also zum Beweis einer Tatsache zu verwenden (Bd.
II S. 136/137, 141/142; ferner Bd. I S. 316, 375 verso und Bd. II S. 108).
Rechtliche Beurteilung
Mit dem im Rahmen der Mängelrüge erhobenen Beschwerdeeinwand, daß die Urteilsfeststellung, derzufolge er die Originaleintragungen im Reisepaß (des Gerhard C) teilweise (nämlich das dort aufscheinende Geburtsdatum und die Körpergröße des ursprünglichen Reisepaßinhabers) - bloß - ausradiert habe, in objektiver Beziehung zur (rechtlichen) Annahme einer versuchten Urkundenfälschung im Sinn der §§ 15, 223 Abs 1, 224 StGB nicht ausreiche, weil der Reisepaß in diesem Zustand (allein mit den Ausradierungen) nicht verwendungsfähig gewesen sei, sodaß insoweit ein absolut untauglicher (und daher strafloser) Versuch vorliege, macht der Beschwerdeführer in Wahrheit - weil er letztlich das Vorliegen eines strafbaren Versuchs bestreitet - den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO geltend. Dieser Rüge kommt jedoch keine Berechtigung zu.
Der Beschwerdeführer übergeht nämlich hiebei die weitere - vor allem unter Hinweis auf seine Verantwortung (Bd. II S. 108) auch mängelfrei begründete - Urteilsannahme, daß er bei Gelingen der Verfälschung den Reisepaß (wie ursprünglich beabsichtigt) auch verwendet hätte (Bd. II S. 136/137 und 141/142), sohin nach seinem Tatplan die ausradierten Stellen zunächst durch entsprechende andere Eintragungen ergänzen wollte, jedoch dann davon nur deshalb Abstand nahm, weil ihm das Ausradieren (der Eintragungen über das Geburtsdatum und die Körpergröße des ursprünglichen Reisepaßinhabers Gerhard C) nicht 'anstandslos' gelang, weshalb er sein ursprüngliches, auf den Gebrauch dieses Reisepasses (nach dessen Verfälschung) gerichtetes Vorhaben aufgab. Nach diesem sich aus dem Ersturteil ergebenden Sachverhalt zielte demnach der Beschwerdeführer mit seinem (im Ausradieren von Teilen der Reisepaßeintragungen) gelegenen Tatverhalten ursprünglich auf den Gebrauch des in den ausradierten Stellen ergänzten und somit vollständig verfälschten Reisepasses des Gerhard C und keineswegs darauf ab, diesen ohne Ergänzung der ausradierten Stellen zu verwenden. Die Tauglichkeit ist aber nicht an der mißlungenen Versuchshandlung, sondern am beabsichtigten weiteren Verhalten, das den Erfolg herbeiführen soll, zu messen (LSK. 1978/19). Es kann aber doch keineswegs gesagt werden, daß bei Gelingen des Tatplans mittels der verfälschten Urkunde niemals irgendjemand hätte getäuscht werden können.
Soweit der Beschwerdeführer (sachlich) unter der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO) einwendet, es liege im Faktum VI eine straflose Vorbereitungshandlung vor, übersieht er, daß gemäß § 15 Abs 2 StGB der Beginn der Tatausführung jedenfalls eine Versuchshandlung ist. Da der Beschwerdeführer nach den Urteilsfeststellungen Teile der Eintragungen in dem in Rede stehenden Reisepaß bereits ausradiert hatte, stellt dies zumindest den Beginn der hier (§ 223 Abs 1 StGB) allein in Betracht kommenden Tätigkeit des 'Verfälschens' und somit bereits eine Ausführungshandlung dar, sodaß von einer (straflosen) Vorbereitungshandlung keine Rede sein kann. Im Rahmen der Mängel- und Rechtsrüge (sachlich nur die Z 9 lit. b des § 281 Abs 1 StPO relevierend) wird schließlich der Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch nach dem § 16 (Abs 1) StGB behauptet. Indes fühlte sich der Angeklagte, weil ihm das Ausradieren gewisser Paßeintragungen nicht wunschgemäß gelang, außerstande, sein Ziel (nämlich die Vollendung der Verfälschung) zu erreichen (Bd. II S. 136/137). Bei Annahme eines der (weiteren) Deliktsausführung entgegenstehenden Hindernisses durch den Täter - mag dieses Hindernis auch nur in seiner Vorstellung existieren - fehlt es aber, wie jedermann einsichtig, an dem für den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch essentiellen Moment der Freiwilligkeit (LSK. 1975/49 u. a.).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagten Strafermäßigungen, die Staatsanwaltschaft Straferhöhungen sowie die Ausschaltung der bedingten Nachsicht der Strafe des Angeklagten A an. Begründet ist die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des über den Angeklagten B verhängten Strafmaßes. Ihm fallen drei Umstände zur Last, deren Gewicht die in erster Instanz gefundene Strafdifferenzierung nicht Rechnung trägt: Der Angeklagte B kann nicht zuletzt auf Grund seiner eigenen Angaben als der spiritus rector von Betrugsmanövern raffiniertester Art angesehen werden, deren Charakterisierung als förmlich generalstabsmäßig geplant in der Berufung der Staatsanwaltschaft sich mit dem Eindruck des Obersten Gerichtshofs voll und ganz deckt. Weiters hat B allein die Veruntreuung von Schmuckstücken im Wert von mehr als einer Dreiviertelmillion Schilling zu vertreten; damit hat er eine verbrecherische Initiative gesetzt, ohne welche alle weiteren Verbrechen in dieser Form nicht hätten zustande kommen können. Schließlich ist B - auch einschlägig - vorbestraft und hat seinen bisher unbescholtenen Schulfreund A buchstäblich auf die schiefe Bahn gebracht.
Die in Stattgebung der insoweit berechtigten Berufung der Anklagebehörde vorgenommene Erhöhung der Strafe BS auf drei Jahre erscheint, namentlich in Anbetracht der urteilsgegenständlichen enormen Schadenssummen durchaus maßvoll.
Hingegen erweisen sich alle anderen Berufungsanträge als unbegründet. Das trifft insonderheit auf den von der Generalprokuratur unterstützten Antrag der Staatsanwaltschaft zu, die bedingte Strafnachsicht beim Angeklagten A auszuschalten. Es darf nicht verkannt werden, daß diesem Angeklagten zugute gehalten werden muß: Sein bisher untadelhafter Wandel, die Verleitung durch B, der den Plan zu den, es sei nochmals betont, mit seltenem Raffinement ausgeführten Betrügereien nach eigenem Zugeständnis im Verfahren selbst konzipiert hat, daß A als erster ausgeforschter Täter sogleich ein volles Geständnis abgelegt hat, daß A in viermonatiger Untersuchungshaft das Strafübel des Freiheitsentzugs immerhin schon verspürt hat, was bei einem bislang Unbescholtenen gewiß von Bedeutung ist und schließlich daß A nunmehr wieder sozial integriert ist.
Nach all dem können die verschärften Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB bei A noch bejaht werden, obwohl die zusammengefaßte Schadenssumme, die A bei den vollendeten und den Versuchsfakten (als Betrug und Hehlerei) zu verantworten hat, sich auf nicht weniger als 683.000 S beläuft. Es sei der Staatsanwaltschaft und der Generalprokuratur zugegeben, daß unter diesem Gesichtspunkt freilich die im § 43 StGB ausdrücklich herausgestellten Belange der Generalprävention massiv in den Vordergrund treten. Darnach kommt die von A begehrte Strafermäßigung nicht in Frage.
Aus dem Gesagten folgt aber zugleich, daß angesichts der offenbaren Angemessenheit der über den Angeklagten A vom Schöffensenat verhängten Strafe deren von der Staatsanwaltschaft begehrte Anhebung nicht gerechtfertigt wäre.
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