Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß §§ 290 Abs. 1, 344 StPO. wird das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dahin ergänzt, daß dem Angeklagten auch die Vorhaft vom 9.September 1982, 0,30 Uhr, bis 9. September 1982, 16,15 Uhr, auf die Freiheitsstrafe angerechnet wird.
Gemäß § 390 a StPO. hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Juli 1940 geborene Hilfsarbeiter Johann A des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs. 1, 86 StGB. schuldig erkannt, weil er am 8.September 1982 in Kalkstein den Pius B durch einen gezielten Schuß aus einem Militärkarabiner vorsätzlich verletzte, wobei die Tat den Tod des Genannten zur Folge hatte. Dieser Schuldspruch beruht auf dem Wahrspruch der Geschwornen, welche die auf das Verbrechen des Mordes (§ 75 StGB.) gerichtete (anklagekonforme) Hauptfrage verneinten, die dem Schuldspruch entsprechende Eventualfrage bejahten und demgemäß die (weitere) Eventualfrage nach fahrlässiger Tötung (§ 80 StGB.) unbeantwortet ließen.
Rechtliche Beurteilung
In seiner auf die Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde behauptet der Beschwerdeführer, den Geschwornen sei zur Eventualfrage nach fahrlässiger Tötung (§ 80 StGB.) eine unrichtige Rechtsbelehrung erteilt worden. Abgesehen davon, daß der betreffende Teil (Punkt B/c/) der schriftlichen Rechtsbelehrung im wesentlichen nur eine Wiedergabe des bloßen Gesetzestextes des § 6 StGB. enthalte, sei nämlich die Rechtsbelehrung insbesondere wegen des sodann folgenden - nur Beispiele unbewußter, nicht aber auch bewußter Fahrlässigkeit betreffenden - Hinweises, wonach es sich etwa bei der schuldhaften Herbeiführung eines Verkehrsunfalles oder eines Arbeitsunfalles um typische Fälle der fahrlässigen Tötung handle, irreführend und daher im Sinne des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes unrichtig. Dazu ist zunächst zu bemerken, daß zur Erläuterung des Begriffes der Fahrlässigkeit deren allgemein verständliche Definition in § 6 Abs. 1 und 2 StGB. ausreicht (10 Os 96/81, 12 Os 11/77). Den Beschwerdeausführungen zuwider leidet die Rechtsbelehrung aber auch nicht deshalb an einer Unrichtigkeit, weil darin - und zwar ohne Bezugnahme auf einen konkreten Sachverhalt - die in der Beschwerde bezeichneten zwei Fälle fahrlässiger Tötung beispielsweise genannt sind;
denn es können Arbeits- und Verkehrsunfälle - anders als die Beschwerde meint - vom Täter nicht nur unbewußt fahrlässig handelnd herbeigeführt werden, sondern es kann ihm dabei durchaus auch bewußte Fahrlässigkeit zur Last fallen.
Von einer - wegen der Einseitigkeit der aufgezählten Beispiele - irreführenden Rechtsbelehrung, die den Geschwornen den Weg dazu versperrt hätte, den 'Tatentschluß zur Schußabgabe an sich unter dem Gesichtspunkt der bewußten Fahrlässigkeit zu beleuchten', kann daher keine Rede sein.
Es lassen aber auch die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, in denen er verschiedene oberstgerichtliche Entscheidungen ohne konkreten Bezug auf den hier vorliegenden Fall zitiert, eine Unrichtigkeit der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung über die Begriffe der bewußten Fahrlässigkeit und des bedingten Vorsatzes nicht erkennen.
Schließlich trifft es auch nicht zu, daß bei den Geschwornen infolge einer Mangelhaftigkeit der ihnen erteilten Belehrung die irrige Ansicht entstehen konnte, 'die Schuldform der bewußten Fahrlässigkeit könne nur im Zusammenhang mit dem Eintritt der Todesfolge' in Frage kommen.
Der zur Eventualfrage nach Körperverletzung mit tödlichem Ausgang und zur Eventualfrage nach fahrlässiger Tötung getrennt erfolgten Rechtsbelehrung ist vielmehr klar zu entnehmen, daß auf der inneren Tatseite im ersten Fall (§§ 83 Abs. 1, 86 StGB.) zum Grundtatbestand Vorsatz und nur hinsichtlich der Todesfolge Fahrlässigkeit, im zweiten Fall (§ 80 StGB.) jedoch überhaupt nur Fahrlässigkeit erforderlich ist. Da sich eine mißverständliche Auslegung der bezüglichen - im übrigen in Ansehung ihrer Richtigkeit nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilenden (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO. II/2, § 345 Z. 8, Nr. 6) - Ausführungen der Rechtsbelehrung der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht zuwider auch nicht aus der Niederschrift der Geschwornen ableiten läßt, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Allerdings war von Amts wegen (§§ 290 Abs. 1, 344 StPO.) wahrzunehmen, daß die Vorhaftanrechnung (§ 38 StGB.) irrig (§ 345 Abs. 1 Z. 13 StPO.) nicht bereits ab 0,30 Uhr des 9.September 1982 (S. 31/I) sondern erst ab 16,15 Uhr desselben Tages erfolgte. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 86 StGB. zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe; dabei wurden seine Unbescholtenheit und sein tadelsfreies Vorleben, das zur Wahrheitsfindung beitragende reumütige Geständnis, die erhebliche Erregung zur Tatzeit und der Umstand, daß der Tatentschluß erst unmittelbar vor Abgabe des letzten tödlichen Schusses gefaßt wurde, als mildernd berücksichtigt, erschwerend fiel demgegenüber nichts ins Gewicht. Der Berufung des Angeklagten, der eine Herabsetzung der Strafe und deren bedingte Nachsicht unter Anwendung des § 43 Abs. 2 StGB. begehrt, kommt keine Berechtigung zu.
Zunächst bedürfen die vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründe insoferne einer Korrektur, als die Unbescholtenheit und das tadelfreie Vorleben (gemeinsam) unter den Milderungsgrund des § 34 Z. 2 StGB. fallen.
Auch kann nach Lage des Falles darin, daß der Angeklagte zur Tatzeit erregt war und den Tatentschluß erst unmittelbar vor Abgabe des letzten Schusses faßte, nur der Milderungsgrund der Unbesonnenheit (§ 34 Z. 7 StGB.) erblickt werden.
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und in Berücksichtigung der groben Schuld des Angeklagten, der dem mit umgehängten Gewehr und ohne Beute flüchtenden Pius B mehrmals nachschoß und solcherart in unverantwortlicher Weise das Leben eines 30-jährigen Menschen auslöschte, erscheint die verhängte Strafe keineswegs überhöht. Sie entspricht vielmehr (gerade noch) dem Verschulden des Täters und dem Unrechtsgehalt der Tat.
Im Hinblick auf dieses Strafmaß ist die Anwendung des § 43 StGB. unzulässig. Damit entfällt ein Eingehen auf die umfangreichen weiteren Berufungsausführungen zur angestrebten bedingten Strafnachsicht.
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