OGH 10Os70/84

OGH10Os70/8429.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Mai 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Friedrich (Berichterstatter), Dr. Lachner sowie Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wittmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a, Abs. 3 lit. b FinStrG. über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. September 1983, GZ. 6 b Vr 10.004/82-48, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Vertreters der Finanzstrafbehörde, Mag. Pichl, des Angeklagten Johann A und des Verteidigers Dr. Munk zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Johann A wird für das ihm laut dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch zur Last fallende Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2

lit. a, Abs. 3 lit. b FinStrG. gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG. zu einer Geldstrafe in der Höhe von 150.000 (hundertfünfzigtausend) Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit 1 (ein) Monat Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann A (im zweiten Rechtsgang abermals) des (Finanz-) Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2

lit. a, Abs. 3 lit. b FinStrG. schuldig erkannt.

Darnach hat er am 10.Juni 1980 in Wien (vorsätzlich) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG. 1972 entsprechenden Voranmeldungen, und zwar durch die Nichtaufnahme eines aus zwei Schlußrechnungen an die Firma B vom 4.April 1980 über 9,687.156,94 S (Nr. 69) sowie über 767.679,52 S (Nr. 73) resultierenden Umsatzbetrages von 10,454.836,46 S in die Umsatzsteuer- -Voranmeldung für April 1980, eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer im Betrag von 988.930,30 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten.

Das Erstgericht nahm an, daß der Angeklagte nach §§ 19 Abs. 2 Z. 1 lit. a, 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 UStG. zur Aufnahme der mit den bezeichneten Schlußrechnungen fakturierten Entgelte für bereits vor dem April 1980

ausgeführte Lieferungen sowie sonstige Leistungen in die Voranmeldung für diesen Monat verpflichtet war und daß er jene Verpflichtung wissentlich verletzte, um die ihm oblegenen dementsprechenden Umsatzsteuer-Vorauszahlungen möglichst lange hinauszögern zu können; seine Verantwortung, er habe die beiden Rechnungen in der Folge zwischenzeitig storniert gehabt und sei der Meinung gewesen, er müsse die Fakturenbeträge aus diesem Grund nicht in die hier in Rede stehende Voranmeldung aufnehmen, sah es als widerlegt an.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. a und 11 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt, soweit sie gegen den Schuldspruch gerichtet ist, keine Berechtigung zu.

In bezug auf den die Verurteilung auf der objektiven Tatseite tragenden Vorwurf, er habe seine Voranmeldungspflicht verletzt, erblickt der Beschwerdeführer im Fehlen von Konstatierungen darüber, wann die betreffenden Leistungen von der B abgenommen wurden, einen Feststellungsmangel (Z. 9 lit. a), indessen zu Unrecht; denn insoweit hatte das Erstgericht schon auf Grund des rechtskräftigen Abgabenbescheides jedenfalls vom Bestand seiner Verpflichtung zur Entrichtung der mit diesem festgesetzten Vorauszahlungen dem Grund und der Höhe nach, aus der sich die ihm angelastete Verletzung seiner damit korrespondierenden Voranmeldungspflicht in objektiver Hinsicht folgerichtig ergibt, als Tatsache auszugehen (vgl. SSt. 48/36 u.a.).

In Ansehung der subjektiven Tatseite hinwieder remonstriert der Angeklagte gegen die Feststellung, daß er - wie zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. erforderlich (vgl. EvBl. 1980/96, EvBl. 1981/242

mit eingehender Begründung, 13 Os 16/81 sowie schon im ersten Rechtsgang 10 Os 35/83 u.a.) - (auch) die Voranmeldungspflicht wissentlich verletzte, lediglich deswegen, weil das Schöffengericht seiner vorerwähnten Verantwortung, er habe auf Grund einer zwischenzeitigen Stornierung der Schlußrechnungen vermeint, die Fakturenbeträge noch nicht zur Umsatzsteuer voranmelden zu müssen, keinen Glauben schenkte.

Sowohl im Rahmen der Rechtsrüge (Z. 9 lit. a) als auch in Ausführung der Mängelrüge (Z. 5) ficht er jedoch mit seinen darauf bezogenen, noch dazu mehrfach auf aktenwidrige Behauptungen gestützten Einwänden vorwiegend nur nach Art und Zielsetzung einer Schuldberufung im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an. So trifft es insbesondere nicht zu, daß das Erstgericht festgestellt hätte, ein 'Storno seitens der' (gemeint: ein Ausbuchen der hier interessierenden Schlußrechnungen durch die) Firma B sei lediglich wegen einer Erkrankung des Bauleiters Ing. C nicht durchgeführt worden; handelt es sich doch bei der damit relevierten Passage im Urteil (US. 6) unzweifelhaft bloß um die Wiedergabe einer dahingehenden Verantwortung des Beschwerdeführers. Von einer Konstatierung dieses Inhalts, die zu einer (tatsächlich getroffenen) Feststellung, daß eine Stornierung der Rechnungen durch den Angeklagten nicht erfolgt ist, im Widerspruch stünde und aus der darauf zu schließen sei, daß letzterer doch die Fakturen storniert sowie darauf vertraut habe, auch die B werde sie ausbuchen, kann daher schon deshalb überhaupt keine Rede sein.

In Wahrheit hat das Schöffengericht vielmehr ganz im Gegensatz zu der in Rede stehenden Darstellung des Beschwerdeführers unmißverständlich als erwiesen angenommen, daß bei dessen Besprechung mit C zwar anfangs über ein allfälliges Storno der Schlußrechnungen gesprochen, letzten Endes aber statt dessen doch ein Nachbringen zusätzlicher Unterlagen durch ihn vereinbart wurde (US. 7/8); mit den Behauptungen einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung hinsichtlich jener Besprechung überhaupt sowie insbesondere bezüglich seines angeblich dabei gewonnenen Vertrauens auf eine Zusage des genannten Bauleiters, ein Ausbuchen der Rechnungen durch die B zu veranlassen, geht demnach die Beschwerde ebenfalls nicht vom tatsächlichen Inhalt der angefochtenen Entscheidung aus.

Gleichermaßen schließlich findet sich für das in diesem Zusammenhang (abermals unter dem Aspekt einer Unvollständigkeit des Urteils) vorgebrachte - und nach dem Gesagten außerdem unaktuelle weitere Beschwerdeargument, der Zeuge C habe bestätigt, daß 'Stornierungen' (hier gemeint: Zusagen betreffend Fakturenausbuchungen bei der B) immer nur mündlich erfolgt seien, in der Aktenlage keinerlei Anhaltspunkt.

Die übrigen Einwände gegen die Urteilsannahme aber, daß der Angeklagte bei seiner Besprechung mit C (nicht die Schlußrechnungen stornierte, sondern) das Nachbringen von Unterlagen vereinbarte (sachlich durchwegs Z. 5), sind nicht stichhältig.

Denn die Feststellung, daß er letztlich das Nachbringen ergänzender Unterlagen zusagte, steht mit jener, wonach es für C nichtsdestoweniger offen blieb, ob er diese Vereinbarung einhalten oder in der Folge dann doch die Fakturen stornieren werde, keineswegs in einem logischen oder empirischen Widerspruch, und auch der Vorwurf einer Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe in Ansehung der Konstatierungen über den Inhalt und über das Ergebnis der in Rede stehenden Besprechungen einerseits und in bezug auf die Darstellungen der Beteiligten darüber anderseits ist durchaus unberechtigt.

Desgleichen hat sich das Erstgericht bei der weiteren Konstatierung, daß der Beschwerdeführer, der festgestellten Vereinbarung entsprechend, tatsächlich zusätzliche Unterlagen vorlegte (US. 8), mit seiner (auch dazu leugnenden) Verantwortung ebenso wie mit den Aussagen der Zeugen D und C ohnehin auseinandergesetzt: in jenen Aussagen findet die bekämpfte Annahme entgegen der Mängelrüge vollauf Deckung, zumal es in diesem Belang nicht von Bedeutung ist, ob die erörterte Ergänzung der Rechnungslegung ohne einen vorausgegangenen Widerruf des mit den Schlußrechnungen geltend gemachten Zahlungsverlangens durch eine Detaillierung der ursprünglichen Fakturen oder durch die übersendung einer (einzigen) neuen Rechnung vorgenommen wurde.

Soweit der Angeklagte demgegenüber aus seiner eigenen Verantwortung und aus den Aussagen der genannten Zeugen abzuleiten versucht, daß im Gegensatz zu den Urteilsfeststellungen doch er die Schlußrechnungen storniert und C deren Ausbuchung durch die B zugesichert habe, unternimmt er nur neuerlich einen im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigen Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung; nichts anderes gilt für die Würdigung der Angaben des Zeugen E, in denen das Schöffengericht, seinem Beschwerdevorbringen zuwider, keinerlei Bestätigung dafür erblickte, daß er wirklich der Meinung gewesen sei, die Rechnungen storniert zu haben.

Gerade daraus, daß er darnach (auch) E gegenüber nur vorgab, die Schlußrechnungen seien storniert worden, konnte das Erstgericht vielmehr sehr wohl den Schluß ziehen, daß er in voller Kenntnis der ihn treffenden Rechtspflichten dessen Kontaktierung als Steuerberater (gemeint: in bezug auf die tatsächlichen Ereignisse) unterließ, um einen nicht in sein Konzept passenden Rat zu vermeiden (US. 11); mit dem Inhalt jener Auskunft des genannten Zeugen, die dieser dem Beschwerdeführer über die Voranmeldungspflicht nach einem wirklich vorgenommenen Rechnungs-Storno erteilte, mußte es sich demgemäß mangels jeglicher Aktualität nicht auseinandersetzen. Aus dem Umstand schließlich, daß der Angeklagte von der B bereits Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die beiden Schlußrechnungen entgegengenommen hatte, hat das Schöffengericht gar nicht sein Wissen vom Bestand seiner Voranmeldungspflicht, sondern lediglich sein Tatmotiv abgeleitet, diese Gelder möglichst lange für Zwecke seines Unternehmens nützen zu können; der gegen eine Schlußfolgerung des erstbezeichneten Inhalts gerichtete Beschwerdeeinwand (sachlich Z. 5) geht daher neuerlich - als nicht gegen die tatsächliche Urteilsbegründung gerichtet - ins Leere.

Im bisher erörterten Umfang (Z. 5 und Z. 9 lit. a) war die Nichtigkeitsbeschwerde demnach zu verwerfen; soweit sie gegen den Strafausspruch gerichtet ist (Z. 11), kommt ihr dagegen Berechtigung zu.

Denn die in § 290 Abs. 2 StPO. für das Rechtsmittelgericht angeordnete Einschränkung der Strafbefugnis, die nach § 293 Abs. 3 StPO. auch für das nach einer Verfahrenserneuerung in erster Instanz ergehende Urteil maßgebend ist, gilt zwar nur für Fälle, in denen der Oberste Gerichtshof ausschließlich auf Grund einer zugunsten des Angeklagten ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde über die Strafe (neu) zu erkennen hat und (demgemäß) nicht für andere, in denen er infolge eines gleichzeitig vorliegenden Rechtsmittels einer zu dessen Nachteil anfechtungsberechtigten Partei sehr wohl eine strengere Strafe verhängen kann; eben deshalb waren aber im vorliegenden Fall die Bestimmungen der §§ 290 Abs. 2, 293 Abs. 3 StPO. im Hinblick darauf, daß die im ersten Rechtszug zum Nachteil des Angeklagten erhobene Berufung der Finanzstrafbehörde vom Obersten Gerichtshof schon in nichtöffentlicher Sitzung hatte zurückgewiesen werden müssen (§§ 296 Abs. 2, 294 Abs. 4 StPO.), sodaß für die Verhängung einer strengeren Strafe schon damals kein Raum gewesen wäre, jedenfalls wirksam (vgl. Mayerhofer-Rieder, EGr. 33 zu § 293 StPO.).

Dementsprechend hat das Erstgericht dadurch, daß es über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von 270.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit drei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, verhängte, obwohl er im ersten Rechtsgang nur zu 180.000 S Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden war, in der Tat seine Strafbefugnis überschritten. In (teilweiser) Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil im Strafausspruch aufzuheben und die nach § 33 Abs. 5 FinStrG. über den Angeklagten zu verhängende Strafe neu zu bemessen.

Dabei war (wie schon in erster Instanz) kein Umstand als erschwerend, dessen bisher (auch in finanzstrafrechtlicher Hinsicht) ordentlicher Lebenswandel, mit dem die Tat in einem auffallenden Widerspruch steht, sowie (außerdem) die relativ kurze Wirksamkeitsdauer der (eine Vorauszahlung betreffenden) Abgabenverkürzung dagegen als mildernd zu werten.

Bei diesen Strafzumessungsgründen und unter Bedacht auf die erhebliche Höhe des Verkürzungsbetrages sowie auf die persönlichen Verhältnisse und auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten, der nach der Aktenlage als selbständiger Schlossermeister mit Haus- und Grundbesitz bei einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 18.000 S (nur) für seine Ehegattin zu sorgen hat, erscheint nach dessen tat- und persönlichkeitsbezogener Schuld (§ 23 Abs. 1 FinStrG.) eine Geldstrafe in der Höhe von 150.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit ein Monat Ersatzfreiheitsstrafe, als angemessen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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