Spruch:
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil gemäß § 290 Abs. 1 StPO aufgehoben; gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wird in der Sache selbst erkannt:
Dietrich B*** wird von der gegen ihn erhobenen Anklage, er habe in Leiben als Tischlermeister vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen, und zwar dadurch, daß er für die Monate Jänner, April und Oktober bis Dezember 1981, Februar bis Juli 1982, November 1982 bis Mai 1984 sowie Oktober 1984 bis Mai 1985 keine bzw verspätete oder unrichtige Voranmeldungen einbrachte, eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, und zwar um insgesamt 447.546 S, bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten, er habe hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG begangen, gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dietrich B*** des - durch das im Tenor beschriebene Tatverhalten begangenen - Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG schuldig erkannt.
Er bekämpft dieses Urteil mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Gesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet wurde, ohne daß er den betreffenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund (Z 9 lit a) geltend gemacht hat.
Die dem Schuldspruch zugrunde liegende Annahme gerichtlicher Zuständigkeit zur Ahndung des ihm angelasteten Finanzvergehens beruht nämlich ausschließlich auf § 53 Abs. 1 lit a FinStrG (idF vor der FinStrGNov 1985, BGBl Nr 571=aF) iVm § 41 FinStrG aF und mit Art II § 3 Abs. 2 FinStrGNov 1985 (US 9), wobei in den Entscheidungsgründen an anderer Stelle (US 4) auf zwei vorausgegangene Bestrafungen des Angeklagten durch das Finanzamt Melk (auch) wegen desselben Finanzvergehens Bezug genommen wird, und zwar mit Strafverfügungen vom 30.November 1976
(Straflisten-Nr 112/76) und vom 31.Mai 1979 (Straflisten-Nr 39/79). Die mit diesen Strafverfügungen und mit einer weiteren vom 20. Juli 1978, Straflisten-Nr 12/78 des Finanzamtes Melk, gleichfalls (unter anderem) wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG über ihn verhängten Geldstrafen waren jedoch schon am 18.August 1977 und am 26.März sowie am 29. August 1979 bezahlt worden (US 4; S 42 vso in Straflisten-Nr 112/76, S 14 und 14 vso in Straflisten-Nr 12/78 und S 12 vso in Straflisten-Nr 39/79 des Finanzamtes Melk): damit lagen schon zur Zeit der Anzeigeerstattung durch das Finanzamt an die Staatsanwaltschaft (§ 82 Abs. 2 FinStrG) - geschweige denn im hier maßgebenden Zeitpunkt der Urteilsfällung - die Voraussetzungen für die Annahme gerichtlicher Strafbarkeit des zu beurteilenden Finanzvergehens nach § 53 Abs. 1 lit a (iVm § 41) FinStrG nicht (mehr) vor, weil nach § 186 Abs. 1, 3 und 4 FinStrG bereits am 29. August 1984 die Tilgung der (dementsprechend auch vom Schöffengericht rechtsirrig als rückfallsbegründend angesehenen) finanzstrafbehördlichen Bestrafungen des Angeklagten eingetreten war. Denn mit der Tilgung - an deren Eintritt die Einleitung des finanzstrafbehördlichen Verfahrens am 10.Mai 1983 zur Straflisten-Nr 39/83 des Finanzamtes Melk (anders als gemäß § 31 Abs. 4 lit b FinStrG am Eintritt der Verjährung) nichts zu ändern vermochte - waren auch die nach § 41 FinStrG mit der Bestrafung verbunden gewesenen Folgen erloschen (vgl EvBl 1978/201 ua zu § 1 TilgG, sodaß die Übergangsbestimmung des Art II § 3 Abs. 2 FinStrGNov 1985 nicht mehr aktuell werden konnte. Schon im Hinblick darauf, daß nach der Aktenlage auch andere Gründe für eine gerichtliche Zuständigkeit zur Ahndung des Finanzvergehens (§ 53 Abs. 1 bis 4 FinStrG aF) nicht in Betracht kamen, ist demnach der bekämpfte Schuldspruch jedenfalls nichtig (Z 9 lit a). In amtswegiger Wahrnehmung dieses vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (§ 290 Abs. 1 StPO) war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und wegen Unzuständigkeit der Gerichte sogleich ein Freispruch zu fällen (§ 214 FinStrG), ohne daß auf das Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Angeklagte war mit seinen Rechtsmitteln darauf zu verweisen.
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