OGH 10Os45/80

OGH10Os45/8017.6.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Bart als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin A wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 und 2

StGB. über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 23. November 1979, GZ. 13 E Vr 579/77-31, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 23. November 1979, GZ. 13 E Vr 579/77-31, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 19 Abs. 3 StGB.

Dieser Beschluß und alle darauf beruhenden Verfügungen werden aufgehoben.

Der Verurteilte wird mit seiner gegen den Beschluß erhobenen Beschwerde auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 13. Dezember 1977, GZ. 13 E Vr 579/77-13, wurde der am 12.November 1925

geborene Martin A auf Grund einer von Dr. Rupert B gegen ihn erhobenen Privatanklage des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB. schuldig erkannt und nach (Par) §(28) 111 Abs. 2 StGB. zu einer Geldstrafe verurteilt. Gemäß § 29 Abs. 2 PresseG. wurde ihm auch die Bezahlung einer Geldbuße von 5.000 S an den Beleidigten Dr.B auferlegt, deren Höhe das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht mit Urteil vom 9. Mai 1978, AZ. Bs 143/78 (ON. 21

des Aktes 13 E Vr 579/77 des Kreisgerichtes Wels) in teilweiser Stattgebung der Berufung des Angeklagten auf 1.000 S herabsetzte. In der Folge setzte das Kreisgericht Wels mit Beschluß vom 23. November 1979, ON. 31, 'für die mit hg. Urteil vom 13. Dezember 1977, ON. 13, bzw. mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz 7 Bs 143/78, ON. 21, ausgesprochene Geldbuße von 1.000 S' - woraus sich eindeutig ergibt, daß das Kreisgericht Wels damit nicht die von ihm mit Beschluß vom 13.Dezember 1977, ON. 17, außerdem über Martin A verhängte Ordnungsstrafe in der Höhe von ebenfalls 1.000 S im Auge hatte - nachträglich eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen fest und begründete dies mit einem Hinweis auf § 19 Abs. 3 StGB. Unter einem ordnete es an, daß die Ersatzfreiheitsstrafe in Vollzug gesetzt werde. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde dem Verurteilten am 5. Dezember 1979 unter Anschluß einer Rechtsmittelbelehrung zugestellt, derzufolge gegen den Beschluß das Rechtsmittel der Beschwerde an das Oberlandesgericht Linz zulässig sein sollte (vgl. Beilage zur Seite 153).

Über eine von Martin A tatsächlich erhobene Beschwerde ist bisher noch nicht entschieden worden.

Der erwähnte Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 23. November 1979 entbehrt jeglicher gesetzlichen Grundlage und verletzt das Gesetz zunächst in der Bestimmung des § 19 Abs. 3 StGB., wonach nur für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist. Eine dem Beleidigten gemäß § 29 Abs. 2 PresseG. zugesprochene Geldbuße ist aber (materiell) keine Strafe; sie dient vielmehr der (allenfalls teilweisen) Abgeltung des materiellen und ideellen Schadens des Verletzten (Swoboda-Hartmann, Kommentar zum Pressegesetz S. 95; Foregger-Serini, StGB.2, S. 662, Anm. zu § 29 PresseG.). Sie ist somit einem Zuspruch an den Privatbeteiligten im Adhäsionsverfahren gleichzuhalten und bildet daher lediglich einen Exekutionstitel (§ 1 Z. 9 EO.), von dem der Beleidigte nach seinem Belieben Gebrauch machen kann (vgl. Mayerhofer-Rieder, Das österr. Strafrecht, Dritter Teil, Nebengesetze 2. Halbband S. 878, § 29 PresseG. die unter Nr. 58 (der Entscheidungen) bezeichnete Stellungnahme der Generalprokuratur). Die Bestimmung einer 'Ersatzfreiheitsstrafe' für den Fall, daß eine (im übrigen ausschließlich dem Berechtigten überlassene) allfällige Exekutionsführung zur Hereinbringung einer Geldbuße erfolglos bleiben sollte, ist demnach durch § 19 Abs. 3 StGB. sowie auch sonst im Gesetz nicht gedeckt.

Rechtliche Beurteilung

Außerdem verstieß - wie der Vollständigkeit halber bemerkt sei - die nachträgliche (beschlußmäßige) Verhängung einer (gemäß § 260 Abs. 1 Z. 3 StPO. bei sonstiger Nichtigkeit im Urteilsspruch festzusetzenden) Ersatzfreiheitsstrafe als in der Prozeßordnung nicht vorgesehene Abänderung eines bereits rechtskräftigen Urteils (im Strafausspruch) auch gegen den sich aus den Bestimmungen des XX.Hauptstücks der StPO. - wonach ein neues Verfahren wegen einer bereits abgeurteilten Tat (auch bezüglich eines Teils des Urteils) nur unter taxativ aufgezählten Bedingungen und Förmlichkeiten abgeführt werden darf - ergebenden Grundsatz der materiellen Rechtskraft ('res iudicata', 'ne bis in idem' - vgl. LSK. 1980/48 = EvBl. 1980/89).

Unrichtig ist schließlich auch die dem Verurteilten erteilte schriftliche Rechtsmittelbelehrung: im Gerichtshofverfahren ist nur dann eine Beschwerde gegen einen Beschluß zulässig, wenn ein solches Rechtsmittel im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist (SSt. 29/85, und die dort zitierte weitere Judikatur). Dies trifft hier nicht zu. In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher die seitens der Generalprokuratur relevierte dem Kreisgericht Wels zum Nachteil A' S unterlaufene Gesetzesverletzung festzustellen und nach § 292 letzter Satz StPO. durch Aufhebung des in Rede stehenden Beschlusses sowie aller darauf beruhenden Verfügungen zu beheben; der Verurteilte war mit seiner (unzulässigen) Beschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen.

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