OGH 10Os36/83

OGH10Os36/8318.5.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Mai 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Preiß als Schriftführer in der Strafsache gegen Hermann A und Renate A wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 und 2; 15 StGB.

und anderer Delikte über die von den Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27.April 1981, GZ. 23 Vr 972/80-133, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer, der Ausführungen der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Margula und Rechtsanwalt Dr. Schima und des Vertreters der Generalprokuratur, Ersten Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen der Angeklagten wird hingegen Folge gegeben und die verhängten Freiheitsstrafen bei Hermann A auf 10 (zehn) Monate und bei Renate A auf 7 (sieben) Monate herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung der Angeklagten Renate A nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 22.April 1959 geborene Hermann A und seine am 7.September 1944 geborene (nunmehrige) Ehefrau Renate wurden mit dem - nur in diesem Teil mit Nichtigkeitsbeschwerden - angefochtenen Urteil des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 und 2 (richtig: nur Abs. 2); 15 StGB. schuldig erkannt.

Nach den Urteilsfeststellungen haben die beiden Angeklagten zwischen dem 21. und dem 27.April 1980 unter Vorgabe falscher Personaldaten und ihrer - tatsächlich nicht vorhandenen - (Rück-) Zahlungswilligkeit (und -fähigkeit) Karl C betrügerisch zur Herausgabe eines Bargeldbetrages von 15.000 S (I 1 a ), sowie eines PKWs.

Marke BMW 525 im Wert von 60.000 S veranlaßt (I 1 b) und dem Genannten einen (weiteren) Darlehensbetrag von 10.000 S herauszulocken versucht (I 2).

Diesen Schuldspruch bekämpfen die beiden Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde nach den Z. 5 und 10 (sachlich auch Z. 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO.

An sich richtig ist der Einwand der Beschwerdeführer, daß die Urteilsannahme (S. 482/I), Hermann A habe (am 27.April 1980) die Wohnung des Karl C plötzlich mit dem Bemerken verlassen, er müsse sich noch schnell beim nächsten Automaten Geld holen, durch die Aktenlage nicht gedeckt ist. Denn nach den - diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen - Angaben der Renate A (S. 455/I) und des Karl C (S. 461/I) hat sich Hermann A damals aus der Wohnung des Karl C entfernt, um aus dem Auto Zigaretten zu holen. Dennoch ist - entgegen der Meinung der Beschwerdeführer - das Urteil deshalb nicht nach § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. nichtig; für die Schuldfrage (oder den anzuwendenden Strafsatz) ist nämlich nicht entscheidend, weshalb damals Hermann A aus der Wohnung des Karl C ging.

Eine (weitere) 'Aktenwidrigkeit' - die aber mangels eines diesbezüglich in den Entscheidungsgründen wiedergegebenen Aussageoder Urkundeninhaltes gar nicht vorliegen kann - erblicken die Beschwerdeführer in der Annahme des Schöffengerichtes, daß sie gemäß einer gemeinsamen Absprache - aus Karl C möglichst viel herauszuholen - auch den Besuch bei dem Genannten am 27.April 1980 dazu nützen wollten, ihm wieder Geld herauszulocken. Für eine solche Feststellung seien, wie die Angeklagten in ihren Mängelrügen meinen, keinerlei Anhaltspunkte vorhanden, weil nämlich dieser Besuch über Aufforderung des Karl C erfolgte; zudem spreche gegen ein solches planmäßiges betrügerisches Vorgehen, daß die Angeklagten dem C Wertgegenstände, die dieser in dem (verkauften) PKW. (Faktum I 1 b) vergessen hatte, kurz vorher zurückgebracht hatten.

Rechtliche Beurteilung

In diesen Ausführungen übersehen die Beschwerdeführer zunächst einmal, daß das Schöffengericht - welches die in der Beschwerde ins Treffen geführten Umstände keineswegs unerörtert ließ (siehe dazu S. 480, 482/I), weshalb diesbezüglich auch keine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe vorliegt - zu der von ihnen bekämpften Urteilsannahme auf Grund von Schlußfolgerungen gelangte, die sich als solche dem Vorwurf einer 'Aktenwidrigkeit' überhaupt entziehen. Aus den festgestellten (mängelfrei begründeten) Tatsachen, daß nämlich die Angeklagten - was sie zugaben - von allem Anfang an C gegenüber zu Unrecht als Ehepaar mit falschem Namen auftraten, daß ferner Renate A die einzelnen Zusammenkünfte mit C telefonisch arrangierte (S. 28, 35, 60, 374, 377, 378, 382, 386, 448, 457/I) und den C schon vor dem ersten Wiedersehen nach einer mit Hermann A getroffenen Absprache (S. 475/I) telefonisch um die Gewährung eines Kredites ersuchte, daß weiters beide Angeklagte zufolge ihrer Intelligenz sehr rasch die 'Schwäche' (Vertrauensseligkeit, Leichtfertigkeit und Geltungssucht; S. 481, 487 f./I) des sich als 'reicher junger Mann' gerierenden C erkannten und am 27.April 1980 ohne Arbeit und sehr knapp bei Kasse waren (S. 481/I), konnte das Schöffengericht aber auch denkrichtig und wirklichkeitsnah darauf schließen, daß die bei den früheren Kreditgewährungen ebenfalls betrügerisch zusammenwirkenden Angeklagten den auch von Karl C gewünschten Besuch (siehe dazu S. 481, 482/I) zum Anlaß nehmen wollten, dem Genannten unter Vorspiegelung einer Zwangslage durch Renate A (nämlich einer von dieser dem Hermann A verheimlichten Wechselschuld) wiewohl in Abwesenheit des Hermann A, der sich zu diesem Zweck (vereinbarungsgemäß, um Renate A Gelegenheit zum Vorbringen dieser weiteren Vorspiegelung zu geben) aus der Wohnung des C entfernte, nochmals einen Betrag von 10.000 S, der ihnen gemeinsam zugute kommen sollte, herauszulocken (S. 470, 481-483, 493/I). Demgegenüber stellt all das, was die Angeklagten in ihren Mängelrügen dieser denkgesetzlich möglichen Schlußfolgerung entgegensetzen, eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar (SSt. 11/46 u.v.a.). Der Angeklagte Hermann A ist mit seinem Einwand, das Erstgericht habe die Angabe des Karl C mit Stillschweigen übergangen, daß ihm die Beschwerdeführer bereits am Beginn ihrer Bekanntschaft von ihrer Arbeitslosigkeit erzählten und auch davon Mitteilung machten, daß sie derzeit 'abgebrannt' seien, auf die dieser Aussage entsprechende Feststellung im Urteil (S. 474/I) zu verweisen; ferner darauf, daß das Gericht ohnedies als erwiesen angenommen hat, daß C von den Angeklagten wegen deren Mittellosigkeit ihre Armbanduhren um 2.000 S erworben hat (S. 475/I).

Insoweit die Angeklagten in ihren Rechtsrügen - die sie zum Teil allerdings auch im Rahmen ihrer Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1

StPO. vorbringen - jegliche Täuschung des C anläßlich der Darlehensaufnahmen und des Abschlusses des Kaufvertrages über den PKW. mit dem Hinweis bestreiten, daß sie C ihre finanzielle Situation wahrheitsgemäß mitteilten, übergehen sie die weitere Urteilsannahme, daß sie sich dabei aber, um ihre spätere Auffindung zu erschweren oder gar unmöglich zu machen (S. 474, 487/I), unter falschem Namen ausgaben und dem C zudem noch ihre (Rück-) Zahlungswilligkeit vortäuschten, indem sie kurzfristige Zahlungszusagen machten (S. 476, 478/I), die sie, wie das Erstgericht aus ihrem späteren Verhalten denkrichtig folgerte, gar nicht einzuhalten gedachten (S. 489/II). In diesem Umfang wird die Beschwerde demnach - da bei der Prüfung des Urteils auf Rechtsrichtigkeit vom insgesamt festgestellten Sachverhalt auszugehen ist - nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Dies trifft auch in Ansehung des (Teil-) Betrages von 5.000 S zu, von dem Hermann A unter Bezugnahme auf eine aus dem Zusammenhang gerissene Angabe des Karl C (S. 459/I) vermeint, daß hier Betrug nicht vorliege, weil ein Kreditansuchen überhaupt nicht gestellt worden sei; demgegenüber war aber das Erstgericht - ersichtlich gestützt auf die Angaben des Karl C im Vorverfahren (S. 70/I) und die im wesentlichen damit übereinstimmende Einlassung der Renate A - zur Feststellung gelangt, daß C von Renate A durch den Hinweis darauf, daß ihr und ihrem 'Gatten' nach Zahlung der dringendsten Schulden von den 10.000 S, die sie kurz zuvor kreditiert erhalten haben, nichts (zum Leben) übrigbleiben würde, zur Hingabe auch dieses Darlehens veranlaßt worden war (S. 479/I). Demzufolge geht auch der an die eingangs wiedergegebene (urteilsfremde) Behauptung geknüpfte Einwand, C könne, da er weder entmündigt noch geistig beschränkt oder aus anderen Gründen nicht oder nur beschränkt geschäftsfähig sei, (sein Geld) nach Gutdünken verschenken oder sonst jemandem ohne konkrete Vereinbarung über Rückzahlung als 'Aushilfe' zur Verfügung stellen, ins Leere.

Gegen den Schuldspruch wegen Herauslockung eines PKW. im Wert von 60.000 S wenden die Beschwerdeführer in ihren Rechtsrügen ferner ein, daß auch hier insofern ein Subsumtionsirrtum gegeben sei, als Vollendung statt Versuch angenommen wurde. Ihrer Ansicht nach wäre nämlich der über den Ankauf angefertigte Kaufvertrag, in dem der Aliasname des Angeklagten A als Käufer erst nachträglich und zwar von diesem Beschwerdeführer selbst ohne Wissen des C durch Anführung des richtigen Namens ersetzt wurde, als Grundlage für die behördliche Zulassung des Fahrzeuges an den Angeklagten A oder für einen Weiterverkauf ungeeignet gewesen. Hierauf kommt es allerdings bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht an, da die Verwertung der Betrugsbeute nicht mehr zum Tatbestand gehört. Der Betrug war vielmehr, wie das Erstgericht richtig erkannte, mit der Herausgabe des PKWs an Hermann A zur freien Verfügung auf Grund des unwahren Zahlungsversprechens des unter einem Falschnamen auftretenden Käufers vollendet. Schon dadurch war nämlich bei C der für die Vollendung des Betruges entscheidende Verlust an effektiver Vermögenssubstanz eingetreten (vgl. JBl. 1981, 48). Insoferne die Angeklagte Renate A in diesem Zusammenhang ergänzend noch einwendet, daß das Auto von den Angeklagten eventuell an C zurückgegebene hätte werden können, sodaß dann C überhaupt keinen Schaden erlitten hätte, weicht sie von dem festgestellten Sachverhalt ab und begibt sich damit in den Bereich der Spekulation.

Das Schöffengericht verhängte über Hermann A, der überdies (unangefochten) auch noch der Vergehen der versuchten Fälschung besonders geschützter Urkunden (nämlich eines für einen anderen ausgestellten Führerscheines) nach §§ 15, 223 Abs. 2, 224 StGB. und der Verletzung der Unterhaltspflicht (gegenüber seinem außerehelichen Sohn Harald D) schuldig erkannt wurde, nach §§ 28, 147 Abs. 1 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten; Renate A wurde zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend gewertet bei beiden Angeklagten die einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen mehrerer Delikte und bei Hermann A überdies der rasche Rückfall, als mildernd fielen bei Hermann A dessen Teilgeständnis und bei Renate A deren teilweise untergeordnete Rolle ins Gewicht.

Der Berufung des Hermann A, womit dieser eine Reduzierung des Strafmaßes anstrebt, kommt Berechtigung zu; ebenso jener der Renate A, soweit auch sie eine Strafherabsetzung begehrt.

Zwar ist beim Erstangeklagten noch als erschwerend zu werten, daß er nicht nur mehrere strafbare Handlungen derselben, sondern auch verschiedener Art (§ 33 Z. 1 StGB.) begangen hat. Demgegenüber kommt aber bei beiden Angeklagten als wesentlich mildernd hinzu, daß der Betrug teilweise beim Versuch blieb und darüber hinaus durch Rückgabe des PKWs, Bezahlung eines Betrages von 15.000 S und übergabe eines aus dem herausgelockten Geld angeschafften Radios (S. 483/I), nunmehr volle Schadensgutmachung vorliegt; ferner daß der Betrug - wenn schon nicht auf Grund verlockender Gelegenheit begangen, so doch - bei geringer Vorsicht des Betrogenen hätte verhindert werden können (siehe § 32 Abs. 3 StGB.). Die Freiheitsstrafen waren demgemäß auf das im Spruch genannte Maß herabzusetzen.

Damit entfällt aber (§ 37 StGB.) ein Eingehen auf den ohnehin nur subsidiär gestellten Berufungsantrag der Zweitangeklagten auf Strafumwandlung; ihrem weiteren Begehren um bedingte Strafnachsicht steht ihr Vorleben und insbesondere der Rückfall in offener Probezeit entgegen.

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