Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Georg Michael A (I.2.) des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten schweren Nötigung nach § 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 2, § 15 StGB sowie der Vergehen (I.1.) der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 3 StGB, (I.3.) der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB und (II.) der Zuhälterei nach § 216 StGB schuldig erkannt. Als Nötigung (I.2.) liegt ihm zur Last, daß er am 23. August 1981 in Wien Helga B (a) mit Gewalt, und zwar durch verschiedene im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Gerald C verübte Tätlichkeiten - die er auch als (damit in Tateinheit begangene) schwere Körperverletzung (I.1.) zu verantworten hat -, zur Mitteilung von Angaben nötigte, die sie über Barbara D und ihn bei der Polizei gemacht hatte, wobei er sie durch die bezeichneten Mittel längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzte, sowie (b) anschliessend daran durch die öußerung, falls sie zur Polizei 'wamsen' gehe, könne man sie das nächste Mal aus dem Donaukanal fischen, dann werde er sämtliche Zuhälter des Westbahnhofs gegen sie aufhetzen, sodaß sie noch ärger ausschauen werde, also durch gefährliche Drohung, zur Unterlassung der Anzeigeerstattung über die zuvor beschriebene Straftat zu nötigen versuchte.
Wegen Zuhälterei (II.) wurde er verurteilt, weil er in der Zeit von Anfang Juli bis zum 23. August 1981 in Wien seinen Unterhalt zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Helga B durch deren Ausbeutung zu gewinnen suchte, indem er ihr den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen abnahm.
Rechtliche Beurteilung
Der inhaltlich nur gegen diese beiden Schuldsprüche gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a (einmal offenbar versehentlich als 'Z 9 a lit b' zitiert) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Verfehlt ist die mit der Verfahrensrüge (Z 4) vertretene Auffassung des Beschwerdeführers, Gerald C - dessen Vernehmung als Zeuge er in der Hauptverhandlung am 12. November 1981 zum Beweis dafür beantragt hatte, daß anläßlich der Mißhandlung der Helga B (Faktum I.1.) nicht die in der Anklage behaupteten öußerungen (Fakten I.2. a und b) gefallen seien (S 194) - wäre zu einer Zeugnisverweigerung nicht (mehr) berechtigt gewesen, weil gegen ihn wegen des Faktums I.2.b gar keine Anklage erhoben worden, wegen des Faktums I.2.a aber bereits die Anklageschrift vorgelegen sei. Denn in Ansehung des zuletzt bezeichneten Vorwurfs (I.2.a) war gerade im Hinblick auf das Vorliegen einer noch unerledigten Anklage (auch) gegen ihn die Besorgnis, daß er sich allenfalls durch eine wahrheitsgemäße Aussage darüber selbst belasten und damit der Gefahr einer strafgerichtlichen (Verfolgung sowie) Verurteilung aussetzen müsse, augenscheinlich besonders aktuell, sodaß er zu einem Zeugnis darüber nach § 153 StPO keinesfalls hätte verhalten werden dürfen; eben dieses Verweigerungsrecht hätte sich aber mit Rücksicht auf den faktisch untrennbaren (chronologischen sowie insbesondere kausalen) Zusammenhang des inkriminierten Geschehens ungeachtet dessen, daß dem Zeugen insoweit eine Tatbeteiligung bis dahin nicht vorgeworfen worden war, gleichermaßen auch auf das zuvor relevierte Faktum (I.2.b) erstreckt. Dem für das abweisende Zwischenerkenntnis (S 195) maßgebenden Argument des Schöffengerichts, dem Zeugen werde im wesentlichen derselbe Straf(tat)vorwurf gemacht wie dem Angeklagten, ist daher durchaus beizupflichten; der (formell) in der Mängelrüge (Z 5) - sachlich jedoch insoweit, weil gegen die im Urteil nachgetragene Begründung für das Zwischenerkenntnis (und nicht gegen Sachverhaltsfeststellungen) gerichtet, neuerlich aus der Z 4 - erhobene Einwand gegen die ungenaue Formulierung der darauf bezogenen (ergänzenden) Urteilsbegründung, wonach dem Zeugen 'dieselben Tatbestände' zur Last lägen wie dem Angeklagten (S 215), ist dementsprechend nicht zielführend.
Durch die Ablehnung einer nochmaligen Vorladung des Zeugen C, der bereits in der Hauptverhandlung am 22. Oktober 1981 das Zeugnis verweigert hatte (S 169), wurden somit - zumal der Angeklagte im Antrag (gleichwie jetzt in der Beschwerde) gar nicht behauptet hat, jener werde sich nunmehr zur Ablegung einer Aussage bereit finden - keine Gesetze verletzt oder Verfahrensgrundsätze hintangesetzt, deren Beachtung durch das Wesen eines (auch) die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten gewesen wäre.
Ausschließlich wegen ihrer Relevanz für die Strafzumessung hinwieder bekämpft der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellung, daß Helga B ihm geistig und intellektuell weit unterlegen ist und daß er sich diesen Umstand bewußt zunutze machte (S 204, 212), als unzureichend begründet (Z 5). 'Entscheidende Tatsachen' im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO sind aber nur solche, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß haben, nicht aber auch Umstände, die allein die Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens betreffen; schon darum geht die Mängelrüge insoweit fehl.
Mit seiner - der Sache nach gleichfalls schon in diesem Rahmen (Z 5) ausgeführten - Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich macht der Angeklagte Feststellungsmängel darüber geltend, wieviel Geld er aus den Prostitutions-Einkünften der Helga B erhalten und wieviel er davon für sie, insbesondere zur Bezahlung ihrer jeweiligen 'Arbeits'-
Wohnung und -Annoncen, ausgegeben habe; eine Gegenüberstellung dieser Beträge hätte seiner Ansicht nach ergeben, daß er die Genannte nicht - wie ihm zum Faktum II. vorgeworfen wird - ausgebeutet habe. Mit dieser Auffassung ist er ebenfalls nicht im Recht.
Nach den hiezu wesentlichen Urteilsfeststellungen nahm er nämlich B, die im Tatzeitraum als Prostituierte täglich zwischen vorerst 1.500 und 3.000 S sowie in der Folge 1.000 S bis 1.500 S verdiente, das gesamte Geld ab, wobei er den Umfang ihrer Tätigkeit und die Höhe ihrer Einkünfte durch C genau kontrollierte sowie ihr unter anderem auch androhte, er werde sie erschlagen, falls sie ihren Verdienst nicht zur Gänze an ihn abliefere; ihr selbst überließ er davon nur täglich anfangs etwa 200 und später 100 bis 200 S, womit sie sogar für ihr Essen selbst aufkommen mußte; die gesamten übrigen Einkünfte verwendete er, nach Abzug der Miete für ihre jeweilige 'Arbeits'- Wohnung sowie der Kosten für die betreffenden Inserate, zur Bestreitung seines eigenen Lebensunterhalts (S 203 f, 207, 209 f). Bei dieser Sachlage ist der Beurteilung des Schöffengerichts, daß der Angeklagte die Helga B im Sinn des § 216 StGB 'ausgebeutet', sie also unter Hintansetzung ihrer eigenen vitalen wirtschaftlichen Interessen und ihrer persönlichen Unabhängigkeit rücksichtslos ausgenützt (vgl EvBl 1977/213, 261 ua; Pallin im WK, RN 2, 3 zu § 216) sowie - mag sie auch allenfalls (S 209) anfangs in die Ablieferung ihres Schandlohnes an ihn eingewilligt haben (vgl EvBl 1980/108 ua), letztlich doch - unter ständigem Druck gleichsam wie eine Arbeitssklavin gehalten und bloß zur Sicherung einer für sich selbst bestimmten ständigen Erwerbsquelle ihren (notdürftigen) Unterhalt bestritten (11 Os 112/77) hat, durchaus zuzustimmen, ohne daß es hiezu der vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen (nach Art einer Einnahmen/
Ausgaben-Rechnung) bedürfte.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 106 Abs 1 StGB zu 18 Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es sein Teilgeständnis, seine 'faktische' Unbescholtenheit sowie den Umstand, daß die schwere Nötigung in einem Fall beim Versuch blieb, als mildernd, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen und weiters, daß er die Straftaten an einer relativ hilflosen sowie ihm geistig weit unterlegenen Person beging, die er durch die Mißhandlungen in einen 'besonders' qualvollen Zustand versetzte, hingegen als erschwerend. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht lehnte es aus Gründen der Spezial- und Generalprävention ab.
Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung und die Anwendung des § 43 StGB anstrebt, kommt keine Berechtigung zu. Bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Berufungswerbers war das Schöffengericht durchaus berechtigt, auch auf nicht unmittelbar mit den hier aktuellen Straftaten zusammenhängende, in der Hauptverhandlung verlesene Erhebungsergebnisse (S 195, 127) zurückzugreifen; ebenso ist die Annahme, daß Helga B dem Angeklagten geistig weit unterlegen und relativ hilflos war, nach der maßgebenden Aktenlage unbedenklich. Hingegen kann davon, daß der Berufungswerber der ihm angelasteten Nötigung gleichfalls geständig gewesen wäre, nach dem Inhalt seiner Verantwortung tatsächlich nicht gesprochen werden; auch eine allfällige Erregung zur Zeit seiner Gewalttaten wurde ihm, selbst wenn sie (vorgelegen und) durch eine besondere emotionale Bindung zu Barbara D bedingt gewesen sein sollte, unter Bedacht auf Art, Ausmaß und Zielrichtung seines Exzesses vollkommen zu Recht nicht als mildernd zugute gehalten. Mit Rücksicht auf die selbst im Zuhältermilieu ungewöhnliche Brutalität und sadistische Roheit des Angeklagten, die in Verbindung mit der aus seinem Gesamtverhalten hervorleuchtenden Lebensauffassung eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten außerordentlich negative Einstellung erkennen und für seine künftige Entwicklung Schlimmes befürchten läßt, hat das Erstgericht die über ihn verhängte Freiheitsstrafe bei einem Rahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren - ungeachtet dessen, daß das Zufügen besonderer Qualen schon durch die Qualifikation gemäß § 84 Abs 2 Z 3 StGB erfaßt wird - nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) mit 18 Monaten keineswegs zu hoch ausgemessen. Eine Strafherabsetzung kam daher nicht in Betracht. Von einer dementsprechend zur Gewährung bedingter Strafnachsicht vorauszusetzenden, aus besonderen Gründen anzunehmenden Gewähr für ein künftiges Wohlverhalten des Berufungswerbers (§ 43 Abs 2 StGB) kann nach dem zuvor Gesagten gleichfalls keine Rede sein. Schon darum mußte der Berufung auch insoweit ein Erfolg versagt bleiben.
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