OGH 10Os179/79

OGH10Os179/7929.1.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jürgen A und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Thomas B gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 18. Oktober 1979, GZ 2 Vr 1203/79-29, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bernhauser und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. - nämlich außer zwei an denselben strafbaren Handlungen vom 1. August 1979 in Wien in verschiedenem Umfang beteiligten Jugendlichen (Jürgen A und Karin C)

-

der am 22. Jänner 1961 geborene beschäftigungslose Thomas B des teils (in zwei Fällen: Fakten A I 1 und 2) vollendeten, teils (in einem weiteren Fall: Faktum B) versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 15 StGB sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und 2 sowie Abs 3 (erster Fall) StGB (Faktum C) schuldig erkannt. Mit seiner auf die Z 5 sowie 9 lit a und b (inhaltlich auch Z 10) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Thomas B lediglich den Schuldspruch wegen (auch) versuchten Einbruchsdiebstahls (Faktum B) und die Annahme der (strafsatzerhöhenden) Qualifikationen bei dem vorbezeichneten Vergehen (Faktum C); er vermag damit jedoch in keiner Richtung durchzudringen.

Rechtliche Beurteilung

Zum Schuldspruchfaktum B:

Das gilt zunächst für die Beschwerdeausführungen, welche das Vorliegen einer (noch straflosen) Vorbereitungshandlung behaupten; denn das Niederdrücken einer Türklinke und das (festigkeitsprüfende) Abklopfen einer Fensterscheibe am Gebäude der 'BP'-Tankstelle in Wien 22, Erzherzog Karl-Straße 34-36, diente den (in tatsächlicher Beziehung nicht bekämpften) Urteilsfeststellungen zufolge nicht bloß der Erkundung der Möglichkeit eines erst bei späterer Gelegenheit zu verübenden Diebstahls, sondern es sollte nach den Vorstellungen der Täter - wie bei den auf demselben Diebszug kurz zuvor und danach in zwei anderen nahegelegenen Tankstellen verübten Einbrüchen (Schuldspruchfakten A I 1 und 2) - unmittelbar die Ausführung des von ihnen (auch hier) beabsichtigten (Einbruchs-) Diebstahls folgen. Mithin war die nach § 15 Abs 2 StGB den strafbaren Deliktsversuch von der bloßen Vorbereitungshandlung abgrenzende (zeitliche und örtliche) Ausführungsnähe gegeben (vgl Leukauf-Steininger2 RN 17 zu § 15 StGB).

Aber auch ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch kommt - dem weiteren Beschwerdeeinwand zuwider - vorliegend nicht in Betracht:

Der Beschwerdeführer selbst brachte in der Hauptverhandlung vor (und räumt auch in der Nichtigkeitsbeschwerde ein), die Täter hätten den Einbruch nicht durchgeführt, weil sie aus dem Tankstellengebäude Stimmen hörten (S 179). Es bedarf bei dieser Sachlage nicht der Feststellung, ob die Täter auch bemerkten, daß von den im Gebäude anwesenden, durch das Geräusch der vorerwähnten Versuchshandlungen auf das Diebsunternehmen aufmerksam gewordenen Personen die Polizei verständigt wurde; müßig ist aber auch die (in der Beschwerde retrospektiv angestellte) Überlegung, ob sie nicht etwa den Abzug der eingetroffenen Polizeistreife in Sicherheit abwarten und sodann ihr Vorhaben wieder aufnehmen hätte können. Haben die Täter nämlich, wie sich aus der zitierten Verantwortung des Beschwerdeführers sinngemäß ergibt, der (unerwarteten) nächtlichen Anwesenheit von Personen am Tatort die Bedeutung eines der Deliktsausführung entgegenstehenden Hindernisses beigemessen, so kann keine Rede davon sein, daß sie diese - wie § 16 Abs 1 StGB für den beanspruchten Strafaufhebungsgrund fordert -

freiwillig aufgaben (vgl RZ 1975/57; EvBl 1978/

197).

Die Ansicht des Beschwerdeführers, gegenständlich sei äußerstenfalls der Versuch eines nicht (durch Einbruch nach § 129 Z 1 StGB) qualifizierten Diebstahls ohne Begründungsmangel oder Rechtsirrtum anzunehmen, kann nicht geteilt werden, weil nach § 15 Abs 2 StGB der (subjektive) Gesamtplan des Täters entscheidendes Beurteilungskriterium ist (Leukauf-Steininger, Kommentar2, RN 20 zu § 15 StGB) und es im übrigen, wie bereits einleitend klargestellt, nur auf die Ausführungs- nicht aber auf die Erfolgsnähe ankommt (aaO RN 8). Daß der auf eine qualifizierte Begehungsform gerichtete Vorsatz (schon) in der als ausführungsnah zu wertenden Handlungsweise des Täters nach außen hin in Erscheinung treten, sie etwa Merkmale der betreffenden Qualifikation aufweisen, sich - wie der Beschwerdeführer meint - als insofern spezifische Ausführungshandlung darstellen müsse, damit diese Qualifikation dem Täter zugerechnet werden könne, ist sohin nicht erforderlich. Daß der Beschwerdeführer aber mit seinen Komplizen in die gegenständliche Tankstelle einbrechen wollten, hat das Erstgericht - schon durch deren Geständnis hinreichend wie auch sonst mängelfrei begründet - ausdrücklich festgestellt.

Zum Schuldspruchfaktum C:

Für die Qualifikation des unbefugten Fahrzeuggebrauchs nach § 136 Abs 2 StGB kommt es - der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider - im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob die in diesem Punkt schuldig gesprochenen Angeklagten (der Beschwerdeführer und Jürgen A) beim Einbruch in die E***Tankstelle in Wien 22, Erzherzog Karl-Straße 70, schon den Vorsatz hatten, sich durch diesen Einbruch die Gewalt über ein auf dem Tankstellengelände (versperrt) abgestelltes Kraftfahrzeug zu verschaffen. Nach den insoweit unbekämpften Urteilsfeststellungen bedienten sie sich nämlich zur Ingebrauchnahme des gegenständlichen Lastkraftwagens eines Schlüssels, den sie zu diesem Zweck aus mehreren im Tankstellenraum hängenden Autoschlüsseln heraussuchten. Solcherart haben sie den betreffenden Schlüssel, der ihnen weder zur Benützung übergeben noch in ein besonderes Naheverhältnis zum zugehörigen Schloß am Fahrzeug gebracht worden war, im Sinne des § 129 Z 1

StGB 'widerrechtlich erlangt' (ÖJZ-LSK 1977/283). Demnach wurde dem Beschwerdeführer (wie Jürgen A) die Qualifikation nach § 136 Abs 2 StGB auf zureichender Feststellungsgrundlage rechtsrichtig angelastet.

Der nach § 136 Abs 3 StGB strafsatzerhöhend wirkende, durch den pönalisierten Gebrauch verursachte höhere Schaden am Fahrzeug (sowie an der Ladung oder durch den Verbrauch von Betriebsmitteln) ist gemäß § 7 Abs 2 StGB einem Täter dann zuzurechnen, wenn er diese Tatfolge wenigstens fahrlässig herbeiführte, ohne daß er aber den Schadenseintritt unmittelbar selbst bewirkt haben müßte; der Fahrlässigkeitsvorwurf in bezug auf irgendeine Kausalbeziehung zwischen der inriminierten Tatbeteiligung und dem verpönten Erfolg genügt (ÖJZ-LSK 1978/78). Diesbezüglich wurde vom Erstgericht festgestellt, daß der dessen voll geständige (S 23 = 89; S 175) Beschwerdeführer selbst beim Lenken des in Wien 22 unbefugt in Gebrauch genommenen Lastkraftwagens in Richtung Burgenland zwischen Münchendorf und Ebreichsdorf von der Fahrbahn abkam und durch einen Straßengraben auf ein angrenzendes Feld geriet. Unter dem aufgezeigten rechtlichen Gesichtspunkt hat der Beschwerdeführer aber auch Schäden zu verantworten, die allenfalls auf eine unsachgemäße Vorgangsweise bei dem daraufhin von ihm und Jürgen A gemeinschaftlich (S 176) unternommenen Versuch, das auf dem Ackerboden stehende Fahrzeug wieder flott zu machen, zurückzuführen sind. Die vom Beschwerdevorbringen vermißte Feststellung, welcher Teil des mit rund 14.000 S unbekämpft angenommenen Schadens am Fahrzeug auf den 'Unfall' und welcher auf sonstige Fehlhandlungen bei der Fahrzeugbedienung zurückzuführen sind, war daher entbehrlich. Mit der auf nicht näher bezeichnete Verfahrensergebnisse gestützten Behauptung, unsachgemäße Bedienung des Fahrzeugs habe nur der Mitangeklagte Jürgen A zu vertreten, vernachlässigt der Beschwerdeführer den urteilsmäßig festgestellten Sachverhalt, ohne einen bezüglichen Begründungsmangel des Urteils entsprechend darzutun, und führt sohin weder einen materiellrechtlichen noch einen formellen Nichtigkeitsgrund gesetzmäßig aus.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Thomas B nach §§ 28, 129 StGB elf Monate Freiheitsstrafe.

Dabei erachtete es als erschwerend 'hinsichtlich der Diebstahlsfakten den Rückfall im Sinne des § 39 StGB', (gemeint:

das Vorliegen von Verurteilungen wegen auf der gleichen Neigung beruhenden Taten, durch welche die Voraussetzungen für eine allfällige - hier nicht erfolgte - fakultative Strafschärfung nach § 39 StGB erfüllt werden) das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen sowie die Wiederholung der diebischen Angriffe, als mildernd hingegen das überwiegende Geständnis, das Alter unter 21 Jahren und den Umstand, daß es zu einem Diebstahlsfaktum beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung strebt Thomas B eine Herabsetzung des Strafmaßes

'auf sechs Monate' an;

diesem Begehren kommt keine Berechtigung zu.

Die im Urteil festgehaltenen Strafzumessungsgründe bedürfen insoweit einer Ergänzung, als dem Angeklagten einerseits die Sicherstellung der Diebsbeute als weiterer Milderungsgrund zugute kommt, andererseits aber zu den Erschwerungsgründen zwei weitere hinzutreten, nämlich die zweifache Qualifikation beim unbefugten Fahrzeuggebrauch und (vor allem) der überaus rasche Rückfall. Unter diesen Umständen kann die verhängte Freiheitsstrafe nicht als überhöht angesehen werden, weshalb auch der unbegründeten Berufung ein Erfolg zu versagen war.

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