Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Alfred A und Rudolf B (I.) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (erster Fall) StGB und (II.) des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie und der abgesondert verfolgte Josef C in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12
StGB) (zu I.) am 20. April 1979 in Wiener Neustadt der Reinhilde D mit Gewalt gegen ihre Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegnahmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem B ihr trotz ihrer Gegenwehr ihre Handtasche im Wert von 400 S mit darin enthaltenen 4.300 S Bargeld und einer Banknotentasche im Wert von 50 S entriß, während A und C in einem Personenkraftwagen Aufpasserdienste leisteten und den Fluchtweg sicherten, sowie (zu II.) am 19. April 1979 in Baden der Leopoldine E fremde bewegliche Sachen, und zwar 50 S Bargeld, eine Handtasche im Wert von 300 S, eine Brille im Wert von 100 S und einen Schlüsselbund im Wert von 100 S, mit dem Vorsatz wegnahmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Den nur gegen den Schuldspruch wegen Raubes gerichteten, auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und Z. 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Der Angeklagte A ficht unter Geltendmachung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes die Urteilsfeststellung, er sei mit dem Vorhaben BS einverstanden gewesen, dem Opfer gegebenenfalls unter gewaltsamer Überwindung von dessen Widerstand die Handtasche zu entreißen, mit der Begründung an, daß diese Konstatierung seiner Verantwortung und der sie bestätigenden Darstellung des Mitangeklagten B in der Hauptverhandlung widerspreche. Mit seinem darauf bezogenen Vorbringen bekämpft er aber ohne sachliche Geltendmachung eines formellen Begründungsmangels des Urteils im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO und zudem unter gezielt unvollständiger Wiedergabe der relevierten Angaben BS nur in unzulässiger Weise (nach Art und Zielsetzung einer Schuldberufung) die Beweiswürdigung des Schöffengerichts, welches seine insoweit leugnende Verantwortung (bei aktengetreuer Wiedergabe der verwerteten Verfahrensergebnisse) gerade auf Grund der Darstellung des genannten Mitangeklagten, aber auch aus anderen Erwägungen mit einer den Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung entsprechenden Begründung als widerlegt ansah (S. 326 f.). Die Mängelrüge läßt demnach eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen.
Gleiches gilt für die Rechtsrüge des Beschwerdeführers (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO), mit der er, ohne jene Tatumstände zu bezeichnen, die seiner Ansicht nach den Nichtigkeitsgrund bilden, nur behauptet, 'seine Tathandlung (sein deliktisches Verhalten vom 20. April 1979) wäre bei richtiger rechtlicher Wertung genauso wie das Faktum II. unter die Bestimmungen des § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 StGB. zu subsumieren gewesen'.
Denn ein Vorbringen zum materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO, mit dem bloß die Richtigkeit der Subsumtion bestritten, aber nicht gesagt wird, auf Grund welcher Tatumstände der Sachverhalt einer anderen Strafbestimmung zu unterstellen sein soll, ist - unbeschadet der dem Rechtsmittelgericht nach § 290 Abs. 1 StPO zustehenden Befugnis zu amtswegigem Vorgehen - mangels Substantiierung im Sinn der §§ 285 Abs. 1, 285 a Z. 2 StPO einer argumentationsbezogenen sachlichen Behandlung (und damit einer sinnvollen Erörterung) unzugänglich, beinhaltet also keine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a Nr. 12 a, § 281 Nr. 17). Der Angeklagte B bezeichnet - mit Bezugnahme auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO - zunächst jene Konstatierungen des Schöffengerichts, wonach ihn Reinhilde D schon in Abwehr seines Vorhabens, ihr die Tasche wegzunehmen, abzudrängen versucht habe und wonach er unmittelbar hierauf den Taschen-Körper sogleich mit beiden Händen erfaßt und daran gerissen habe, als 'aktenwidrig' sowie die weitere Feststellung, die Genannte habe sich dem Entreißen der Tasche 'widersetzt', als undeutlich. Diese Einwände betreffen jedoch keine entscheidenden Tatsachen (im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes).
Zumindest durch das festgestellte wiederholte Zerren an der Handtasche, wodurch deren (sie festhaltende) Trägerin in ihrer Körperhaltung im Uhrzeigersinn verdreht wurde und schließlich der Tragriemen abriß (S. 325), hat nämlich der Beschwerdeführer jedenfalls den Sachbehauptungswillen der solcherart Angegriffenen gewaltsam überwunden und damit - ohne daß insoweit (von ihm der Sache nach offenbar ins Auge gefaßte) Feststellungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO) vorlägen - 'Gewalt gegen die Person' seines Opfers im Sinn des § 142 Abs. 1 StGB ausgeübt (vgl. EvBl. 1978/215; ÖJZ-LSK 1976/77 u. a.). Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob D den Angeklagten B erst nach Beginn der Tatausführung oder schon vorher abzudrängen versuchte und ob dieser den Taschen-Körper zuerst nur mit einer Hand oder sogleich mit beiden Händen erfaßte; ebensowenig auf den genauen Vorgang, wie sich die Angegriffene der Wegnahme ihrer Handtasche 'widersetzte'.
Die - für die Qualifikation des Raubes nach § 143 (erster Fall) StGB maßgebende - Urteilsannahme aber, auch A und C seien damit einverstanden gewesen und hätten sich innerlich damit abgefunden gehabt, daß der Beschwerdeführer seinem Opfer die Handtasche gegen dessen Willen entreiße (S. 321 f.), hat das Erstgericht vor allem aus den in der Hauptverhandlung verlesenen Angaben CS vor der Polizei (S. 85, 329) schlüssig abgeleitet (S. 320-322); von einer (als 'Aktenwidrigkeit' gerügten, damit aber der Sache nach behaupteten) offenbar unzureichenden Begründung dieser Konstatierung (im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO) deshalb, weil es dafür an (sie stützenden) Beweisergebnissen fehle, kann folglich keine Rede sein. Gleichermaßen versagt schließlich auch die Rechtsrüge des Angeklagten B (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO), mit der er einwendet, seine Komplizen A und C hätten sich derart weit vom Tatort entfernt aufgehalten, daß von einer Verübung des Raubes in Gesellschaft von Beteiligten im Sinn des § 143 (erster Satz) StGB nicht gesprochen werden könne.
Nach den Urteilsfeststellungen wurde der Raub derart vorausgeplant und ausgeführt, daß C den Beschwerdeführer aus seinem Personenkraftwagen aussteigen ließ, als sie das Tatopfer erblickten, daß er hierauf das Fahrzeug in eine Seitengasse lenkte und in einer Entfernung von ungefähr 100
bis 150 Metern mit laufendem Motor wartete, wobei A neben der offenen Beifahrertür stand, daß B nach der Tat zum Auto lief und einstieg, daß nunmehr auch A zustieg und daß C sodann wegfuhr. Bei dieser Realisierung des Tatplans bedeutet der Transport des die Tat unmittelbar Ausführenden an den Tatort und das seine rasche Flucht von dort mit der Beute erleichternde Verhalten der zu diesem Zweck gleichzeitig in der Nähe verweilenden übrigen Täter, daß der Raub gemäß § 143 (erster Fall) StGB 'in Gesellschaft' begangen worden ist. Darauf, ob sich die zuletzt bezeichneten Täter in einer solchen Nähe zum Tatort befanden, daß sie direkt in das unmittelbare Tatgeschehen selbst hätten eingreifen können, und ob sie zur Tatausführung (überdies) dadurch beitrugen, daß ihre Anwesenheit und Zugehörigkeit zu dem die unmittelbaren Ausführungshandlungen setzenden Täter für die Angegriffene erkennbar war, kommt es unter den gegebenen Umständen nicht an; denn zur Annahme eines Gesellschaftsraubes nach der in Rede stehenden Qualifikationsbestimmung genügt auch jede andere Förderung oder Erleichterung der Tat durch einen gleichzeitig am Tatort oder in dessen Nähe Anwesenden im Sinn des - im § 143 (erster Fall) StGB ausdrücklich bezogenen - § 12 (dritter Fall) StGB (vgl. ÖJZ-LSK 1976/235, EvBl 1976/218 und 1978/141 u. a. m.).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte die Angeklagten nach §§ 143 erster Strafsatz, 28, 41 StGB, § 11 Z. 1 JGG zu je 14 Monaten Freiheitsstrafe, die es ihnen gemä ß § 43 StGB, § 11 Z. 3 JGG jeweils unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachsah. Bei der Strafzumessung wertete es bei beiden Angeklagten ihr Geständnis, ihre vernachlässigte Erziehung und die Schadensgutmachung als mildernd, die Deliktskonkurrenz dagegen als erschwerend.
Die Anwendung des § 43 StGB. hielt es in Verbindung mit der Bestellung eines Bewährungshelfers und mit der Weisung, in Hinkunft einem geregelten Erwerb nachzugehen, für gerechtfertigt. Den Berufungen sowohl der Angeklagten, die eine Strafherabsetzung anstreben, als auch der Staatsanwaltschaft, die eine Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht begehrt, kommt keine Berechtigung zu. Dem Angeklagten A ist zwar zusätzlich als mildernd zugute zu halten, daß er zu den Straftaten verleitet wurde und daran nur in eher untergeordneter Weise beteiligt war, doch ist anderseits die den beiden Angeklagten als Milderungsgrund zugerechnete Schadensgutmachung allein durch ihren Komplizen Josef C vorgenommen worden; da A und B hiezu in keiner Weise durch (irgendwelche - wie immer geartete) eigene Bemühungen beigetragen haben, fällt sie bei ihnen als mildernd nicht ins Gewicht. Bei sachgemäßem Abwägen der tatsächlich vorliegenden Strafzumessungsgründe unter Beachtung der ihnen nach Lage des Falles (spezifisch) zukommenden Bedeutung zeigt sich, daß die verhängten Freiheitsstrafen - der in den Berufungen der Angeklagten vertretenen Auffassung zuwider - nach ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) keineswegs zu hoch ausgemessen wurden. Eine an sich gerechtfertigte Differenzierung zwischen den Strafen in Ansehung ihrer Dauer wäre demnach nur durch eine Erhöhung der über den Angeklagten B verhängten Freiheitsstrafe möglich, die aber mangels eines darauf abzielenden Berufungsantrags der Anklagebehörde nicht in Betracht kommt.
Der von der Staatsanwaltschaft bekämpften Gewährung der bedingten Strafnachsicht hinwieder stehen einerseits mit Rücksicht auf die innerhalb der Bandbreite aller kriminologischen Erscheinungsbilder von Raubtaten doch nur geringe Intensität der Gewaltanwendung aus Gründen der Generalprävention und anderseits - trotz der jeweils einen (geringfügigen) einschlägigen Vorstrafe der Angeklagten sowie des Zusammentreffens und der Begleitumstände ihrer nunmehrigen Straftaten - aber auch, und zwar nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß sie durch ihre etwa viermonatige Anhaltung im Vorverfahren erstmals das Übel eines Freiheitsentzuges erlitten haben, zudem aus Gründen der Spezialprävention entscheidende Hindernisse (noch) nicht entgegen.
Sämtlichen Berufungen war daher ein Erfolg zu versagen.
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