OGH 10Os161/79

OGH10Os161/7928.11.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.November 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Steininger, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayerhofer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB. über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.August 1979, GZ. 5 d Vr 2975/78-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. August 1979, GZ. 5 d Vr 2975/78-27, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 394, 395 StPO.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und es wird gemäß § 292 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Der Kostenbestimmungsantrag des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Karl B vom 30.Mai 1979 (ON. 22) wird als unzulässig zurückgewiesen. Johann A wird mit seiner gegen den obangeführten Beschluß erhobenen Beschwerde (ON. 28) auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

In dem zu 5 d Vr 2975/78 beim Landesgericht für Strafsachen Wien anhängig gewesenen, durch Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 16. Mai 1979, AZ. 10 Os 40/79, rechtskräftig beendeten Strafverfahren gegen Johann A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB. war der dieses Verbrechens schuldig erkannte und zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens (einschließlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens) verurteilte Angeklagte durch den von ihm am 25.April 1978 (ON. 4) bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. Karl B vertreten.

Dieser beantragte nach rechtskräftiger Verfahrensbeendigung, und zwar am 30.Mai 1979, beim Landesgericht für Strafsachen Wien die Bestimmung seiner tarifmäßigen Kosten mit 36.702,50 S (ON. 22), welchem Begehren der Vorsitzende - nachdem dem Verurteilten Gelegenheit zur Äußerung (siehe Pkt. 9 auf S. 113) gegeben worden war -

mit Beschluß vom 22.August 1979, GZ. 5 d Vr 2975/78-27, vollinhaltlich entsprach. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde Johann A am 30.August 1979 durch Hinterlegung zugestellt (RS. bei ON. 27). Die gegen diese Entscheidung gerichtete, erst am 14. September 1979 zur Post gegebene Beschwerde des Johann A (ON. 28) ist daher verspätet (§ 392 Abs. 2 StPO.); sie müßte vom Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht als verspätet zurückgewiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluß vom 22.August 1979, womit dem Johann A der Ersatz der mit 36.702,50 S bestimmten Kosten seiner Verteidigung durch Rechtsanwalt Dr. Karl B aufgetragen wurde, findet im Gesetz keine Deckung.

Die im angefochtenen Beschluß bezogene Bestimmung des § 395 StPO. handelt in ihren ersten vier Absätzen, in Verbindung mit § 393 Abs. 3 StPO., von der Erstattung der Vertretungskosten einer Partei durch die unterlegene andere Partei. Die Kostenersatzpflicht für die eigene rechtsfreundliche Vertretung, insbesondere des zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilten Angeklagten regeln hingegen die §§ 394 und 395 Abs. 5 StPO.

Nach der erstzitierten Gesetzesstelle ist die Bestimmung der Vertretungskosten sowohl im - vorliegend gegebenen - Fall eines vom Angeklagten selbst gewählten Verteidigers (§ 39 Abs. 1 StPO.) als auch im Fall, wenn dem Angeklagten von Amts wegen ein Verteidiger beigegeben wurde (§ 41 Abs. 3 StPO.) grundsätzlich dem freien Übereinkommen zwischen dem Vertreter und dem Zahlungspflichtigen überlassen. Nur wenn eine solche Einigung nicht zustandekommt, hat gemäß § 395 Abs. 5 StPO. der Amtsverteidiger die Möglichkeit, seine Kosten vom Strafgericht bestimmen und dem Angeklagten (Verurteilten) deren Bezahlung auftragen zu lassen; der rechtskräftige Beschluß ist vollstreckbar.

Für einen vom Angeklagten selbst gewählten Verteidiger hingegen ist eine solche Kostenbestimmung durch das Strafgericht nicht vorgesehen; er muß bei fehlender Einigung mit dem von ihm vertretenen Angeklagten (Verurteilten) über seine Entlohnung den Zivilrechtsweg beschreiten (Roeder, Lehrbuch2, S. 341). Mangels Zuständigkeit des Strafgerichts für die Bestimmung der Kosten des Wahlverteidigers hätte daher der Vorsitzende diese ablehnen müssen. Die demgegenüber ergangene Sachentscheidung, die gemäß § 1 Z. 8 EO. einen Exekutionstitel bildet, verletzt daher nicht nur das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 394, 395 StPO., sondern sie hat sich durch die aus ihr resultierende Verpflichtung des Verurteilten zur Zahlung von 36.702,50 S als Kostenersatz für den von ihm als Verteidiger gewählten Rechtsanwalt auch zum Nachteil der Verurteilten ausgewirkt.

Der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Beschwerde war daher stattzugeben und gemäß § 292 StPO. wie eingangs zu erkennen.

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