Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Gemäß § 390 a StPO fallen den beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 20. März 1963 geborene Silvia Maria A und die am 31. Mai 1963 geborene Barbara B, zwei jugendliche Schülerinnen, wegen des am 16. August 1979 in Gesellschaft als Beteiligte im Kaufhaus 'C' C Moden in Bregenz unternommenen Versuchs, eine Bluse im Wert von 295 S, ein T-Shirt im Wert von 129 S und einen Pullover im Wert von 299 S zu stehlen, des Vergehens des versuchten Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und 2 Z 1 StGB - § 15 StGB wird im Urteilsspruch (offenbar versehentlich) nicht zitiert - schuldig erkannt.
Die Angeklagten bekämpfen diesen Schuldspruch mit einer (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerde unter Anrufung der Z 5, 9 lit. c und 10 des § 281 Abs. 1 StPO.
Rechtliche Beurteilung
Vorweg sei zunächst (außerhalb des Bereichs der Urteilsanfechtung) darauf verwiesen, daß das Jugendschöffengericht nicht gehörig besetzt war, weil entgegen der zwingenden Anordnung des § 32 Abs. 3 JGG kein Schöffe des Geschlechts der Angeklagten mitgewirkt hat (Heidrich-Zastiera S 132, Reissig S 134 f). Dieser, eine Nichtigkeit nach § 281 Abs.1 Z 1 StPO begründende Umstand war bereits zu Beginn der Hauptverhandlung offenkundig, ist jedoch nicht - wie das Gesetz es fordert -
sogleich geltend gemacht und auch nicht nachträglich - bei Fehlen dieses prozessualen Erfordernisses unzulässig - in der Nichtigkeitsbeschwerde zum Tragen zu bringen versucht worden (Mayerhofer-Rieder Nr. 31 a zu § 281 Abs. 1 StPO).
Gestützt auf den erstangeführten Nichtigkeitsgrund behauptet die Beschwerde sachlich (nur) Feststellungsmängel im Sinne der Z 9 lit. b der angeführten Gesetzesstelle mit Beziehung auf den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB) darüber, ob die (vielleicht durch Flucht doch mögliche) Vollendung der Tat von den beiden Angeklagten - trotz Anhaltung im Warenhaus und Vorfindens der gestohlenen Waren in ihrem Besitz - letztlich nicht doch freiwillig (aus Angst vor einer Bestrafung oder mangels entsprechender Energie und damit unter Umständen, die noch keinen Zwang zur Abstandnahme von der Tatvollendung darstellen) aufgegeben wurde; dies jedoch zu Unrecht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Handlungsweise der Angeklagten - wovon das Erstgericht ausgeht -
(bloß) als versuchter oder - wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zu den Rechtsmitteln meint -
(bereits) als vollendeter Diebstahl zu beurteilen ist, zumal dann zwar ein Rücktritt vom Versuch schon begrifflich nicht in Frage käme, wohl aber im Hinblick auf die Schadensgutmachung teils durch Rückgabe, teils durch Bezahlung der entfremdeten Sachen (unter ähnlichen Aspekten) geprüft werden müßte, ob den Angeklagten nicht tätige Reue nach § 167 StGB zustatten kommt, wobei für beide Strafaufhebungsgründe das Moment der Freiwilligkeit wesentlich ist. Nach dem Sinngehalt der in diesem Zusammenhang getroffenen Urteilsfeststellungen (und der Aktenlage) ist der Diebstahl deshalb nicht vollendet worden, weil die Angeklagten, bei der Tat betreten, unter dem Zwang der konkreten Verhältnisse objektiv wie subjektiv keine Chance hatten, die Herausgabe der Beute mit Aussicht auf Erfolg zu verweigern und das Diebsgut vom Tatort weg in Sicherheit zu bringen. Für anderweitige Konstatierungen, und zwar dahin, daß auf Grund der - maßgebenden - Einschätzung der (eingetretenen) Lage durch die zwei Täterinnen selbst, bei diesen die Vorstellung erhalten geblieben wäre, sie seien noch immer imstande die strafbare Handlung dem Tatplan entsprechend zu vollenden, bieten die Verfahrensergebnisse keine Grundlage. Wenn der Verteidiger jedoch die Sachlage in dieser Richtung nicht als hinreichend geklärt ansah, wäre es seine Aufgabe gewesen, durch Ausübung seines Fragerechts (§ 249 StPO) oder durch Stellung sachdienlicher Beweisanträge auf die ihm nötig erscheinende Klarstellung hinzuwirken und sich für den Fall der Abweisung eine Verfahrensrüge (§ 281 Abs. 1 Z 4 StPO) zu sichern.
Fehl gehen ferner auch jene Beschwerdeausführungen, die unter Bezugnahme auf die Z 10 und 9 lit. c (sachlich neuerlich 9 lit. b - sh LSK. 1976/134) des § 281 Abs. 1 StPO das deliktische Verhalten der Angeklagten mit der Argumentation als - mangels Vorliegens der erforderlichen Ermächtigung des Verletzten zur Verfolgung (§ 141 Abs. 2 StGB) - nicht strafbare Entwendung gewertet wissen wollen, daß bei der Prüfung, ob die entzogenen Sachen im Sinne des § 141 Abs. 1 StGB nur einen geringen Wert haben, eine Zusammenrechnung nicht nur in Ansehung von bei mehreren selbständigen Angriffen erbeuteten Werten, sondern - weil sie nicht weniger der Privilegierung des § 141 StGB widerspreche - auch in bezug auf solche nicht stattfinde, die - wie vorliegend -
bei einem gemeinsamen Angriff mehrerer Personen von jeder einzelnen weggenommen wurden, und daher auch gegenständlichenfalls im Rahmen der letztzitierten Gesetzesstelle jede der zwei Angeklagten wertmäßig lediglich für die persönlich an sich gebrachte(n) Ware(n) (mit einem Kaufpreis von jeweils - weit - unter 500 S) hafte. Die Beschwerdeführerinnen verkennen mit diesem Einwand grundsätzlich, daß es bei der letzten - auch hier gegebenen - Fallgestaltung nicht um die (vollkommen anders gelagerte) durch § 29 StGB geregelte Zusammenfassung wert- oder schadensqualifizierter Delikte bei gleichartiger Realkonkurrenz zum Zwecke der Straffestsetzung durch Summierung der Werte oder Schadensbeträge geht, sondern um die wechselseitige tatbestandsmäßige Haftung von (gemeinsam - bewußt und gewollt - bei der Tatausführung zusammenwirkenden) Mittätern bzw. gemäß § 127 Abs. 2 Z 1 StGB (in Gesellschaft) an der Tat Beteiligten über den eigenen Tatbeitrag hinaus auch für jenen des Komplizen, kraft deren jeder einzelne die Entfremdung nicht nur der von ihm persönlich für sich selbst entzogenen Sachen und damit bloß ihren Wert, sondern aller gemeinsam weggenommenen mit ihrem Gesamtwert verantwortet (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2, S 950 RN 9 zu § 141 StGB). Dieser Gesamtwert übersteigt konkret mit (einem unbestrittenen Betrag von) 723 S die Bagatellgrenze deutlich (vgl. SSt 46/71). Die Voraussetzungen des § 141 Abs. 1 StGB wurden vom Erstgericht schon deshalb zutreffend negiert;
im übrigen - im Ergebnis - aber auch Unbesonnenheit als Motiv angesichts dessen, daß die - wiewohl gleichsam in einem Zuge geschehene - Wegnahme der Bekleidung in mehreren (sich über eine gewisse Zeitspanne erstreckenden) Zugriffen und außerdem, wie nicht nur deren Ausführung sondern auch die Art des jeweils nachgefolgten Verbergens der Beute zeigt, in wohl überlegter Weise erfolgte. Allerdings ist der Beweggrund entsprechend dem vorher Gesagten nicht mehr entscheidungswesentlich und auf das Beschwerdevorbringen hiezu darum nicht (weiter) einzugehen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
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