Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Jahre erhöht.
Die Angeklagte wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO. fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 25.Jänner 1926 geborene Hausfrau Rosina A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten Mords nach den § 15, 75 StGB. schuldig erkannt.
Die Geschwornen hatten die an sie gerichtete Hauptfrage, ob die Angeklagte schuldig sei, am 28.April 1977
in Bürmoos vorsätzlich versucht zu haben, ihren Gatten Friedrich A dadurch zu töten, daß sie auf dessen Kopf mit einem hölzernen Kartoffelstössel ungezählte Male einschlug, mit 5 Ja- gegen 3 Nein-Stimmen bejaht, eine - Zurechnungsunfähigkeit im Sinne des § 11 StGB. betreffende -
Zusatzfrage einstimmig verneint und daher die Eventualfrage 1 mit dem Wortlaut: 'Ist Rosina A schuldig, daß sie sich am 28.April 1977 in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen ließ, den Versuch zu unternehmen, ihren Ehegatten Friedrich A dadurch zu töten, daß sie auf dessen Kopf mit einem hölzernen Kartoffelstössel ungezählte Male einschlug?', sowie die weiteren - in Richtung einer absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs. 1 StGB. und einer schweren Körperverletzung nach den § 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 StGB.
gestellten - Eventualfragen 2 und 3 folgerichtig unbeantwortet gelassen.
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer der Sache nach auf § 345 Abs. 1 Z. 6 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Die Beschwerdeführerin bezeichnet die Fragestellung insoweit als fehlerhaft, als das Wort 'vorsätzlich' zwar in die den Geschwornen vorgelegte Hauptfrage (auf versuchten Mord), nicht aber auch in die oben wiedergegebene Eventualfrage 1 (auf versuchten Totschlag) aufgenommen wurde. Diese unterschiedliche Formulierung sei zu einer Irreführung der Geschwornen geeignet gewesen und habe bei diesen den Eindruck erwecken müssen, im Falle vorsätzlichen Handelns der Täterin könne (versuchter) Totschlag nicht gegeben sein. Der Beschwerdeführerin ist zuzugeben, daß die Aufnahme des Worts 'vorsätzlich' in die Hauptfrage - bezüglich welcher sie allerdings in der Hauptverhandlung selbst keine önderungswünsche (§ 310 Abs. 3 StPO.) vorbrachte - unterbleiben konnte, zumal im Gesetzestext des § 75 (wie auch des § 76) StGB. die Schuldform des Vorsatzes nicht enthalten ist. Dies bedeutet aber andererseits nicht, daß die unter Verwendung des Worts 'vorsätzlich' abgefaßte Hauptfrage gegen die Anordnungen des § 312 Abs. 1 StPO. verstieß; denn gemäß der allgemeinen Vorschrift des § 7 Abs. 1 StGB. ist immer dann, wenn das Gesetz nicht anderes bestimmt - daher auch bei den Delikten der § 75 und 76 StGB. - nur vorsätzliches Handeln strafbar, so daß die ausdrückliche Erwähnung dieser Schuldform bei der Fragestellung nur eine (zulässige) Verdeutlichung darstellt.
Davon abgesehen konnte aber durch die (zulässige) Aufnahme des Worts 'vorsätzlich' in die Hauptfrage und durch das (ebenso zulässige) Auslassen der Schuldform in der Eventualfrage 1 kein Irrtum der Geschwornen zustandekommen, weil in der den Laienrichtern erteilten Rechtsbelehrung ganz eindeutig klargestellt ist, daß es sich auch beim Totschlag um einen Fall vorsätzlicher Tötung handelt.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte Rosina A nach § 75 StGB. unter Anwendung des § 41 Abs. 1 Z. 1 StGB. zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Bei der Strafzumessung wertete es die heimtückische und brutale Vorgangsweise unter Ausnützung der Hilflosigkeit des Opfers und den Umstand, daß sich die Tat gegen den Ehegatten, somit gegen einen nahen Angehörigen richtete, als erschwerend; als mildernd hingegen das Geständnis vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter, den bisherigen ordentlichen Wandel, eine gewisse geistige Primitivität und eine stark herabgesetzte Steuerungsfähigkeit im Tatzeitpunkt, welche die Zurechnungsfähigkeit allerdings nicht in Frage stellte, sodann die Sorge um das Opfer nach der Tat, die von diesem der Angeklagten während der Ehe zugefügten seelischen Kränkungen und den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist.
Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagte eine Strafermäßigung und die Staatsanwaltschaft eine Straferhöhung.
Bei der Entscheidung über die Berufungen war davon auszugehen, daß sich der verbrecherische Angriff gegen das höchste Rechtsgut, das menschliche Leben, richtet; dies noch dazu in einer Weise, die auch in diesem Bereich einer besonderen Beurteilung bedarf: Die Angeklagte hat ihren Ehegatten meuchlings im Schlaf zu ermorden versucht, hat zahllose Schläge gegen seinen Kopf geführt und erst innegehalten, als er sich nicht mehr bewegte. Dann hat sie einen überfall von drei maskierten Männern vorgegeben.
Letzterer Umstand läßt wiederum erkennen, daß die Angeklagte jedenfalls zu raffinierten überlegungen durchaus imstande und keineswegs so primitiv ist, daß dieses Moment für ihre Bestrafung den Ausschlag geben könnte. Richtig betrachtet reiht sich dem wohlbedachten und tückisch ausgeführten Mordanschlag die versuchte Verschleierung des Geschehens durch Täuschung der Erhebungsorgane wesensmäßig folgerichtig an.
Hält man all das zusammen, so trägt die in erster Instanz verhängte Strafe dem in jeder Hinsicht aus dem Rahmen fallenden Schuldgehalt der Tat keineswegs Rechnung und war daher in Beibehaltung der außerordentlichen Strafmilderungs des § 41 StGB. spruchgemäß zu erhöhen.
Die Angeklagte war mit ihrer Berufung hierauf zu verweisen.
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