Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. Jänner 1965 geborene
Schüler Michael A des Vergehens des teils vollbrachten, teils
versuchten Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1
und Abs. 2 Z. 1, 15 StGB. schuldig erkannt, weil er in Innsbruck
fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Werte
nachgenannten Personen mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung
unrechtmäßig zu bereichern, I wegnahm, und zwar 1. in
Gesellschaft des strafunmündigen Wolfgang B als Beteiligten (§ 12
StGB.) am 1. Februar 1979 einem Verfügungsberechtigten des
Geschäftes Foto-Quelle: einen Fotoapparat Marke Pocket Revue im
Werte von 279 S, 2. als Alleintäter am 31. Jänner 1979 einem
Verfügungsberechtigten des Kaufhauses 'Tyrol': zwei Schachspiele im
Werte von 209 S;
II wegzunehmen versuchte, und zwar am 1. Februar 1979 in Gesellschaft des strafunmündigen Wolfgang B als Beteiligten (§ 12 StGB.) einem Verfügungsberechtigten des Kaufhauses 'Tyrol': eine Zuckerdose, ein Uhrarmband, Batterien, eine Schallplatte, Süßigkeiten und andere Waren im Werte von zusammen
1.183,80 S.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z. 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes macht der Beschwerdeführer geltend, das Erstgericht habe rechtsirrtümlich die Bestimmungen der §§ 12 JGG. und 42
StGB. nicht angewendet. Hiebei geht die Bezugnahme auf § 12 JGG. schon deshalb fehl, weil es für ein allfälliges Vorgehen des Jugendschöffengerichtes nach § 12 Abs. 1 (letzter Satz) JGG., abgesehen von der sachlichen Zuständigkeit u.a. an der Voraussetzung mangelt, daß der Staatsanwalt von der Strafverfolgung absieht und die Beantwortung der Frage, ob bei einem wegen einer Jugendstraftat verurteilten Rechtsbrecher eine Ermahnung ausreicht, nach der Vorschrift des § 12 Abs. 2 JGG. zwar in das Ermessen des erkennenden Gerichtes gestellt, die bezügliche Entscheidung aber eben deshalb nur mit Berufung bekämpfbar ist.
Der Beschwerdeführer reklamiert aber auch zu Unrecht die Anwendung der Bestimmung des § 42 StGB. Nicht strafwürdig nach dieser Gesetzesstelle ist eine Tat nämlich nur dann, wenn bei ihr die dort normierten Voraussetzungen kumulativ gegeben sind. Dies trifft im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zu, weil die Schuld des Angeklagten (§ 42 Abs. 1 Z. 1 StGB.) nicht als gering beurteilt werden kann, verlangt doch geringe Schuld, daß das tatbestandsmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsund Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/ 379 u.a.). Ein solches Zurückbleiben läßt sich aber hier weder aus den persönlichen Eigenschaften des Angeklagten, noch aus der Art der - planmäßig, wiederholt und überlegt erfolgten -
Tatbegehung ableiten.
Es kann aber auch nicht übersehen werden, daß die Vorgangsweise des Angeklagten insgesamt auf die Entziehung von Sachen nicht unbedeutenden Wertes abzielte (§ 42 Abs. 1 Z. 2 StGB.) und vorliegend der Schuldspruch auch geboten war, um dem Jugendlichen, der schon im strafunmündigen Alter wiederholt Kaufhausdiebstähle beging, den Unwert seines Verhaltens deutlich zu machen und ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 42 Abs. 1 Z. 3 StGB.). Die Annahme mangelnder Strafwürdigkeit kam sohin wegen des Fehlens der Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 StGB. nicht in Betracht.
Aber auch der auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 - sachlich auch der Z. 9 lit. b - des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Beschwerdeeinwand, das dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten sei lediglich als - zum Teil mangels Vorliegens der Ermächtigung des Verletzten nicht verfolgbare - Entwendung nach § 141 StGB. zu beurteilen, erweist sich als nicht berechtigt.
Eine Unterstellung der im Punkt II des Schuldspruchs bezeichneten Tat unter die Bestimmung des § 141 StGB. kommt (ungeachtet des Umstandes, daß es insoweit beim Versuch geblieben ist) schon deshalb nicht in Betracht, weil der Wert der Sachen, die sich der Angeklagte zueignen wollte, die Bagatellgrenze deutlich übersteigt und deshalb nicht mehr als gering bezeichnet werden kann (vgl. SSt. 46/71 u.a.). Bei den in den Punkten I 1 und 2 des Schuldspruchs angeführten Taten hingegen ist die Annahme einer Entwendung jedenfalls darum ausgeschlossen, weil es an den übrigen Voraussetzungen des § 141 StGB. mangelt. Von einer Tatverübung aus Not, die der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet, kann nach Lage des Falles keine Rede sein. Unbesonnenheit, die nur vorläge, wenn die Tathandlungen einem Willensimpuls entsprungen wären, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen war und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre (vgl. neuerlich SSt. 46/71 u.a.), scheidet aus, weil der (einschlägig vorbelastete) Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen überlegt und planmäßig vorging und sich bereits in vorgefaßter Diebstahlsabsicht in die jeweiligen Kaufhäuser begab. Letztlich konnte die bloße Befriedigung eines Gelüstes, d.i. ein im Tatzeitpunkt gegenwärtiges Bedürfnis, das der Täter hat und sofort oder doch zumindest alsbald befriedigen will (vgl. LSK. 1978/168 u.a.), durch den Diebstahl eines Fotoapparates und zweier Schachspiele (der Natur dieser Beute nach) ebensowenig eintreten.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war mithin zu verwerfen.
Soweit die Verteidigerin im Gerichtstag anläßlich der mündlichen Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde erstmals den Schuldausschließungsgrund des § 10 JGG. für den Angeklagten reklamierte, ist dieses Vorbringen verspätet; im übrigen wäre die bezügliche Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO.) aber nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie sich über die - auch entsprechend begründete - erstgerichtliche Feststellung hinwegsetzt, daß Michael A 'durchaus reif war, das Unrecht seiner Taten einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln' (S. 50). Für die vom Beschwerdeführer durch das in Rede stehende Vorbringen der Sache nach angeregte - allfällige - Ergreifung einer Maßnahme nach § 290 Abs. 1 StPO. bestand sohin kein Anlaß.
Aber auch die Berufung des Angeklagten ist nicht berechtigt. Dem Erstgericht ist durchaus beizupflichten, daß es vorliegend schon aus spezialpräventiven Gründen der im Sinn des § 13 Abs. 1 JGG. ausgesprochenen (echten) bedingten Verurteilung des Michael A bedarf, um diesem das Verbotene seines Tuns nachdrücklich vor Augen zu führen und ihn so von weiteren gleichartigen Straftaten abzuhalten, die seinerseits primär angestrebte bloße Erteilung einer Ermahnung (§ 12 Abs. 2 JGG.) nach Lage des Falles hiezu nicht ausreicht. Auch für die sekundär begehrte Verkürzung der Dauer der - vom Schöffengericht mit 3 Jahren bestimmten - Probezeit ist kein Grund vorhanden. Der unbegründeten Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
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