Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der türkische Staatsangehörige Sami K*** auf Grund der von der Privatbeteiligten Maria Y*** als Subsidiaranklägerin erhobenen öffentlichen Anklage (§ 48 StPO) des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 9.Dezember 1982 in Wiener Neustadt mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den zuständigen Richter des Kreisgerichtes Wiener Neustadt durch Täuschung über Tatsachen, nämlich darüber, daß (vom Angeklagten) ein Wechsel über 140.000 S (statt bloß 40.000 S) ausgestellt (und von der Subsidiaranklägerin akzeptiert) worden sei, zu einer Handlung, nämlich zur Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages verleitet und dadurch versucht, Maria Y*** am Vermögen um 100.000 S zu schädigen, wobei er zur Täuschung eine verfälschte Urkunde benützte.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die nominell nur auf die Z 5 (der Sache nach indes auch auf die Z 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, der aus dem erstbezeichneten Grund Berechtigung zukommt.
Die bekämpfte Urteilsannahme, daß der Angeklagte die Wechselsumme in Worten, und zwar
" = HUNDERT - Vierzieg - TAUSEND = ", erst nach Unterfertigung des Wechsels durch die Akzeptantin hinzugefügt und die Wechselsumme solcherart (nicht nur durch Voranstellen der Ziffer "1" in ihrer ziffernmäßigen Angabe, sondern auch) in ihrer Bezeichnung in Worten, und zwar durch Einsetzen des gesamten Wortlauts und nicht bloß durch Hinzufügung des Wortes "HUNDERT", verfälscht hat, ist nämlich in der Tat nur offenbar unvollständig begründet.
Das Erstgericht stützt diese Feststellung auf das Gutachten des Schriftsachverständigen Herbert P*** (US 5 f), wonach - neben anderen, hier nicht unmittelbar bedeutsamen Schriftteilen - die Ziffer "1" in der ziffernmäßig bezeichneten Betragssumme und die beiden Begrenzungsbalken (=) vor derselben sowie die (gesamte) "Betragssumme" in Worten mit einem anderen Schreibgerät (einem Kugelschreiber mit anderer Farbpaste) in einem zweiten Anlauf geschrieben worden sind, der zeitlich der Annehmerunterschrift nachfolgte (S 203, 205).
Damit ist jedoch jene Darstellung der Subsidiaranklägerin selbst - an deren genereller Glaubwürdigkeit die Tatrichter nicht zweifelten - unvereinbar, wonach bereits vor ihrer Unterschriftsleistung auf dem Wechsel der Betrag von (nur) 40.000 S auch in Worten (ersichtlich gemeint also: "Vierzieg - TAUSEND") gestanden sei (S 12, 80 und 163; vgl. auch S 125 und 190 unten). Da das Erstgericht diese Aussage - also Umstände, die gegen die Richtigkeit seiner Annahme einer erst nachträglichen Verwendung eines anderen Schreibwerkzeuges sprechen und bei deren Berücksichtigung eine andere Lösung der Beweisfrage denkbar wäre - im Urteil nicht erörterte, ist sein Ausspruch über entscheidende Tatsachen unvollständig geblieben.
Schon bei der nichtöffentlichen Beratung war daher das angefochtene Urteil in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zu kassieren und die Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen (§ 285 e StPO).
Im zweiten Rechtsgang wird das Schöffengericht im Rahmen des zu erneuernden Beweisverfahrens auch durch Befragung des Sachverständigen P*** sowie allenfalls auch eines zweiten Experten genau zu prüfen haben, ob (und gegebenenfalls aus welchen Gründen) entweder die in Rede stehende Darstellung der Subsidiaranklägerin oder aber das vorliegende Gutachten in Ansehung der Bekundung, daß zur Zeit der Verwendung des zweiten Kugelschreibers die Annehmerunterschrift bereits geleistet worden sein muß (S 205), unrichtig ist; zu diesem Zweck wird auch eine Klärung dahin zu versuchen sein, ob ein zur Motivierung der Verwendung eines zweiten Schreibgerätes ins Treffen geführtes Versiegen der Farbpaste im ersten Kugelschreiber jeweils beim Wort "Voslau" in der Annehmer-Adresse und im Zahlungsort mit einer danach erfolgreichen Verwendung dieses Gerätes zu einem (allenfalls) nachfolgenden Niederschreiben anderer Worte (Fortsetzung der Annehmer-Adresse, Annehmer-Unterschrift, Ausstellungsdatum und/oder Aussteller-Adresse samt Aussteller-Unterschrift) vereinbar ist. In diese Prüfung werden nunmehr sämtliche wesentlichen Verfahrensergebnisse (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) beweiswürdigend einzubeziehen sein.
Im Fall eines neuerlichen Schuldspruches wird ferner - ohne Verstoß gegen das Verschlimmerungsverbot (vgl. RZ 1986/32) - zu beachten sein, daß die gewollte Schädigung der Subsidiaranklägerin in ihrem Vermögen mit Eintritt der Rechtskraft des Wechselzahlungsauftrages (über 140.000 S) bereits bewirkt (und der Betrug dementsprechend vollendet) war, weil diesfalls durch das Entstehen einer exequierbaren Verbindlichkeit schon eine effektive Verminderung ihres wirtschaftlichen Vermögens um die Höhe der Wechselsumme eingetreten war; die in der Beschwerde (sachlich Z 9 lit. a) zudem angeschnittene Frage der Versuchsuntauglichkeit (§ 15 Abs. 3 StGB) dementsprechend keinesfalls aktuell ist.
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