OGH 10Os12/85

OGH10Os12/8512.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Februar 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedrich, Dr.Reisenleitner (Berichterstatter), Dr.Kuch sowie Dr.Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Gföllner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Anton A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs.1, Abs.2 Z 1, 129 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.Oktober 1984, GZ 3 d Vr 4919/84-55, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Knob, und der Verteidigerin Dr.Mühl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens über den erfolglos gebliebenen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Anton A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs.1, Abs.2 Z 1, 129 Z 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 StGB schuldig erkannt.

Es liegt ihm zur Last, in Wien 1./ am 1.März 1984 in Gesellschaft des gesondert verfolgten Robert B als Beteiligter (§ 12 StGB) Nahrungs- und Genußmittel im Wert von ca. 400 S sowie 145 S Bargeld dem Gustav C durch Einsteigen in dessen Geschäftslokal mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und 2./ am 5.September 1984 den Anstaltsarzt Dr.Harald D durch mehrfach wiederholte Drohung, er werde ihn umbringen, gefährlich bedroht zu haben, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 9 lit.a und 10 des § 281 Abs.1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung der Mängelrüge zum Diebstahlsfaktum behauptet der Beschwerdeführer zwar, das angefochtene Urteil sei unvollständig und offenbar unzureichend begründet, seine Ausführungen erschöpfen sich jedoch weitgehend in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der Beweiswürdigung des erkennenden Senates. Das Erstgericht prüfte dem Gesetz entsprechend die Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft nicht nur einzeln, sondern auch in ihrem inneren Zusammenhang und nahm solcherart eine Gesamtwürdigung (§ 258 Abs.2 StPO) vor (vgl. S 261-263); dagegen ist der Angeklagte bestrebt, einzelne Verfahrensergebnisse nach Art einer Schuldberufung einer isolierten Betrachtung und sodann einer anderen (als der erstgerichtlichen) Deutung zu unterziehen. Hiebei beschränkt er sich überdies auf nicht entscheidende Nebenumstände. Denn zentrales Beweismittel und wesentliche Grundlage für den Schuldspruch des Angeklagten wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls waren die belastenden Angaben des (gesondert verfolgten) Mittäters B (vgl. S 13, 33, 182 ff., 250 ff.), denen der Beschwerdeführer außer der Spekulation, B könnte sich verraten gefühlt und den Angeklagten deshalb verleumdet haben, nichts Stichhältiges entgegenzusetzen vermag; ein Begründungsmangel der im § 281 Abs.1 Z 5 StPO bezeichneten Art wird damit nicht aufgezeigt.

Im einzelnen ist darüber hinaus zu erwidern:

Die erstgerichtliche Feststellung, daß die Polizei einen vertraulichen Hinweis über eine Diebstahlsbeteiligung des Angeklagten am 5.März 1984 erhielt (S 259), ist durch den Akteninhalt (vgl. S 23) gedeckt. Ein weiterer vertraulicher Hinweis auf einen von B im Lebensmittelgeschäft des Zeugen C verübten Einbruchsdiebstahl, der bereits Ende Februar 1984

gemacht wurde (vgl. S 25 = S 79 des Aktes 7 b E Vr 2773/84 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), bezieht sich klar ersichtlich auf eine andere als die urteilsgegenständliche, erst am 1.März 1984 verübte Diebstahlstat, nämlich den von B am 24.Februar 1984 allein verübten Einbruch. Mit diesem daher vorliegend entscheidungsunwesentlichen Umstand mußte sich das Erstgericht nicht auseinandersetzen.

Die Aussage des Zeugen Insp.E (S 247) aber erörterte das Erstgericht ebenso zureichend (vgl. S 260, 262) wie die verlesenen (vgl. S 254) Aussagen der Zeugen F (S 176 ff.) und C (S 180 ff.). Hiebei brauchte es angesichts der gesetzlichen Anweisung, die Urteilsgründe in 'gedrängter Darstellung' abzufassen (§ 270 Abs.2 Z 5 StPO), nicht auf alle Details ihrer Angaben einzugehen. Gerade in diesem Zusammenhang unternimmt die Nichtigkeitsbeschwerde, die diese Beweise anders gewertet wissen will als es das Erstgericht tat, in kaum verhüllter Form ausschließlich eine Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung.

Die weitere Beschwerdebehauptung, der Angeklagte habe 'laut Robert B' von diesem Käse und Milchprodukte erhalten, wogegen tatsächlich nur Leberkäse und nach Aussage des Bestohlenen lediglich eine Silbermünze a 100 S (und kein Kleingeld) gestohlen worden seien, ist ebenso unrichtig wie der Einwand, die Feststellung, daß der Angeklagte als Beute den Inhalt eines (Plastik-)Sackes erhielt, entbehre jeder Aktengrundlage. Denn B gab an, dem Angeklagten durch eine Luke Käse und auch andere Lebensmittel (er wisse nicht mehr, welche) sowie 'zwei Sackerl' (vgl. S 183) hinausgereicht zu haben, und C erklärte, er habe nicht mehr genau feststellen können, was (außer Leberkäse und einer Silbermünze) und wieviel ihm gestohlen worden sei (vgl. S 29 und 180).

Schließlich ist der in der Beschwerde vertretenen Ansicht zuwider dem Urteil auch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, in welcher Form, nämlich vorerst durch Gesten (vgl. S 259) und sodann durch eine weitere (verbale) Aufforderung der Angeklagte den Komplizen B veranlaßte, das Diebsgut aus dem Geschäft herauszureichen.

Wenn der Beschwerdeführer - in der Rechtsrüge zum Diebstahlsfaktum (Z 9 lit.a und 10 des § 281 Abs.1 StPO) Feststellungen zur inneren Tatseite vermißt, 'zumal auch die Frage der Abgrenzung zur Hehlerei zu klären gewesen wäre', so ist ihm zu erwidern, daß sein Vorsatz bereits in dem mit den Urteilsgründen insoweit eine Einheit bildenden Urteilsspruch festgestellt wurde und die Urteilsgründe in ihrem Sinnzusammenhang keinen Zweifel an dem bei der Tatbegehung gegebenen Vorsatz des Angeklagten offenlassen, fremde Sachen durch Einbruch wegzunehmen und sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Für ein bloß als Hehlerei zu beurteilendes Verhalten des Angeklagten bleibt dagegen im Hinblick auf dessen unmittelbare Mitwirkung an der Diebstahlsausführung in Form der Entgegennahme der vom Mittäter aus dem Geschäftslokal herausgereichten Beute und deren gemeinsam durchgeführter Verbringung vom Tatort kein Raum.

Berechtigung kommt der Nichtigkeitsbeschwerde jedoch zu, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 StGB richtet.

Beim Delikt der gefährlichen Drohung ist zwischen der Rechtsfrage der Eignung der Drohung, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten übels begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z 5 StGB) und der Tatfrage der Absicht des Drohenden zu unterscheiden. Die Absicht (§ 5 Abs.2 StGB) des Täters muß darauf gerichtet sein, in Furcht und Unruhe zu versetzen (vgl. EvBl. 1982/28 = ÖJZ-LSK 1982/3 u.a.).

Im vorliegenden Fall stellte das Erstgericht lediglich fest, daß der in der Krankenabteilung des landesgerichtlichen Gefangenenhauses in Haft angehaltene Angeklagte, als seinem Wunsch, ihn in eine Klinik auszuführen, nicht sofort entsprochen wurde, zum Gefangenenhausarzt Dr.D zunächst sagte: 'Du miese Sau, wenn ich hinauskomme, komme ich dich besuchen', und als diese an sich bereits ziemlich deutliche öußerung noch nicht die 'gewünschte Wirkung' zeigte, hinzufügte, er komme in zwei Monaten hinaus, dann werde er ihn besuchen und umbringen, welch letztere Drohung er noch ein zweites Mal in gleicher Weise wiederholte. Mit Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß diesen Feststellungen (vgl. S 260, 261) nicht zu entnehmen ist, welche Wirkung der Angeklagte mit diesen Worten tatsächlich zu erzielen wünschte, ob er sie insbesondere mit der Absicht gebrauchte, Dr.D in Furcht und Unruhe zu versetzen oder ob er allenfalls mit dem Vorsatz handelte, seine (des Angeklagten) sofortige Ausführung in eine Klinik zu erzwingen. Diese Frage läßt sich auch nicht unter Heranziehung des Urteilsspruchs beantworten, weil das Erstgericht in den Urteilsgründen (im Gegensatz zum Urteilsspruch) ausdrücklich ausführt, Zweck der Drohung sei es gewesen, Besorgnis hervorzurufen (vgl. S 263, 264). Besorgnis einerseits und Furcht und Unruhe andererseits können aber keineswegs gleichgesetzt werden (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB 2 § 107 RN 3 und 6), weshalb dem Urteil insoweit (hinsichtlich der subjektiven Tatseite) ein Feststellungsmangel anhaftet.

Es war daher zu diesem Urteilsfaktum mit einer kassatorischen Entscheidung vorzugehen und demzufolge der Angeklagte mit seiner Berufung darauf zu verweisen.

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