OGH 10Os122/78

OGH10Os122/7826.7.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Juli 1978 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Keller, Dr. Müller, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens des Raubs nach den §§ 142 Abs 1, 143 StGB und eines anderen Delikts über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 24. Mai 1978, GZ 20 p Vr 10.880/77-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wegrostek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Gerhard A des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 - zweiter Fall - StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes) und des Vergehens nach dem § 36 Abs 1 lit b WaffG. (Punkt 2 des Urteilssatzes) schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er in Wien (zu 1) am 22.Dezember 1977 durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, indem er einen scharf geladenen Vorderladerrevolver der Marke 'New Model Army', Kaliber 44, gegen die Schalterbeamten Edith B, Ulrike C und Stefan D des Postamts 1112 Wien, Simmeringer Hauptstraße 142, richtete und sie mit den Worten 'Das ist ein überfall, Geld her, kein Alarm ' aufforderte, ihm Bargeld zu geben, der Republik Österreich 49.270 S Bargeld mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; und (zu 2) von Mitte November 1977 bis zum 22.Dezember 1977 eine verbotene Waffe, nämlich einen Schlagring, unbefugt besaß.

Rechtliche Beurteilung

Der auf den § 345 Abs 1 Z 8 und Z 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diese Schuldsprüche kommt keine Berechtigung zu.

Verfehlt ist zunächst die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, der beim Raub verwendete scharf geladene Vorderladerrevolver unterfalle nicht dem Waffengesetz. Waffen im Sinn jenes Bundesgesetzes sind nämlich gemäß dessen § 1

lit a Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- und Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen.

Da dem beschriebenen Tatwerkzeug des Angeklagten diese wesensmäßige Bestimmung, aber auch die ihr entsprechende konkrete Eignung unzweifelhaft zukamen, ist die der Entscheidung zugrundeliegende Tat mit ihrer auf der Annahme, daß sie unter Verwendung einer Waffe verübt wurde, beruhenden Unterstellung unter den § 143 (zweiter Fall) StGB

keinesfalls im Sinn des § 345 Abs 1 Z. 12 StPO einem Strafgesetz unterzogen worden, das darauf nicht anzuwenden wäre. Ob auch andere als durch den § 1 WaffG. erfaßte Gegenstände zu einer Verwendung als 'Waffen' im Sinn des § 143 StGB in Betracht kommen, konnte deshalb in der Rechtsbelehrung ebenso als im gegebenen Fall nicht aktuell unerörtert bleiben wie die weitere Frage, ob auch die Verwendung ungeladener Schußwaffen die hier bekämpfte Qualifikation zu begründen vermag. Von einer nach Z. 8 des § 345 Abs 1 StPO Nichtigkeit bewirkenden, einer Unrichtigkeit gleichkommenden Unvollständigkeit dieser Belehrung kann folglich insoweit keine Rede sein.

Gleiches gilt für den Vorwurf, den Geschwornen sei der Begriff 'Waffenbesitz' nicht erklärt worden. Besitz im Sinn des Waffengesetzes bedeutet Gewahrsam, also faktische und unmittelbare - das heißt: nicht durch das Medium einer anderen Person vermittelte - Verfügungsmacht über eine Sache; jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf diese, wie sie der Beschwerdeführer mit dem Einwand, der Schlagring habe sich im Handschuhfach seines Autos befunden und deswegen 'nicht jederzeit tatsächlich in Besitz genommen' werden können, im Auge zu haben scheint, ist dazu nicht erforderlich. Der relevierte Begriff entspricht demzufolge durchaus dem allgemeinen Sprachgebrauch und bedurfte sohin keiner speziellen Erläuterung in der Rechtsbelehrung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es die Deliktshäufung als erschwerend, das (durch ständige Ausflüchte und Beschönigungsversuche allerdings etwas entwertete) Geständnis des Angeklagten, seinen bisher ordentlichen Lebenswandel und das teilweise Zustandebringen des geraubten Bargelds dagegen als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt Gerhard A eine Strafermäßigung an. Die Berufung ist nicht begründet.

Das Geständnis des Angeklagten wird in Anbetracht der diesbezüglich vom Erstgericht vorgenommenen Einschränkung nicht den Voraussetzungen des Milderungsgrunds nach dem § 34 Z. 17 StGB gerecht und die bloß teilweise - ohne Zutun des Berufungswerbers - gelungene Zustandebringung der Beute fällt zu seinen Gunsten tatsächlich nicht ins Gewicht. In seiner Berufung vermag der Angeklagte außer der ihm zugute zu haltenden bisherigen Unbescholtenheit keine Umstände darzutun, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Auf den Milderungsgrund des § 34 Z. 1 StGB beruft er sich im Hinblick auf sein Alter von 23 Jahren zur Tatzeit zu Unrecht. Der Behauptung des Angeklagten, daß er seiner Mutter 'zu etwas Geld' für eine bevorstehende Operation 'verhelfen wollte', worin ein achtenswertes Motiv zu erblicken sei, konnte aus grundsätzlichen Erwägungen nicht näher getreten werden. Da die Milderungsgründe ihrer Bedeutung nach die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen und auch von einem besonders gelagerten Fall nicht gesprochen werden kann, sind entgegen der Ansicht des Berufungswerbers die Voraussetzungen für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts nach dem § 41 StGB nicht gegeben.

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