OGH 10ObS96/93

OGH10ObS96/9315.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Steinbauer als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Tschochner (Arbeitgeber) und Mag.Dirschmied (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache des Klägers Ernst G*****, vertreten durch Dr.Kurt Klein, Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Oktober 1992, GZ 8 Rs 36/92-20, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 28.Jänner 1992, GZ 34 Cgs 142/91-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 10.6.1991 wurde dem Kläger die seit 1.3.1989 zuerkannte Invaliditätspension wegen wesentlicher Besserung gemäß § 99 ASVG mit Ablauf des Monates Juli 1991 entzogen.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene Klagebegehren auf Weitergewährung der Invaliditätspension ab.

Der Kläger könne leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten unter Einhaltung der üblichen Arbeitszeiten und Ruhebedingungen im Freien und in geschlossenen Räumen verrichten. Akkord- und Fließbandarbeiten sowie schwere körperliche Arbeiten seien ausgeschlossen, Arbeiten an exponierten Stellen, Bück- und Hebearbeiten seien nicht eingeschränkt. Die Fingergeschicklichkeit sei erhalten. Einem forcierteren und normalen Arbeitstempo sei der Kläger ganztägig gewachsen. Er sei mit den genannten Einschränkungen auf sämtliche bisherige Tätigkeiten darüber hinaus auch auf Tätigkeiten in anderen Arbeitsbereichen verweisbar. Im Falle eines Ortswechsels sei mit maßgeblichen Anpassungsschwierigkeiten nicht zu rechnen. Gegenüber dem Gewährungsgutachten sei eine Besserung eingetreten. Der Kläger habe den Maurerberuf erlernt und überwiegend ausgeübt. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck (Akkordarbeit) seien im Rahmen des Berufsbildes nicht auszuschließen.

In rechtlicher Hinsicht sei von einer wesentlichen Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers auszugehen; er könne im Gegensatz zum Zeitpunkt der Gewährung der Invaliditätspension wieder seinen Beruf als Maurer ausüben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es verneinte den in der Unterlassung der Einholung eines Gutachtens eines Kardiologen vom Kläger erblickten Verfahrensmangel und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß auf Grund der wesentlichen Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers die Entziehung der gewährten Pension gemäß § 99 ASVG zu Recht erfolgte. Sollte entgegen den Annahmen des Erstgerichtes das Leistungskalkül des Klägers für den Maurerberuf nicht ausreichen, weil dem Kläger Akkord- oder Fließbandarbeiten nicht mehr zugemutet werden können, solche Arbeiten aber nach dem Berufsbild nicht auszuschließen seien, sei eine Verweisbarkeit auf eine Fülle anderer Berufe gegeben, die auf einer ähnlichen Ausbildung sowie auf gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten beruhen wie der Beruf eines Maurers. Dazu gehören die Berufe eines Retoucheurs, Baumaschinisten, Planierers, Vorrichters, Maurervorarbeiters, Baukranführers, Spritzgipsputzers, Estrichlegers sowie eines Fassaders. Allgemeinkundig sei beim Retoucheur Akkordarbeit nicht erforderlich.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die bereits vom Berufungsgericht verneinte, vom Kläger behauptete Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens durch Unterlassung der Beiziehung eines Sachverständigen für Kardiologie kann nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (SSV-NF 3/115, 5/18, 6/28 ua).

Im Rahmen des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wendet sich der Revisionswerber gegen die Zumutbarkeit der vom Berufungsgericht angeführten Verweisungsberufe. Darauf kann nicht eingegangen werden.

Hat nämlich die in erster Instanz unterlegene Partei - wie im vorliegenden Fall - ihre Berufung nicht auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt und diesen gesetzmäßig ausgeführt, so kann die von ihr versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachgetragen werden (SZ 50/152; EFSlg 57.835, 64.146; SSV-NF 1/28). Es genügt nicht, in der Berufung unrichtige rechtliche Beurteilung geltend zu machen, vielmehr ist unabdingbare Voraussetzung der Behandlung der Rechtsrüge die gesetzgemäße Ausführung dieses Berufungsgrundes.

In der Berufung führte der Kläger unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nur aus, daß infolge einer unvollständigen Tatsachenfeststellung das bisherige Verfahren mangelhaft geblieben sei und das Erstgericht keine abschließende rechtliche Beurteilung habe vornehmen können. Als unvollständige Tatsachenfeststellung wurden angebliche Ungereimtheiten zwischen dem Gutachten des Sachverständigen für innere Medizin und den vorgelegten Befunden geltend gemacht, die aber nicht Verstöße gegen zwingende Denkgesetze oder zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdruckes aufzeigten und sohin nicht unter die rechtliche Beurteilung fielen (SSV-NF 3/14). Es handelte sich vielmehr bloß um die Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes.

Enthielt sohin die Berufung keine ausgeführte Rechtsrüge, dann kann das Urteil des Berufungsgerichtes auch dann nicht wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten werden, wenn es überflüssigerweise Rechtsausführungen enthält (SSV-NF 5/18). Dem Revisionsgericht ist es in einem solchen Fall verwehrt, auf die Rechtsrüge in der Revision einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG.

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