European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:010OBS00009.22D.0329.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Der Kläger bezog für seinen am 14. 11. 2013 geborenen Sohn von 1. 7. bis 31. 8. 2014 Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens. Der Kläger ist selbständig im Bereich des Holzhandels tätig und erzielte im Jahr 2014 Einkünfte von 8.511,01 EUR. Während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes hat er seine Gewerbeberechtigung ruhend gestellt und keine Einkünfte bezogen.
[2] Im April 2020 machte die beklagte Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen den Kläger darauf aufmerksam, dass die vom Finanzamt mitgeteilten Jahreseinkünfte die gesetzliche Zuverdienstgrenze von 6.400 EUR überschreiten würden und eine Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes erfolgen müsse, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten eine Abgrenzung der Einkünfte der relevanten Anspruchsmonate von den restlichen Jahreseinkünften vornimmt und die Neuberechnung zu einem anderen Ergebnis führt. Der Steuerberater des Klägers gab der Beklagten daraufhin am 21. 5. 2020 telefonisch bekannt, dass der Kläger im Bezugszeitraum keine Einkünfte erzielt habe, woraufhin ihm von einem Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt wurde, dass er diese Information an die zuständige Fachabteilung weiterleiten würde und die Sache damit erledigt sei, falls sich die Fachabteilung nicht mehr melde.
[3] Mit Bescheid vom 8. 1. 2021 widerrief die Beklagte die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes und verpflichtete den Kläger zur Rückzahlung von 4.092 EUR, weiler angesichts seiner Jahreseinkünfte von 8.511,01 EUR die Zuverdienstgrenze von 6.400 EUR überschritten habe.
[4] Der Kläger begehrt mit seiner dagegen erhobenen Klage die Feststellung, dass keine Pflicht zum Rückersatz bestehe, zumal er während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes keine Einkünfte erzielt habe.
[5] Die B eklagte wendete ein, dass der Kläger ihrer Aufforderung zur Abgrenzung nicht nachgekommen sei, weshalb die Überschreitung der Zuverdienstgrenze aufgrund der vom Finanzamt mitgeteilten Jahreseinkünfte zu beurteilengewesen sei.
[6] Das Erstgericht gab dem negativen Feststellungsbegehren des Klägers statt, weil er innerhalb der gesetzten Frist bekannt gegeben habe, dass er im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgeldes keine Einkünfte erzielt habe.
[7] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Wenngleich die telefonische Auskunft des Steuerberaters für eine Abgrenzung der Einkünfte nicht ausreichend gewesen sei, habe der Kläger durch die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen doch nachgewiesen, dass er im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgeldes keine Einkünfte gehabt habe.
[8] Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei Überschreitung der vom Versicherungsträger gesetzten Frist ein Abgrenzungsnachweis auch noch im Gerichtsverfahren erbracht werden könne.
Rechtliche Beurteilung
[9] Die dagegen erhobene Revision ist entgegen diesem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruch unzulässig.
[10] 1. Nach § 50 Abs 24 KBGG haben die Krankenversicherungsträger, sofern sie im laufenden Prüfverfahren aufgrund der Jahreseinkünfte eine Überschreitung des Grenzbetrags feststellen, den Elternteil auf die Möglichkeit der Vorlage eines Abgrenzungsnachweises hinzuweisen, woraufhin der Elternteil diesen Nachweis innerhalb von zwei Monaten vorlegen muss und eine spätere Vorlage nicht mehr möglich ist. Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits zu 10 ObS 119/21d ausgesprochen, dass sich § 50 Abs 24 KBGG schon seinem Wortlaut nach an die im Verwaltungsverfahren tätigen Krankenversicherungsträger richtet, während das durch Klage eines Versicherten angerufene Arbeits- und Sozialgericht im Rahmen der sukzessiven Kompetenz eigenständig entscheiden muss, ob der Rückforderungsanspruch wegen Überschreitens der Zuverdienstgrenze zu Recht besteht, weshalb auch die im Gerichtsverfahren vorgelegten Nachweise zu berücksichtigen sind (ebenso 10 ObS 124/21i).
[11] 2. Da die von der Beklagten relevierte Rechtsfrage von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bereits beantwortet wurde, ist die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen.
[12] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 ASGG. Da der Kläger nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, muss er die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst tragen (RIS‑Justiz RS0035979).
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