Spruch:
Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt. Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die Mutter der minderjährigen Kinder Büsra, geboren am 17. 11. 1997, und Ömer, geboren am 27. 10. 2002. Sie bezog von der beklagten Partei anlässlich der Geburt ihres Kindes Ömer vom 27. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von täglich 6,06 EUR, insgesamt 1.139,28 EUR. Der Ehegatte der Klägerin, Mehmet C***** bezog im Anspruchszeitraum (1. 7. 2003 bis 31. 12. 2003) laufende steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 9.617,95 EUR.
Mit Bescheid vom 30. 7. 2007 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 27. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz von insgesamt 1.139,28 EUR binnen 4 Wochen. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Feststellung, dass der Anspruch der beklagten Partei auf Rückforderung des für den Zeitraum vom 27. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 gewährten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld von 1.139,28 EUR nicht zu Recht bestehe. Sie brachte im Wesentlichen vor, sie habe die empfangenen Leistungen bereits gutgläubig verbraucht. Weiters machte sie verfassungsrechtliche Bedenken gegen die §§ 8, 12 und 31 KBGG geltend.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung.
Das Erstgericht stellte mit Urteil fest, dass der Anspruch der Klägerin auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 27. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 nicht zu Recht bestehe, verpflichtete die Klägerin daher zur Rückzahlung des auf diesen Zeitraum entfallenden Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld von 1.139,28 EUR binnen 14 Tagen und wies das gegenteilige Feststellungsbegehren ab. In seiner rechtlichen Beurteilung ermittelte das Erstgericht den Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehegatten der Klägerin gemäß § 8 Abs 1 Z 1 KBGG mit 24.663,45 EUR. Dieser Betrag überschreite die Freigrenze gemäß § 12 KBGG in Höhe von 14.400 EUR um 10.263,45 EUR. Bei Vornahme der gemäß § 12 Abs 2 KBGG vorgesehenen Anrechnung zeige sich, dass dieser Unterschiedsbetrag den von der Klägerin im Jahr 2003 bezogenen Zuschuss bei weitem übersteige, sodass gemäß § 31 KBGG die Rückforderung dieses Betrags durch die beklagte Partei zu Recht erfolgt sei. Eine Berücksichtigung des behaupteten gutgläubigen Verbrauchs komme nicht in Betracht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts an. Das Berufungsgericht teilte auch nicht die von der Klägerin gegen die anzuwendende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den §§ 8, 12 und 31 KBGG und den damit auch im Zusammenhang stehenden verfassungsrechtlichen Fragen noch nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters wird die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die Bestimmungen der §§ 8, 12 und 31 KBGG beim Verfassungsgerichtshof angeregt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. 9. 2008, 10 ObS 79/08b, die Revision der Klägerin aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund und auch deshalb, weil Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen der §§ 8, 12 und 31 KBGG bestanden haben, für zulässig angesehen und beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wurde gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten. Der Verfassungsgerichtshof wies mit seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 145/08-6 diesen Gesetzesprüfungsantrag ab, weil er die in diesem Antrag und auch die in den anderen Gesetzesprüfungsanträgen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs war das Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs erweisen sich die von der Revisionswerberin gegen die maßgebende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken als nicht berechtigt. Die Revisionswerberin macht darüber hinaus in ihrem Rechtsmittel im Wesentlichen geltend, die Bestimmung des § 8 KBGG sei so auszulegen, dass das nach dieser Gesetzesstelle fiktiv ermittelte Einkommen jedenfalls mit dem tatsächlichen Einkommen begrenzt sei und eine Rückzahlungsverpflichtung daher nur dann entstehen könne, wenn das tatsächliche Einkommen, falls dieses niedriger als das fiktiv ermittelte sei, ebenfalls über der Zuverdienstgrenze liege. In ihrem Fall sei daher nur ein Teilbetrag des bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld rückforderbar. Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 2 KBGG sei der gesamte Unterschiedsbetrag auf den Zuschuss rückforderbar. Diese Bestimmung sei aber dahin auszulegen, dass in Fällen, in denen der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld lediglich einige Monate im Kalenderjahr bezogen werde, auch eine anteilsmäßige Herunterrechnung des Jahresüberschreitungsbetrags auf die Anzahl der Bezugsmonate zu erfolgen habe.
Diesen Ausführungen hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 23. 9. 2008, 10 ObS 79/08b, entgegengehalten, dass aus dem Wortlaut der Bestimmung der §§ 8 Abs 1 Z 1 und 12 Abs 1 KBGG sowie aus den zitierten Gesetzesmaterialien eindeutig hervorgeht, dass alle in einem Kalenderjahr während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses zugeflossenen Einkünfte zusammenzurechnen, auf einen (fiktiven) Jahresbetrag umzurechnen und der Freigrenze nach § 12 Abs 1 KBGG gegenüberzustellen sind. Daraus folgt, dass die beklagte Partei den maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG für das Kalenderjahr 2003 mit dem Betrag von 24.663,45 EUR zutreffend ermittelt und dieser Betrag die im Fall des Ehegatten der Klägerin gemäß § 12 Abs 1 KBGG maßgebende Freigrenze von 14.400 EUR um 10.263,45 EUR überschritten hat. Nach § 12 Abs 2 KBGG ist dieser Unterschiedsbetrag von 10.263,45 EUR auf den Zuschuss anzurechnen. Da der Unterschiedsbetrag den von der Klägerin im Kalenderjahr 2003 insgesamt bezogenen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von 1.139,28 EUR bei weitem übersteigt, ist die beklagte Partei gemäß § 31 Abs 2 KBGG zur Rückforderung des gesamten Zuschusses von der Klägerin berechtigt. Die von der Revisionswerberin gegen diese Berechnungsweise erhobenen Einwände sind daher nicht berechtigt. Der von ihr weiters erhobene Einwand des gutgläubigen Verbrauchs des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld ist, wie ebenfalls bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, auch nicht berechtigt, weil die Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG lediglich auf den objektiven Umstand des Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen abstellt.
Die Entscheidung der Vorinstanzen (Abweisung des Begehrens der Klägerin und Verpflichtung der Klägerin zum Rückersatz des von ihr für den Zeitraum vom 27. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) steht daher im Einklang mit der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform beurteilten Gesetzeslage. Der Revision musste somit insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Für einen Kostenersatz nach Billigkeit sind neben den rechtlichen (oder tatsächlichen) Schwierigkeiten des Verfahrens auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Versicherten maßgebend. Aktuelle berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, welche einen ausnahmsweisen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht bescheinigt und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
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