Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin an Revisionskosten S 725,76 (darin enthalten S 120,96 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der praktische Arzt Dr.K***** P***** in I***** verordnete der bei der Beklagten krankenversicherten Klägerin aufgrund der Diagnose "Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom" acht Teilmassagen. Trotz des Hinweises auf der Physiotherapie-Verordnung "Behandlungsbeginn nur nach Vorgenehmigung durch die Kassendienststellen" ließ die Klägerin diese acht Teilmassagen ohne Genehmigung durch die Massagepraxis W***** P***** in I***** in der Zeit vom 29.1. bis 8.2.1993 durchführen. W***** P***** ist in die Liste der anerkannten diplomierten Assistenten der physikalischen Medizin nicht eingetragen; er ist gewerblicher Masseur. Am 8.2.1993 bezahlte die Klägerin für diese Leistung den in Rechnung gestellten Betrag von S 1.600,-- inkl. 20 % USt. Bei Durchführung der acht Teilmassagen durch einen Physiotherapeuten würde der tarifmäßige Kostenerstattungsbetrag S 712,-- zuzüglich 20 % USt, also insgesamt S 854,40 betragen. Im Bezirk Landeck sind drei Physiotherapeuten, im Bezirk Imst ist kein Physiotherapeut in die Liste der anerkannten diplomierten Assistenten der pysiokalischen Medizin eingetragen. In der Folge stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenerstattung. Mit Bescheid vom 12.3.1993 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab.
Mit ihrer fristgerechten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von S 1.600,--, hilfsweise die Zahlung von S 712,-- aus dem Titel der Kostenerstattung. Das Vorgenehmigungsverfahren sei im ASVG nicht vorgesehen und daher ohne Relevanz. Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Massagen würden die Kriterien einer ausreichenden und zweckmäßigen im Rahmen der Notwendigkeit liegenden Krankenbehandlung erfüllen. Der Ausschluß der gewerblichen Masseure in § 135 ASVG sei verfassungsrechtlich bedenklich. Das tatsächliche Angebot der Physiotherapeuten für Massageleistungen sei auch nicht ausreichend, um die Nachfrage der sozialversicherten Patienten in angemessener Zeit und vertretbarer örtlicher Nähe zu befriedigen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Vorgenehmigungspflicht habe nach § 27 Abs 2 lit d der Kassensatzung bestanden, der Verordnungscharakter zukomme. Die Kostenerstattung für Massagen setze voraus, daß der Leistungserbringer freiberuflicher Physiotherapeut im Sinne des "Krankenpflegefachdienstgesetzes" sei. Dies treffe bei dem in Anspruch genommenen gewerblichen Masseur nicht zu.
Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Die Tätigkeit gewerblicher Masseure sei im § 135 Abs 1 ASVG der ärztlichen Hilfe nicht gleichgestellt. Die Gewährung einer Kostenerstattung wäre nur dann möglich, wenn der Leistungserbringer freiberuflicher Physiotherapeut im Sinne des "Krankenpflegefachdienstgesetzes" wäre, was hier nicht zutreffe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Die Klägerin leite ihren Anspruch auf Kostenersatz aus dem Versicherungsfall der Krankheit und der damit verbundenen Krankenbehandlung ab. Nach § 133 Abs 1 ASVG umfasse die Krankenbehandlung die ärztliche Hilfe, die nach Abs 2 dieser Gesetzesbestimmung ausreichend und zweckmäßig sein müsse, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfe. Im Rahmen der Krankenbehandlung sei der ärztlichen Hilfe unter anderem gleichgestellt eine aufgrund ärztlicher Verschreibung erforderliche physiotherapeutische Behandlung durch Personen, die gemäß § 52 Abs 4 des KrankenpflegeG, seit der 51. ASVG Novelle ab 1.7.1993 gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste zur freiberuflichen Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes berechtigt seien. Dies bedeute zunächst, daß die Krankenbehandlung durch ärztliche Hilfe im allgemeinen nur durch die Vertragsärzte, durch Wahlärzte und durch Ärzte in eigenen hiefür ausgestatteten Einrichtungen der Versicherungsträger zu gewähren sei. Von dieser allgemeinen Regelung sei hinsichtlich der physiotherapeutischen Behandlung insofern eine Ausnahme gemacht worden, daß die diesbezügliche Krankenbehandlung aufgrund ärztlicher Verschreibung auch durch selbständige Physiotherapeuten durchgeführt werden könne. Diese Ausnahmebestimmung könne auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf die gewerblichen Masseure angewendet werden. Nehme der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner oder die eigenen Einrichtungen des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistung der Krankenbehandlung in Anspruch, so gebühre ihm der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre (§ 131 Abs 1 ASVG). Wähle nun der Versicherte keine Vertragseinrichtung und keinen Vertragsarzt, so habe er nur dann Anspruch auf Kostenersatz, wenn die Krankenbehandlung durch eine Person oder Einrichtung gewährt werde, die dem Vertragspartner oder der Vertragseinrichtung entspreche. Da Vertragspartner hier nur ein Physiotherapeut sein könne, könne der diesem entsprechende Behandler auch nur ein Physiotherapeut und kein gewerblicher Masseur sein. Unzutreffend sei, daß der Kostenersatz deshalb nicht zustehe, weil das Vorbewilligungsverfahren nach § 27 Abs 2 lit d der Satzung nicht eingehalten worden sei. Die Vorgenehmigung sei nur erforderlich, sofern eine solche für bestimmte Fachgebiete in der Krankenordnung vorgeschrieben sei. Bei der physikotherapeutischen Behandlung sei dies nicht der Fall. Der Klägerin stehe aber auch nicht deshalb der Kostenersatz zu, weil die Beklagte nicht für eine ausreichende Behandlung Vorsorge getroffen habe. Selbst wenn man davon ausgehe, daß im Bezirk Imst kein selbständiger Physiotherapeut tätig sei, zeige dieser Umstand allein noch nicht, daß nicht für ausreichende Behandlung vorgesorgt wäre, etwa auch durch unselbständige Physiotherapeuten oder durch Hilfspersonen unter ärztlicher Anleitung. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes seien die Bestimmungen des ASVG, soweit sie nur die Physiotherapeuten den Ärzten gleichstellen, nicht aber auch die selbständigen Masseure, nicht verfassungswidrig. Es könne durchaus sein, daß die rein manuelle Ausbildung der gewerblichen Masseure für die Verabreichung von Massagen die der Physiotherapeuten gleichwertig sei; die Gesamtausbildung der Physiotherapeuten, soweit sie zunächst dem KrankenpflegeG bzw nunmehr dem MTD-Gesetz entspreche, sei wesentlich umfangreicher als die der gewerblichen Masseure. Dieser erwerbe seine Fachkenntnis in einem zweijährigen Lehrberuf, während die Ausbildung zum Physiotherapeuten bereits eine gehobene Grundausbildung in Form der Matura voraussetze und daran eine dreijährige intensive theoretische und praktische Ausbildung anschließe. Für die selbständige Ausübung des Berufes sei beim gewerblichen Masseur eine zweijährige einschlägige Berufungsausübung erforderlich, die nunmehr nach dem MTD-Gesetz für die Physiotherapeuten auf drei Jahre ausgedehnt worden sei. Von einer sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung könne keine Rede sein, weil die Physiotherapeuten insgesamt eine wesentlich profundere und gediegenere medizinische Ausbildung aufweisen könnten, als die gewerblichen Masseure. Daß unter diesen Umständen das Gesetz den Kostenersatzanspruch für die Krankenbehandlung daran binde, daß die Leistung von einem Arzt bzw unter dessen Anleitung oder durch einen selbständigen Physiotherapeuten erbracht werde, sei sohin verfassungsrechtlich nicht bedenklich.
Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Klagestattgebung, hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung. Überdies wird angeregt, der Oberste Gerichtshof möge an den Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.
Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Das Gesetz definiert im § 120 Abs 1 Z 1 ASVG Krankheit als regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht. Behandlungsbedürftig ist ein regelwidriger Körperzustand dann, wenn die Behandlung eine Besserung des Leidens oder die Verhütung von Verschlimmerungen bezweckt; es reicht sogar aus, wenn sich die Krankenbehandlung auf die ärztliche Überwachung der Lebensführung oder auf bloße Schmerzlinderung beschränkt. Nach § 133 Abs 1 ASVG umfaßt die Krankenbehandlung ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Ärztliche Hilfe wird durch Vertragsärzte, durch Wahlärzte und durch Ärzte in eigenen hiefür ausgestatteten Einrichtungen der Versicherungsträger gewährt (§ 135 Abs 1 Satz 1 ASVG). Nach § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG ist eine aufgrund ärztlicher Verschreibung erforderliche physiotherapeutische Behandlung durch Personen, die nach dem KrankenpflegeG bzw seit 1.7.1993 durch das Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz), BGBl 1992/460, zur freiberuflichen Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes berechtigt sind, der ärztlichen Hilfe gleichgestellt. Zu prüfen ist nunmehr, ob auch die Massagetätigkeit durch gewerbliche Masseure Krankenbehandlung im oben definierten Sinn darstellen kann. Dies wäre in zweierlei Hinsicht denkbar: Zum einen könnte die Krankenbehandlung der ärztlichen Hilfe nach § 135 Abs 1 Satz 1 ASVG zugeordnet werden, zum anderen könnte sich § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG als lückenhaft herausstellen, wenn nachgewiesen werden könnte, daß die Massagetätigkeit gewerblicher Masseure jener der Physiotherapeuten gleichzuhalten ist. Beide Fragen sind jedoch zu verneinen.
§ 135 Abs 1 Satz 1 ASVG stellt mit der Wendung "durch Vertragsärzte, durch Wahlärzte usw" darauf ab, daß die Krankenbehandlung durch Ärzte erfolgt. Auf der Basis der Bestimmungen über das ärztliche Berufsrecht kann ein System der Zurechnung der Tätigkeiten von Ärzten und von Nichtärzten zur objektiven Dimension von ärztlicher Hilfe als krankenversicherungsrechtliche Leistung erstellt werden. Das innerste Feld bilden dabei jene Tätigkeiten, deren Verrichtung ausschließlich Ärzten vorbehalten ist. Es handelt sich dabei um jene diagnostischen und therapeutischen Tätigkeiten, die ein umfassendes, mit wissenschaftlichen Methoden erarbeitetes Wissen über den menschlichen Körper und über dessen mögliche Veränderungen, sowie über die Möglichkeiten, dies zu erkennen und darauf Einfluß zu nehmen, voraussetzen. In diesem Bereich decken sich der sachliche und personelle Aspekte der ärztlichen Berufsausübung. In einem weiteren Kreis finden sich jene Tätigkeiten, die zwar in methodischer Hinsicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, die aber materiell nur einen Detailbereich jener für das medizinisch-wissenschaftliche Wissen maßgeblichen Gesamtschau betreffen. Diese Tätigkeiten sind, was ihre Verrichtung betrifft, nicht zwangsläufig mit der Person des Arztes verknüpft; sie sind jedoch Teile der ärztlichen Berufsausübung, wenn sie von einem Arzt verrichtet werden und können daher jedenfalls dann in die objektive Dimension der Krankenbehandlung einfließen, wenn ein Arzt einschreitet. Soweit diese Tätigkeiten auch Nichtärzten offenstehen, können sie der ärztlichen Berufsausübung - und damit der Dimension von ärztlicher Hilfe als Kassenleistung - nur zugerechnet werden, wenn der Nichtarzt zu einem Arzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung steht, die sicherstellt, daß die Nichtärzte unter Aufsicht und Anleitung durch den Arzt tätig werden. Tätigkeiten von Nichtärzten, die außerhalb dieser qualifizierten Verantwortungssphäre erbracht werden, können hingegen nicht der ärztlichen Berufsausübung zugerechnet werden. Eine Zuordnung von Nichtärzten zugänglichen "arztfernen" Tätigkeiten zu ärztlicher Hilfe erfolgt nur, wenn ein Arzt selbst einschreitet oder der einschreitende Nichtarzt zu einem Arzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung steht. In diesem Bereich substituiert die Verantwortungsbeziehung zu einem Arzt die persönliche Qualifikation als Arzt. Ärztliche Hilfe als Leistung der Krankenversicherung deckt sich nach diesem Verständnis mit der Ausübung des ärztlichen Berufes in sachlicher und personeller Hinsicht, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, deren Verrichtung Ärzten vorbehalten ist. Wie aber Tätigkeiten, die nicht den Ärzten vorbehalten sind, nicht der ärztlichen Berufsausübung zugerechnet werden können - obwohl sie sachlich innerhalb des ärztlichen Berufsbildes liegen - , wenn sie nicht von einem Arzt erbracht werden, können sie auch der ärztlichen Hilfe als Kassenleistung nicht zugeordnet werden, wenn sie nicht durch einen Arzt oder in dessen Verantwortung erbracht werden (SSV-NF 6/145 unter Hinweis auf Mazal, Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung 261 f mwN).
Diese Grundsätze gelten auch bei Beurteilung der Tätigkeit von Masseuren im Rahmen der ärztlichen Hilfe. Sie kann der ärztlichen Hilfe als Kassenleistung nur zugeordnet werden, wenn der Masseur in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung zu einem Arzt steht, die sicherstellt, daß er unter Aufsicht und Anleitung durch den Arzt tätig wird. Es muß ein enger Kontakt zwischen dem delegierenden Arzt und dem Masseur bestehen, der es ermöglicht, daß der Arzt jederzeit in die Behandlung eingreift. Dies ist nun zwar nicht so zu verstehen, daß der Arzt während der gesamten Massagetätigkeit selbst anwesend sein müßte, doch ist zu fordern, daß der Arzt für den behandelnden Masseur jederzeit und sofort erreichbar ist, daß die Möglichkeit besteht, den Behandlungsvorgang unverzüglich an Veränderungen in der ärztlich verordneten Therapie anzupassen und daß eine unmittelbare und laufende Kontrolle des durch Massage erfolgenden Behandlungsvorganges erfolgt. Nur auf eine solche Art und Weise wird die Massage im qualifizierten Verantwortungsbereich des Arztes erbracht, nur so wird er nicht aus seiner Verantwortung für die Durchführung der Therapie entlassen, wie dies im Gegensatz dazu bei einer rein verordneten Leistung der Fall wäre. Dadurch wird auch dem § 22 Abs 2 ÄrzteG entsprochen, wonach sich der Arzt zu seiner Unterstützung einer Hilfsperson bedienen darf, die nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht zu handeln hat. Unter diesen Voraussetzungen können durchaus auch die Leistungen von Masseuren, soweit sie im Verantwortungsbereich eines Arztes erbracht werden, ärztliche Hilfe im Sinne des § 135 Abs 1 Satz 1 ASVG darstellen, wobei auch nicht erforderlich ist, daß die Hilfsperson in einem Arbeitsverhältnis zu dem Arzt steht.
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der in Anspruch genommenen Massage jedoch nicht um eine mit Unterstützung einer Hilfsperson vorgenommene ärztliche Hilfe, sondern um eine rein verordnete Leistung: Der praktische Arzt verordnete der Klägerin nach Erstellung einer Diagnose acht Teilmassagen im Rahmen "physikotherapeutischer Behandlungen". Der Sachverhalt bietet keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß der praktische Arzt auf die Auswahl der die Massagen durchführenden Person Einfluß nehmen, diese überwachen oder ihr Anweisungen geben konnte. Der gewerbliche Masseur übte seine Tätigkeit völlig außerhalb des Verantwortungsbereiches des verordnenden Arztes aus, dem Arzt war jegliche Überwachung und Kontrolle der Tätigkeit verwehrt. Der gewerbliche Masseur ist daher nicht einer Hilfsperson gleichzuhalten, die nach den genauen Anordnungen des Arztes und unter seiner ständigen Aufsicht handelte. Auf § 135 Abs 1 Satz 1 ASVG kann daher der Kostenerstattungsanspruch nicht gestützt werden, weil Voraussetzung hiefür wäre, daß die Leistung von jemandem erbracht wurde, der einem Vertragspartner des Versicherungsträgers entsprochen hat.
Im Unterschied zur Einbeziehung von Gesundheitsleistungen durch Nichtärzte in den Begriff der ärztlichen Hilfe handelt es sich bei der Gleichstellung der Leistungen von Nichtärzten mit ärztlicher Hilfe nach § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG um eine gegenüber den Versicherten eigenverantwortlich ausgeübte Tätigkeit von Personen, die den gehobenen medizinisch-technischen Diensten angehören. Während bei der Tätigkeit von Hilfspersonen für den behandelnden Arzt diese Tätigkeit im Verantwortungsbereich des Arztes erfolgt, beschränkt sich die Verantwortung des Arztes bei der Inanspruchnahme von Personen des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes auf die ärztliche Verschreibung der einschlägigen Behandlung durch beispielsweise den Physiotherapeuten. § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG knüpft an die gesetzlichen Bestimmungen über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste an und stellt jene Dienste, die auch freiberuflich ausgeübt werden dürfen, der ärztlichen Hilfe gleich. Ein Anspruch des Versicherten auf eigenverantwortliche Behandlung durch einen gewerblichen Masseur auf Kosten des Krankenversicherungsträgers könnte sich dann ergeben, wenn die zitierte Gleichstellungsvorschrift in dem Sinne analogiefähig wäre, daß gewerbliche Masseure den Physiotherapeuten gleichzustellen wären.
Daß eine solche Analogie ausscheidet, wird auch in dem von der Klägerin beigebrachten privaten Rechtsgutachten des Uni.Prof.Dr.Franz M***** über den Krankenbehandlungsanspruch des sozialversicherten Patienten bei Leistungen gewerblicher Masseure eingeräumt. Aus der Funktion und der Entstehungsgeschichte des § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG ergibt sich nämlich, daß die Aufzählung derjenigen medizinischen Dienste, die der ärztlichen Hilfe gleichgestellt sind, als eine abschließende gemeint war. In der Stammfassung des ASVG war die Krankenbehandlung ausschließlich den Ärzten und allenfalls den unterstützenden Hilfspersonen vorbehalten. Das Ärztemonopol im Bereich der ärztlichen Hilfe wurde erst durch die 29. Novelle punktuell um die physikotherapeutische und logopädisch-phoniatrische [-audiometrische] Behandlung erweitert. Diese Entstehungsgeschichte zeigt, daß eine Beschränkung der auf Krankenkassenkosten durchgeführten Behandlungsweisen auf Ärzte und ihnen gleichgestellte Personen bezweckt war. Die Regel sollte die Behandlung durch Ärzte sein; ihr wird die Behandlung durch andere Personen - die ausnahmsweise keine Ärzte sein müssen - gleichgestellt. Sofern nicht teleologische Gründe zwingend dagegen sprechen, sind Ausnahmevorschriften nicht extensiv zu interpretieren und nicht analogiefähig. Auch die Gleichstellung von klinischen Psychologen und Psychotherapeuten durch die 50. ASVG Novelle zeigt deutlich, daß die Konzeption des Gesetzgebers grundsätzlich davon ausgeht, daß die Gleichstellung einer nicht ärztlichen Behandlung mit einer ärztlichen einer ausdrücklichen gesetzlichen Verankerung bedarf (284 BlgNR 18. GP, 29). Da § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG letztlich auch eine Begrenzung der für Krankenbehandlung aufzuwendenden Kosten bezweckt, ist es nicht gerechtfertigt, durch Analogie den Kreis der auf Krankenkassenkosten durchzuführenden Behandlungen zu erweitern. Der Kostenerstattungsanspruch kann daher auch nicht auf § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG gestützt werden.
Der Oberste Gerichtshof vermag die von der Klägerin in Anschluß an das oben genannte private Rechtsgutachten vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG nicht zu teilen. Es mag durchaus zutreffen, daß die Zulassung zur Kassenpraxis jedenfalls eine Regelung der Berufsausübung darstellt. Ausübungsregeln müssen bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein. Kommt die Einschränkung nicht einem Berufsausübungsverbot, sondern bloß einer Beschränkung der Berufsausübung gleich, wird ein größerer gesetzlicher Gestaltungsspielraum anzunehmen sein (vgl zuletzt Holoubek in ZAS 1994, 16 f mwN). Geht man davon aus, daß der Aufgabenbereich der (gewerblichen) Masseure die Durchführung von Massagen zur Erhaltung des allgemeinen Wohlbefindens und zu sportlichen Zwecken, aber auch Bewegungstherapie und Gymnastik umfaßt (vgl Berufslexikon Band 1 "Lehrberufe"14 [1990] 232 Stichwort "Masseur/Masseurin"), dann zeigt sich, daß der Ausschluß der gewerblichen Masseure von der freiberuflichen Krankenbehandlung (§ 135 ASVG) die Freiheit ihrer Erwerbsausübung nicht wesentlich beschränkt. Die Erbringung von Leistungen der Krankenbehandlung ist zweifellos keine solche Teiltätigkeit gewerblicher Masseure, daß deren Ausschluß eine unverhältnismäßige Beschränkung der Berufsausübung darstellen würde. Die in Rede stehende gesetzliche Bestimmung stellt aber auch keinen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz dar. Für die unterschiedliche Behandlung von Physikotherapeuten und gewerblichen Masseuren im Rahmen der gesetzlichen Krankenbehandlung bestehen nämlich ausreichende sachliche Gründe, vor allem die unterschiedliche Ausbildung, der im Gesetz umrissene Umfang der Berufsberechtigung und die Kostensteuerung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Daß die unterschiedliche Stellung der genannten Personengruppen deshalb willkürlich sei, weil das Angebot der Physikotherapeuten für Massageleistungen nicht ausreiche, um die Nachfrage der sozialversicherten Patienten nach Massageleistungen in angemessener Zeit und vertretbarer örtlicher Nähe zu befriedigen, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Die Klägerin hat selbst darauf verwiesen, daß es in Tirol 158 freiberufliche Physikotherapeuten gebe, wobei aber nicht außer acht gelassen werden darf, daß die Physikotherapie auch durch unselbständige Physikotherapeuten oder durch Hilfspersonen unter ärztlicher Anleitung erbracht werden kann. Der Ausschluß gewerblicher Masseure von Tätigkeiten, die nach dem Gesetz der ärztlichen Hilfe gleichgestellt sind, ist daher nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes keinesfalls willkürlich, sondern liegt innerhalb des dem Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraumes. Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag hinsichtlich § 135 Abs 1 Satz 2 ASVG zu stellen (vgl auch OLG Linz SVSlg 37.319 = ZAS 1994 Jud Blg 4).
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da eine höchstgerichtliche Judikatur zur Krankenbehandlung durch gewerbliche Masseure nicht vorliegt, die Entscheidung also von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 ASGG abhängt, entspricht es der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin die Hälfte ihrer Revisionskosten zuzusprechen (SSV/NF 6/61 mwN). Die Beklagte ist mit ihrem Kostenersatzbegehren auf § 77 Abs 3 ASGG zu verweisen.
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