Spruch:
Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt. Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die Mutter der mj Kinder Amir, geboren am 1. 6. 2003, und Gemila, geboren am 10. 4. 2007. Sie bezog von der beklagten Partei anlässlich der Geburt ihres Sohnes Amir vom 1. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von täglich 6,06 EUR, insgesamt also 1.296,84 EUR.
Der Ehegatte der Klägerin, Reda R*****, bezog vom AMS Bludenz im Zeitraum vom 3. 6. 2003 bis 16. 6. 2003 Leistungen in Höhe von täglich 26,87 EUR und vom 1. 12. 2003 bis 31. 12. 2003 Leistungen in Höhe von täglich 30,09 EUR, insgesamt also 1.308,97 EUR. Im Zeitraum vom 17. 6. 2003 bis 30. 11. 2003 war der Ehegatte der Klägerin beim A***** in L***** beschäftigt und erzielte 4.959,57 EUR an steuerpflichtigen Bezügen.
Mit Bescheid vom 11. 7. 2007 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 1. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld von insgesamt 1.296,84 EUR binnen vier Wochen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig einen als Klage zu wertenden „Einspruch", in welchem sie sich erkennbar gegen den Widerruf des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld und gegen die Verpflichtung zum Rückersatz wendete.
Die beklagte Partei beantragt in der Sache die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, in dem gemäß § 8 KBGG zu berücksichtigenden Zeitraum vom 1. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 habe der Ehegatte der Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 4.827,57 EUR und Arbeitslosengeld in Höhe von 1.308,97 EUR bezogen. Daraus errechne sich gemäß § 8 Abs 1 KBGG für das ganze Kalenderjahr 2003 ein maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte von 13.339,12 EUR. Die Freigrenze des Ehegatten der Klägerin habe im Jahr 2003 lediglich 10.800 EUR betragen. Die Klägerin sei daher gemäß § 31 Abs 2 KBGG verschuldensunabhängig zum Ersatz des im Jahr 2003 zu Unrecht bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 1.296,84 EUR verpflichtet. Sie habe im Rahmen der Beantragung des Kinderbetreuungsgeldes auch ein Informationsblatt mit detaillierten Informationen über die zu beachtenden Zuverdienstgrenzen erhalten und sei auch darauf hingewiesen worden, dass bei Überschreitung einer dieser Zuverdienstgrenzen die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Leistung erfolge.
Das Erstgericht wies ein auf Abweisung der Rückzahlungsforderung betreffend den von der Klägerin im Zeitraum vom 1. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 bezogenen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 1.296,84 EUR gerichtetes Klagebegehren der Klägerin ab und erkannte die Klägerin schuldig, der beklagten Partei diesen Zuschuss in Höhe von 1.296,84 EUR binnen 14 Tagen zurückzuzahlen. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen die Auffassung, von den vom Ehegatten der Klägerin bei A***** erzielten Einkünften von 4.959,57 EUR netto sei eine Werbungskostenpauschale von 132 EUR abzuziehen, was ein theoretisches steuerpflichtiges Einkommen von 4.827,57 EUR im Zeitraum Juni bis November 2003 ergebe. Dazu komme das Arbeitslosengeld in Höhe von 1.308,97 EUR. Bei Hochrechnung dieser beiden Beträge auf das gesamte Jahr im Sinne des § 8 KBGG hätten die theoretischen fiktiven Einkünfte des Ehegatten der Klägerin im Jahr 2003 13.339,12 EUR betragen und damit die nach § 12 Abs 1 KBGG zu ermittelnde persönliche Freigrenze um 2.539,12 EUR überschritten. Gemäß § 12 Abs 2 KBGG sei dieser Unterschiedsbetrag auf den im Jahr 2003 bezogenen Zuschuss anzurechnen. Da er die gesamte Höhe des Zuschusses übersteige, sei die beklagte Partei gemäß § 31 KBGG zur Rückforderung des gesamten Zuschusses von der Klägerin berechtigt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts an. Eine Berücksichtigung des von der Klägerin in ihrer Berufung behaupteten gutgläubigen Verbrauchs komme nicht in Betracht. Schließlich teilte das Berufungsgericht auch nicht die von der Klägerin gegen die anzuwendende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Bestimmung des § 8 KBGG noch nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters wird die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die Bestimmungen der §§ 8, 12 und 31 KBGG beim Verfassungsgerichtshof angeregt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. 9. 2008, 10 ObS 58/08i, die Revision der Klägerin aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund und auch deshalb, weil Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen der §§ 8, 12 und 31 KBGG bestanden haben, für zulässig angesehen und beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wurde gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten. Der Verfassungsgerichtshof wies mit seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 132/08-6 ua, diesen Gesetzesprüfungsantrag ab, weil er die in diesem Antrag und auch die in den anderen Gesetzesprüfungsanträgen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs war das Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs erweisen sich die von der Revisionswerberin gegen die maßgebende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken als nicht berechtigt. Die Revisionswerberin macht darüber hinaus in ihrem Rechtsmittel im Wesentlichen geltend, die Bestimmung des § 8 KBGG sei so auszulegen, dass das nach dieser Gesetzesstelle fiktiv ermittelte Einkommen jedenfalls mit dem tatsächlichen Einkommen begrenzt sei und eine Rückzahlungsverpflichtung daher nur dann entstehen könne, wenn das tatsächliche Einkommen, falls dieses niedriger als das fiktiv ermittelte sei, ebenfalls über der Zuverdienstgrenze liege. In ihrem Fall sei daher nur ein Teilbetrag des bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld rückforderbar. Nach dem Wortlaut des § 12 Abs 2 KBGG sei der gesamte Unterschiedsbetrag auf den Zuschuss rückforderbar. Diese Bestimmung sei aber dahin auszulegen, dass in Fällen, in denen der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld lediglich einige Monate im Kalenderjahr bezogen werde, auch eine anteilsmäßige Herunterrechnung des Jahresüberschreitungsbetrags auf die Anzahl der Bezugsmonate zu erfolgen habe.
Diesen Ausführungen hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 23. 9. 2008, 10 ObS 58/08i, entgegengehalten, dass aus dem Wortlaut der Bestimmung der §§ 8 Abs 1 Z 1 und 12 Abs 1 KBGG sowie aus den ebenfalls zitierten Gesetzesmaterialien eindeutig hervorgeht, dass alle in einem Kalenderjahr während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses zugeflossenen Einkünfte zusammenzurechnen, auf einen (fiktiven) Jahresbetrag umzurechnen und der Freigrenze nach § 12 Abs 1 KBGG gegenüberzustellen sind. Daraus folgt, dass die beklagte Partei den maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG für das Kalenderjahr 2003 mit dem Betrag von 13.339,12 EUR zutreffend ermittelt und dieser Betrag die im Falle des Ehegatten der Klägerin gemäß § 12 Abs 1 KBGG maßgebende Freigrenze von 10.800 EUR um 2.539,12 EUR überschritten hat. Nach § 12 Abs 2 KBGG ist dieser Unterschiedsbetrag von 2.539,12 EUR auf den Zuschuss anzurechnen. Da der Unterschiedsbetrag den von der Klägerin im Kalenderjahr 2003 insgesamt bezogenen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von 1.296,84 EUR übersteigt, ist die beklagte Partei gemäß § 31 Abs 2 KBGG zur Rückforderung des gesamten Zuschusses von der Klägerin berechtigt. Die von der Revisionswerberin gegen diese Berechnungsweise erhobenen Einwände sind daher nicht berechtigt. Der von ihr weiters erhobene Einwand des gutgläubigen Verbrauchs des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld ist, wie ebenfalls bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, auch nicht berechtigt, weil die Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG lediglich auf den objektiven Umstand des Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen abstellt.
Die Entscheidung der Vorinstanzen (Abweisung des Begehrens der Klägerin und Verpflichtung der Klägerin zum Rückersatz des von ihr für den Zeitraum vom 1. 6. 2003 bis 31. 12. 2003 bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) steht daher im Einklang mit der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform beurteilten Gesetzeslage. Der Revision musste somit insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Für einen Kostenersatz nach Billigkeit sind neben den rechtlichen (oder tatsächlichen) Schwierigkeiten des Verfahrens auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Versicherten maßgebend. Aktuelle berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, welche einen ausnahmsweisen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht bescheinigt und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
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