Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO iVm § 528a ZPO). Auch die Rekurswerberin räumt ein, daß die Vorlage des Sachverständigengutachtens, auf das sich die Wiederaufnahmsklage stützt, "formal nicht im gegenständlichen Verfahren erfolgte."
Die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes ist zutreffend, sodaß es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO iVm § 528a ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Rekurswerberin entgegenzuhalten:
Das Gericht hat im Vorprüfungsverfahren vor Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung zu prüfen, ob die Wiederaufnahmsklage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe gestützt wird. Mangelt es daran, so ist die Klage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet durch Beschluß zurückzuweisen (§ 538 Abs 1 ZPO).
Auch in Sozialrechtssachen kann die Wiederaufnahmsklage nicht allein darauf gestützt werden, daß ein anderer Sachverständiger später ein abweichendes Gutachten erstattet hat, wohl aber etwa darauf, daß das jüngere Gutachten auf einer neuen wissenschaftlichen Methode basiert, die zum Zeitpunkt der Begutachtung im Hauptverfahren noch unbekannt war (SSV-NF 1/40, 7/115, 10/53 ua). Dies hat der Kläger in seiner Wiederaufnahmsklage getan. Ob es sich tatsächlich um eine neue wissenschaftliche Methode, sohin um einen zulässigen Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO handelt, ist nicht im Vorprüfungsverfahren, sondern erst nach entsprechender Prüfung im Wiederaufnahmsverfahren zu beurteilen.
Selbst die Rekurswerberin geht davon aus, daß der Wiederaufnahmskläger den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO auf ein "grundsätzlich geeignetes Vorbringen" gründete, indem er sich auf ein Sachverständigengutachten als neues Beweismittel stützte, das auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe. Der Einwand der Rekurswerberin, daß dieses Sachverständigengutachten, das - wie schon zur Aktenwidrigkeit erwähnt - im gegenständlichen Verfahren noch gar nicht vorgelegt wurde, "völlig ungeeignet" sei und im übrigen vom Kläger auch noch keine sonstigen Unterlagen vorgelegt worden seien, ist im Vorprüfungsverfahren verfehlt und jedenfalls verfrüht.
Im Vorprüfungsverfahren ist die Frage, ob die als Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinen Einfluß auf die Entscheidung in der Hauptsache haben können, nur abstrakt zu prüfen. Ob aber die behaupteten Tatsachen oder Beweismittel im Hinblick auf ihren faktischen Gehalt geeignet sind, eine andere Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen, ob sie also, bezogen auf den vorliegenden Fall, geeignet sind, eine andere Würdigung der vorliegenden Beweise zu bewirken, darf im Vorprüfungsverfahren nicht entschieden werden. Erst im Wiederaufnahmsverfahren sind die neuen Tatsachen und Beweismittel über ihre abstrakte Eignung zur Herbeiführung einer Änderung der im Hauptprozeß erflossenen Entscheidung hinaus im Wege einer eingeschränkten Beweiswürdigung dahin zu prüfen, ob die Nichtberücksichtigung dieser Tatsachen und Beweismittel im Vorprozeß gegen die materielle Wahrheitsfindung und die Vollständigkeit der Urteilsgrundlage verstößt (Fasching IV 541 und 551; JBl 1993, 126 mwN). Eine konkrete Prüfung des neuen Beweismittels auf seinen Beweiswert hat im Vorprüfungsverfahren nicht zu erfolgen (RIS-Justiz RS0036544).
Die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage ist dann gerechtfertigt, wenn sich der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund überhaupt unter keinen der im Gesetz angeführten Wiederaufnahmsgründe einordnen läßt, weiters dann, wenn der behauptete Wiederaufnahmsgrund in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung steht. Dies ist etwa beim Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO dann der Fall, wenn die geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinerlei Einfluß auf die Entscheidung in der Hauptsache haben können (RIS-Justiz RS0044504). Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Zu beachten wird jedoch sein, daß zwar nicht die neuen Beweismittel, wohl aber die neuen Tatsachen schon vor Schluß der Verhandlung im früheren Verfahren vorhanden gewesen sein müssen (EvBl 1989/68 mwN). Der Hinweis der Rekurswerberin, daß neue Krankheitsbilder oder deren Verschlechterung allein nach Schluß der Verhandlung die Wiederaufnahme nicht zu rechtfertigen vermögen, ist daher berechtigt. Der Wiederaufnahmskläger stützt sich jedoch ohnehin primär darauf, daß sein Gehörleiden schon in der im Hauptprozeß vorliegenden Form unrichtig beurteilt wurde.
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