OGH 10ObS365/98v

OGH10ObS365/98v1.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Brigitte Augustin (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Stattmann (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in den verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Parteien 1. Elisabeth W*****, 1220 Wien, *****, 2. Maria N*****, 3300 Amstetten, *****, 3. Erich R*****, 1220 Wien, *****, 4. Gerhard W*****, 1220 Wien, *****, 5. Hedwig N*****, 1220 Wien, *****, 6. mj. Rene M*****, vertreten durch seinen Vater Herbert M*****, 1220 Wien, *****, 7. Theresia P*****, 1220 Wien, *****, 8. Heribert R*****, 1220 Wien, *****, 9. Helga P*****, 1220 Wien, *****, 10. mj. Maureen R*****, vertreten durch ihre Mutter Angelika R*****, 1200 Wien, *****, und 11. Edith S*****, 1200 Wien, *****, alle vertreten durch Dr. Rudolf K. Fiebinger, Dr. Peter M. Polak und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 15-19, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen Kostenerstattung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Juli 1998, GZ 9 Rs 146/98a-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 26. Feber 1998, GZ 19 Cgs 90/97g-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie unter Einschluß der rechtskräftig gewordenen Teilabweisungen insgesamt lauten:

"Sämtliche Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den jeweils klagenden Parteien einen Betrag von je S 3.091,20 zu zahlen, werden abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien einen Kostenanteil von je S 1.200, insgesamt daher S 13.200 (darin enthalten S 2.200 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Alle oben genannten, bei der beklagten Gebietskrankenkasse krankenversicherten Kläger und Klägerinnen haben sich im Zeitraum bis Mai 1997 je einmal bei der Fachärztin für Radiologie Dr. Susanne A. Q***** in Wien (in Hinkunft kurz "behandelnde Ärztin" genannt) einer Magnetresonanz-Tomographie(MRT)-Untersuchung unterzogen.

Ein gemäß § 338 Abs 1 und 3 ASVG vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger am 16. 1. 1996 mit der Wirtschaftskammer Wien, Fachgruppe der Heilbade-, Kur- und Krankenanstalten, abgeschlossenen "Rahmenvertrag" hat die Durchführung von Magnetresonanz-Untersuchungen an Versicherten in den Ambulatorien zum Gegenstand, die in einer Anlage zu diesem Vertrag aufgelistet sind. Nach diesem Vertrag können die Ambulatorien von den Versicherten nur aufgrund von Zuweisungen durch freiberuflich tätige Ärzte bzw eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger in Anspruch genommen werden. Die Zuweisung bedarf einer vorherigen ausdrücklichen Bewilligung des zuständigen Trägers (Leistungsübernahmeerklärung). Weitere Bestimmungen dieses Vertrags regeln den Befähigungsnachweis, den Gerätenachweis, das Zuzahlungsverbot, die Rechnungslegung und die Honorierung. Als Tarif für MRT-Untersuchungen (inkl. Kontrastmittel, ohne Umsatzsteuer) wurde pro Patient und Tag ab 1. 10. 1995 ein Betrag von S 3.220 vereinbart. Solche Untersuchungen werden von der Beklagten ausschließlich durch Vertragseinrichtungen iSd § 135 Abs 1 ASVG auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages als Sachleistung erbracht.

Die behandelnde Ärztin steht in einem Vertragsverhältnis zur Beklagten. Im Tarif der Fachärzte für Radiologie nach der Honorarordnung der Beklagten sind aber derartige MRT-Untersuchungen nicht enthalten. Sie legte daher ihren Patienten für jede Untersuchung eine Honorarnote über S 3.220 (ohne Umsatzsteuer); dieser Betrag orientierte sich an dem Tarif des "Rahmenvertrages". Die Kläger und Klägerinnen zahlten das verrechnete Honorar und begehrten von der Beklagten Kostenerstattung in dieser Höhe.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid alle Anträge auf "Kostenübernahme" (gemeint Kostenerstattung) ab. Zur Begründung verwies sie darauf, daß sie die Kosten für eine Magnetresonanz-Tomographie nur übernehmen könne, wenn die Untersuchung von einem Facharzt oder einer Einrichtung durchgeführt werde, dem (der) von der Magistratsabteilung 15, Dezernat II, die sanitätsbehördliche Betriebsbewilligung für die Durchführung dieser Untersuchung erteilt worden sei. Der von den Klägern aufgesuchten Fachärztin sei diese Bewilligung nicht erteilt worden.

Mit ihren getrennt eingebrachten Klagen, die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, begehren die Kläger und Klägerinnen (nach Einschränkung ihres Begehrens zuletzt) jeweils S 3.091,20; dies seien 80 vH des für Ambulatorien geltenden Tarifes für gleiche Untersuchungen (zuzüglich Umsatzsteuer). Sie hätten die behandelnde Ärztin als Wahlärztin in Anspruch genommen und daher einen Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Kosten nach § 131 Abs 1 ASVG im Ausmaß von 80 vH. Weder der Großgeräteplan noch der "Rahmenvertrag" stünden dem Begehren auf Ersatz der ärztlichen Behandlungen aus dem Titel der Wahlarzthilfe entgegen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung aller Klagebegehren. Die behandelnde Ärztin sei insoweit keine Vertragsärztin der Beklagten, als Magnetresonanz(MRT)-Untersuchungen vom Tarif für Fachärzte für Radiologie nicht erfaßt seien. Diese Untersuchungen seien nach dem vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger geschlossenen Rahmenvertrag von bestimmten Vertragspartnern zu erbringen. Diese müßten nachweisen, daß nur Ganzkörper-MR-Geräte neuester Bauart mit bestimmten Feldstärken verwendet würden und daß der ärztliche Leiter den Qualifikationserfordernissen für MRT-Untersuchungen der Österreichischen Ärztekammer entsprechen. Darüber hinaus müsse eine krankenanstaltenrechtliche Betriebsbewilligung erteilt worden sein. Diese Regelung sei auf Grund des § 338 Abs 2a ASVG erfolgt, wonach Verträge betreffend Ganzkörper-MR-Geräte nur entsprechend dem Großgeräteplan (Wiener LGBl 1997/9) abgeschlossen werden dürften; alle anderen Verträge seien ungültig. Außerhalb von Krankenanstalten dürften daher für solche Untersuchungen auf Kosten der Versicherungsträger ausschließlich die in der Anlage zum "Rahmenvertrag" genannten Institute in Anspruch genommen werden. Da sich in unmittelbarer Nähe der behandelnden Ärztin, nämlich im Donauspital-Sozialmedizinisches Zentrum Ost ein MR-Gerät befinde, sei die behandelnde Ärztin nicht in die Liste der Leistungserbringer aufgenommen worden. Es stehe jedem Patienten frei, an sich von dieser Ärztin eine MRT-Untersuchung vornehmen zu lassen, allerdings als Privatpatient und nicht auf Kosten der Krankenkasse.

Das Erstgericht gab allen Klagebegehren (von geringfügigen und rechtskräftig gewordenen Teilabweisungen abgesehen) statt. Es beurteilte den eingangs dargestellten Sachverhalt rechtlich dahin, daß der Großgeräteplan als Teil der Vereinbarung nach Art 15a B-VG nur zwischen den Vertragsteilen gelte und erst durch die Neuregelung des § 338 Abs 2a ASVG ab 1. 1. 1997 in Geltung gesetzt worden sei. Der Großgeräteplan konkretisiere einzig die in § 338 Abs 2 ASVG geforderte optimale Versorgung der Bevölkerung und das Ziel, teure Geräte optimal auszunützen. Da die MRT-Untersuchungen nicht im Tarif für Vertragsfachärzte für Radiologie enthalten seien, sei die behandelnde Ärztin bei Erbringung der außervertraglichen Leistung (nämlich der MRT-Untersuchung) als Wahlärztin anzusehen. Daß sie zugleich auch Vertragsärztin sei, schade nicht, weil sie Leistungen erbracht habe, die nicht vom Vertrag umfaßt seien. Nach § 131 ASVG bestehe daher Anspruch auf Ersatz der Kosten im Ausmaß von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufgewendet worden wäre. Der Versicherte habe nach § 135 ASVG freie Arztwahl, er müsse daher nicht vom System der Vertragsärzte Gebrauch machen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Nach herrschender Rechtsprechung (SSV-NF 8/33) könne ein Vertragsarzt auch als Wahlarzt tätig sein. Der Versicherte habe grundsätzlich die freie Arztwahl. Dem Krankenversicherungsträger stehe es nicht frei, ärztliche Hilfe etwa ausschließlich in Ambulatorien zu erbringen. Ein Ausweichen auf Vertragseinrichtungen, insbesondere selbständige Ambulatorien, sei nur insoweit zulässig, als dies zur ausreichenden Versorgung der Versicherten notwendig sei, also wenn freiberuflich tätige Ärzte nicht oder nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung stünden. Diese Grundsätze seien auch vom 2. SRÄG 1996 u. a. durch Einfügung des § 338 Abs 2a ASVG unverändert gelassen worden. Wenngleich Verträge, die dem Großgeräteplan widersprechen, unter der Sanktion der Nichtigkeit stünden, sei dadurch weder der Kostenersatzanspruch eines Versicherten noch der Grundsatz der freien Arztwahl beseitigt. Schließlich sprach das Berufungsgericht aus, daß die Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 338 Abs 2a ASVG nicht vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung im Sinne einer Abweisung aller Klagebegehren und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die klagenden Parteien beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Durch Art I Z 23 des 2. SRÄG 1996, BGBl 1996/764, wurde nach § 338 Abs 2 ASVG folgender Abs 2a eingefügt: "(2a) Die Versicherungsträger haben sich beim Abschluß von Verträgen nach Abs 1 an eine(n) vom Bund nach Abstimmung mit der Sozialversicherung und im Einvernehmen mit den Ländern festzulegenden Großgeräteplan zu halten. Verträge, die dem widersprechen, sind ungültig." Im Abs 3 wurde der Ausdruck "Abs 1 und 2" durch den Ausdruck "Abs 1, 2 und 2a" ersetzt. Die Erl zur RV (394 BlgNR 20. GP, 18) führen dazu folgendes aus: "Durch die vorgeschlagene Bestimmung soll in Ausführung des Art 30 Abs 2 Z 3 der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 die Beachtung des vom Bund (.....) - nach Abstimmung mit der Sozialversicherung und im Einvernehmen mit den Ländern - festzulegenden Großgeräteplanes im Vertragspartnerrecht verankert werden. Als Sanktion ist die Ungültigkeit eines dem Großgeräteplan widersprechenden Vertrages ab dem Zeitpunkt der Feststellung vorgesehen." Der erwähnte Art 30 Abs 2 Z 3 der Vereinbarung (siehe BGBl I 1997/111) bestimmte dazu: "In die Sozialversicherung ist folgendes aufzunehmen: Die Sozialversicherung hat sich bei der Vergabe von Kassenverträgen an einen ..... Großgeräteplan zu halten; Verträge, die dem widersprechen, sind ungültig." Von dieser geänderten Rechtslage gehen alle Streitteile auch im Revisionsverfahren ohne Vorbehalt aus. Sie ziehen daraus lediglich entgegengesetzte Schlüsse. Daß es sich bei einem MRT-Gerät um ein Großgerät im Sinne der genannten Bestimmungen (auch im Sinne des Großgeräteplanes 1996, Wiener LGBl 1997/9) handelt, ist nicht strittig.

Die Argumente der Beklagten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Es sei unstrittig, daß mit der behandelnden Ärztin kein Vertrag über MRT-Untersuchungen abgeschlossen werden dürfte. Infolge des § 338 Abs 2a ASVG sei die Vertragsautonomie der Parteien des Gesamt- und Einzelvertrages beschränkt. Träger der Krankenversicherung dürften bestimmte Großgeräteleistungen nicht nach freiem Belieben, sondern nur im Rahmen des Großgeräteplanes erbringen. Könnten aber im Sinne der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes Vertragsärzte zudem (schrankenlos) als Wahlärzte auftreten, würde die gesetzliche

Anordnung geradezu der Lächerlichkeit preisgegeben: würde nämlich der Versicherungsträger einem Arzt den Vertragsabschluß unter Hinweis auf § 338 Abs 2a ASVG verwehren, könnte er dieselbe Leistung unbesorgt als Wahlarzt mit Kostenerstattungsanspruch erbringen und damit die eigentliche Absicht des Gesetzgebers, die fragliche Leistung nur an bestimmten Standorten zu erbringen, unterlaufen. Sei es dem Versicherungsträger verboten, Verträge abzuschließen, die dem Großgeräteplan zuwider laufen, und damit die fragliche Leistung als Sachleistung durch einen Vertragspartner zu erbringen, könne auch kein Anspruch auf Kostenersatz für dieselbe ärztliche Leistung unter dem Deckmantel der Wahlarzthilfe bestehen. Die Vorinstanzen hätten auch den Grundsatz der freien Arztwahl verkannt. Hier gehe es nicht um einen sogenannten "kassenfreien Raum", also um Leistungen, die noch keine Aufnahme in die Honorarordnung gefunden hätten, sondern um ärztliche Leistungen, die nach dem Gesetz nur von einigen wenigen Vertragspartnern erbracht werden dürften. So wie ein Versicherter keinen Rechtsanspruch auf die jeweils weltbeste medizinische Versorgung habe (SSV-NF 6/142 = SZ 65/159; SSV-NF 8/115 = SZ 67/215), habe er keinen Anspruch darauf, teure Großapparate-Medizin durch jeden Arzt auf Kosten der Sozialversicherung durchführen zu lassen. Besondere Gründe, welche die sofortige Untersuchung durch die genannte Fachärztin notwendig gemacht hätten, seien nicht vorgebracht worden. Ein besonderes Vertrauensverhältnis hinsichtlich einer ärztlichen Behandlung scheide bei einer MRT-Untersuchung schlechthin aus, weil die Untersuchung bekanntermaßen darin bestehe, daß von einem durch Hilfskräfte bedienten Großapparat computerunterstützte Schichtenbilder des Körpers angefertigt werden. Schließlich hätte sich das Berufungsgericht auch über § 29 Abs 2 der Krankenordnung hinweggesetzt, wonach Kosten nicht erstattet würden, wenn der Anspruchsberechtigte einen Vertragsarzt in Anspruch genommen habe.

In der Revisionsbeantwortung wird dem entgegen gehalten, daß die Bestimmungen über den Großgeräteplan lediglich eine Einschränkung des Vertragspartnerrechts, nicht aber der Sachleistungserbringung bezweckten. Die Leistungskonzentration im Bereich der Sachleistungen werde aber bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes nicht gefährdet. Durch die gesetzliche Beschränkung auf einen Teilersatz der Wahlarztkosten werde der Gefahr einer nicht gerechtfertigten Überinanspruchnahme der Krankenversicherung vorgebeugt. Daher hätten Versicherte auch bei Inanspruchnahme von Röntgenleistungen bzw MRT-Untersuchungen nach § 135 Abs 2 ASVG völlige Wahlfreiheit unter den Erbringern ärztlicher Leistungen, insbesondere bestehe keine Verpflichtung, von den Vertragseinrichtungen Gebrauch zu machen. Die Erstattung von Kosten der Untersuchungen durch Großgeräte sei auch durch § 338 Abs 2a ASVG nicht eingeschränkt worden. Der wahre Grund, warum MRT-Untersuchungen nicht bei Vertragsärzten angeboten würden, liege darin, daß die Beklagte bislang nicht ernsthaft mit der Ärztekammer über diese Untersuchungsleistung verhandelt habe und mit selbständigen Krankenanstalten günstigere Tarife ausverhandeln könne. In der Honorarordnung nicht enthaltene Sonderleistungen müßten vom Vertragsarzt nicht auf Rechnung der Kasse erbracht werden; der Vertragsarzt werde dann eben als Wahlarzt tätig (SSV-NF 9/100). Der Versicherte habe in diesem Fall einen Anspruch auf Kostenersatz auch dann, wenn es sich um Leistungen handle, die der Vertragsarzt auf Rechnung der Krankenversicherung nicht erbringen dürfe. Die Kläger hätten daher einen Kostenersatzanspruch gemäß § 131 Abs 1 ASVG.

Der Oberste Gerichtshof hält die Argumente der Revisionswerberin für zutreffend, nicht aber die dagegen vorgetragenen Einwände.

In einer erst kürzlich ergangenen und noch nicht veröffentlichten Entscheidung (30. 3. 1999, 10 ObS 403/98g) über die Erstattung der Kosten einer PSA-Wert-Bestimmung durch einen Vertragsfacharzt für Urologie, deren Erbringung und Honorierung nach der betreffenden Honorarordnung den Fachärzten für Labordiagnostik vorbehalten ist, führte der Senat folgendes aus:

Auszugehen ist davon, daß der vom Kläger in Anspruch genommene Facharzt für Urologie ein Vertragsarzt der Beklagten ist. Wie der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Bundesschiedskommission ausgesprochen hat (SSV-NF 8/33; SSV-NF 7/A 7 jeweils mwN), kann ein Vertragsarzt vom Versicherten auch als Wahlarzt - gegen Kostenerstattung - in Anspruch genommen werden, wenn es sich um notwendige und zweckmäßige Leistungen der Krankenbehandlung handelt, für die im Gesamtvertrag aber (noch) keine Leistungspositionen festgesetzt sind. Insoweit darf ein Versicherter einen Vertragsarzt auch "privat" in Anspruch nehmen und hat Anspruch auf nachträgliche Kostenerstattung. Der vorliegende Fall läßt sich jedoch mit dieser Judikatur zum sogenannten "kassenfreien Raum" nicht in Einklang bringen: In allen bisherigen Entscheidungen (etwa SSV-NF 8/33; 9/100; auch BSK-ZAS 1994, 98) ging es um Leistungen, die überhaupt nicht Gegenstand des Gesamtvertrages waren, sondern um gleichsam "neue" Leistungen, die erst nach der Schaffung des Gesamtvertrages medizinischer Standard wurden. Nur in jenen Bereichen, wo solche im Gesamtvertrag überhaupt nicht berücksichtigte Leistungen zu prüfen waren, wurde in Einzelfällen ein sogenannter "kassenfreier Raum" auch für Vertragsärzte anerkannt. Im hier zu beurteilenden Fall steht aber nicht in Zweifel, daß die betreffende ärztliche Leistung, nämlich die PSA-Wertbestimmung (prostataspezifisches Antigen) zum Inhalt des Krankenbehandlungsanspruches gehört. Die Parteien des Gesamtvertrages haben in der Honorarordnung, die einen Bestandteil des Gesamtvertrages bildet (§ 30 Abs 1 Gesamtvertrag), auch eine entsprechende Leistungsposition verankert, die allerdings nicht von jedem allenfalls berufsrechtlich in Betracht kommenden Vertragsarzt verrechnet werden darf. ...... Jedenfalls hat aber der Versicherte die Möglichkeit, die betreffende Leistung als Sachleistung in Anspruch zu nehmen. Diese gesamtvertragliche Einschränkung der Verrechenbarkeit ist grundsätzlich zulässig, weil sie in der Regel berechtigten Interessen beider Vertragsparteien entspricht. Solche Beschränkungen dienen vorrangig dazu, die flächendeckende medizinische Versorgung im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit zu steuern. Dabei handelt es sich entweder um ärztliche Leistungen, die eine besondere Qualifikation des Arztes erfordern, oder um Leistungen, die besondere Kosten verursachen, weil sie den Einsatz teurer Geräte erfordern. Den zur Verrechnung berechtigten Ärzten soll damit einerseits die Rentabilität ihrer Anschaffungen gesichert werden; zugleich wird damit andererseits erschwert, daß sich möglichst viele Ärzte möglichst viele Geräte anschaffen, die sich dann rentieren müssen (Grillberger in Strasser, Arzt- und gesetzliche Krankenversicherung, 372 mwN). Zu Recht wurde darauf hingewiesen, daß der Gesamtvertrag auch Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise zu treffen hat. Die Versicherungsträger sind daher kraft Gesetzes dazu verhalten, beim Abschluß des Gesamtvertrages darauf zu achten, daß kostengünstig gearbeitet wird, daß also teure Geräte möglichst ausgelastet werden. Wenn daher in Gesamtverträgen vorgesehen ist, daß nicht jeder Vertragspartner alle notwendigen Leistungen erbringen darf auf die der Versicherte Anspruch hat, so bedeutet dies noch keine Einschränkung des Anspruches auf Krankenbehandlung (Schrammel, Veränderung des Krankenbehandlungsanspruches durch Vertragsrecht? ZAS 1986, 145, 152 mwN). Insoweit hat sich der Vertragsarzt durch die Akzeptanz des Gesamtvertrages den in den Sozialversicherungsgesetzen vorgesehenen Steuerungsmechanismen unterworfen, die notwendig sind, um eine flächendeckende, qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Leistungserbringung sicherzustellen. Die Aussicht, vom Versicherten eine Honorarzahlung verlangen zu können, schafft nämlich einen Anreiz, die betreffenden verrechnungsbeschränkten Leistungen dennoch zu erbringen (Grillberger aaO). Dies könnte dazu führen, daß die verrechnungsberechtigten Ärzte einen Teil ihrer Patienten verlieren, wodurch die Rentabilität ihrer Ausstattung nicht mehr gegeben wäre. Damit wäre aber die Vereinbarung derartiger Leistungen als qualitätsgesicherte Sachleistung zu einem wirtschaftlich vertretbaren Tarif (vgl § 342 Abs 2 ASVG) in hohem Ausmaß gefährdet. Es ist daher festzuhalten, daß es zu den durch Gesamtvertrag geregelten Pflichten der Vertragsärzte gehört, sich an derartige Einschränkungen zu halten. Die Bundesschiedskommission hat in ihrer Entscheidung vom 16. 12. 1998, R 5-BSK/1998-10, eine Vertragsverletzung darin erblickt, daß ein nicht zur Verrechnung befugter Vertragsarzt, der vom Versicherten als Vertragsarzt aufgesucht wird, für derartige Leistungen eine Honorarzahlung vom Versicherten begehrt (die ausschließliche Inanspruchnahme eines Wahlarztes als "Privatarzt" war nicht Gegenstand des Verfahrens). Wörtlich führte die Bundesschiedskommission aus: So wie der nicht verrechnungsbefugte Vertragsarzt nicht berechtigt ist, die im Gesamtvertrag ihm vorenthaltenen Leistungen als Wahlarzt mit Kostenerstattungsanspruch zu erbringen, ist auch dieser Vertragsarzt nicht befugt, die der Qualitätssicherung oder dem Wirtschaftlichkeitsgebot dienenden Maßnahmen gewissermaßen in einer neben der vertraglichen, zusätzlichen Funktion nunmehr als Privatarzt zu unterlaufen. In diesem Fall kann der Vertragsarzt daher vom Versicherten grundsätzlich zur Gänze nur als Privatarzt ohne Kostenerstattung in Anspruch genommen werden (vgl Grillberger aaO 416). Der Oberste Gerichtshof schließt sich diesen Ausführungen an. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers wirkt damit eine Beschränkung der Verrechnungsmöglichkeit hinsichtlich der PSA-Wert-Bestimmung auch auf andere Vertragsfachärzte, aber auch auf Wahlärzte. Im hier zu beurteilenden Fall handelt es sich nicht um ärztliche Leistungen, die auf Kosten der Beklagten nicht in Anspruch genommen werden könnten, sondern um solche, deren Refundierung aus sachlich gerechtfertigten Gründen nach dem Gesamtvertrag und der Honorarordnung auf ein ärztliches Fachgebiet beschränkt worden sind. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, ihren Vertragsärzten für Urologie eine PSA-Wertbestimmung zu honorieren. Daraus folgt aber, daß auch der Versicherte keinen Kostenerstattungsanspruch nach § 131 Abs 1 ASVG haben kann.

Die in dieser Entscheidung (10 ObS 403/98g) angestellten Überlegungen sind im vorliegenden Fall nutzbar zu machen, weil die Ausgangslage vergleichbar ist: Ging es dort darum, daß die ärztliche Untersuchung nach dem Vertragspartnerrecht bestimmten Fachärzten vorbehalten war, besteht im vorliegenden Fall ein gesetzlicher Vorbehalt insoweit, als die Beklagte hinsichtlich der MRT-Untersuchung, die an Großgeräten im Sinne des Art 30 Abs 2 Z 3 der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 und des § 338 Abs 2a ASVG vorgenommen werden muß, keine Verträge mit niedergelassenen Ärzten abschließen darf, die dem Großgeräteplan widersprechen. Der Gesetzgeber verwehrt es ihr damit, diese einen Teil der ärztlichen Behandlung bildende Untersuchung als Sachleistung durch Vertragspartner ihrer freien Wahl zu erbringen. Unbestritten ist, daß ein von der Beklagten mit der behandelnden Ärztin geschlossener Einzelvertrag über die MRT-Untersuchung nach § 338 Abs 2a zweiter Satz ASVG ebenso unwirksam wäre wie eine Aufnahme dieser Leistung in den Gesamtvertrag (Honorarordnung), nämlich in den Tarif der Fachärzte für Radiologie. Unbestritten ist daher auch, daß die behandelnde Ärztin die in Rede stehende Untersuchung nicht als Sachleistung erbringen kann. Diese Leistung kann als Sachleistung vielmehr nur nach Verträgen erbracht werden, die dem Großgeräteplan entsprechen. So wie ein Kassenarzt nicht berechtigt ist, eine Leistung zu bewirken, die an sich im Gesamtvertrag vorgesehen, aber nur bestimmten Vertragsärzten vorbehalten ist (so bereits Schrammel, Kostenersatz im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, ZAS 1994, 71, 80), darf er - als Kassenarzt - keine Leistung bewirken, die nach gesetzlicher Anordnung nur auf Grund von Verträgen mit bestimmten Vertragspartnern erbracht werden kann. Die Beklagte erbringt die hier in Rede stehende Leistung als Sachleistung, nämlich durch die in einer Anlage zum "Rahmenvertrag" aufgezählten acht in Wien (und zwar im 1., 6., 12., 18., 19, und 22. Gemeindebezirk) ansässigen Ambulatorien, freilich nicht durch niedergelassene Fachärzte für Radiologie. Wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat (Seite 11 seines Urteils), handelt sich daher hier gar nicht um das Problem des "kassenfreien Raumes", weshalb auch die dazu vom Obersten Gerichtshof angestellten Überlegungen (zB SSV-NF 8/33 = DRdA 1995, 168 = SZ 67/67) im gegenständlichen Fall nicht zielführend sind. Der Revisionswerberin ist jedenfalls darin beizupflichten, daß es die Absicht des Gesetzgebers, teure Großgeräte auf einige wenige Einsatzstellen zu beschränken, unterlaufen würde, wenn ein Vertragsarzt, der gerade eine bestimmte Leistung nicht erbringen darf, im Wege der Kostenerstattung als Wahlarzt in Anspruch genommen werden könnte.

Soweit dem der Grundsatz der freien Arztwahl entgegenstünde, könnte er einen Vorrang beanspruchen. Es trifft zwar zu, daß ein Versicherter die Möglichkeit hat, Vertragsärzte, Wahlärzte, Ärzte in eigenen Einrichtungen oder in Vertragseinrichtungen des leistungszuständigen Krankenversicherungsträgers in Anspruch zu nehmen (§ 135 Abs 1 ASVG) und daß in der Regel die Auswahl zwischen mindestens zwei zur Behandlung berufenen, für den Erkrankten in angemessener Zeit erreichbaren Ärzten freigestellt sein soll; wenn bei einem Versicherungsträger eigene Einrichtungen für die Gewährung der ärztlichen Hilfe bestehen oder diese durch Vertragseinrichtungen gewährt wird, muß die Wahl der Behandlung zwischen einer dieser Einrichtungen und einem oder mehreren Vertragsärzten (Wahlärzten) unter gleichen Bedingungen freigestellt sein (§ 135 Abs 2 ASVG). Auch § 342 Abs 1 Z 1 ASVG sieht im Zusammenhang mit dem Inhalt der Gesamtverträge vor, daß in der Regel einem Versicherten die Auswahl zwischen mindestens zwei in angemessener Zeit erreichbaren Vertragsärzten freigestellt sein soll. Das Recht der freien Arztwahl darf daher grundsätzlich auch bei Röntgen- und Laboruntersuchungen nicht eingeschränkt werden (Binder in Tomandl, SV-System, 8. ErgLfg 213; vgl aber Mosler in Strasser, Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 87 f). Dieses Recht hängt vorwiegend mit dem für eine erfolgreiche Krankenbehandlung notwendigen (fundamentalen) besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zusammen (vgl bereits SSV-NF 6/41 unter Hinweis auf Selb in Tomandl, SV-System, 6., nunmehr 7. ErgLfg 574). Die Fähigkeiten eines Arztes können für die Gesundheit sehr maßgebend sein, sodaß die Möglichkeit der Bestimmung eines Arztes für eine Behandlung als eine Entscheidung über die Erhaltung der Gesundheit - zumindest in selbstbestimmter Form - anzusehen ist (so A. Radner, Freie Arztwahl und Krankenversicherung, SozSi 1993, 625). Da es sich jedoch bei der MRT-Untersuchung um ein computertechnisch bestimmtes, an einem Großgerät vorgenommenes Diagnoseverfahren handelt, steht für den Betroffenen die jeweilige technische (maschinelle) Ausstattung des Großgerätes, nicht aber das besondere Vertrauensverhältnis zur Persönlichkeit eines bestimmten Arztes im Vordergrund. Dazu kommt, daß die Untersuchung durch ein Großgerät in er Regel einen Befund erbringt, dessen Interpretation ohnehin einem anderen Arzt überlassen bleibt. Hier wird der Grundsatz der freien Arztwahl durch andere, vor allem technisch-wirtschaftliche Gesichtspunkte überlagert. Soweit sich einzelnen Entscheidungen des Senates (zB zur Hämodialyse: SSV-NF 6/41 = DRdA 1993, 27 [Binder] = ZAS 1993, 146 [Schrammel, Radner]) eine gegenteilige Rechtsauffassung entnehmen ließe, wäre diese zumindest in Ansehung von Großgeräten durch die dargestellte Gesetzesänderung überholt.

Der Revision war daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASVG. Mit Rücksicht auf die rechtlichen Schwierigkeiten des Falles und den erheblichen tatsächlichen Verfahrensaufwand ist es angezeigt, den Klägern nach Billigkeit einen Teil ihrer Verfahrenskosten aller drei Instanzen zuzusprechen.

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