Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die rechliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Pflegegeldes der Stufe 3 auf ein solches der Stufe 5 nicht erfüllt, weil sein Pflegebedarf nicht durchschnittlich mehr als 160 Stunden monatlich (§ 4 Abs 2 BPGG Stufe 4) bzw 180 Stunden monatlich (§ 4 Abs 2 BPGG Stufe 5) beträgt, ist zutreffend, sodass darauf verwiesen werden kann.
Den Revisionsausführungen ist noch folgendes entgegenzuhalten:
Gegen das vom Berufungsgericht angenommene Ausmaß des Pflegebedarfes von täglich 5 Minuten für die notwendige Kontrolle der Körperreinigung nach Verrichtung der (großen) Notdurft bestehen keine Bedenken (vgl auch SSV-NF 11/24). Die Frage, ob der Kläger für die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände sowie für die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial fremder Hilfe bedarf oder, wovon die Vorinstanzen ausgingen, diese Verrichtungen noch selbständig durchführen kann, gehört zum Tatsachenbereich und unterliegt nicht der rechtlichen Prüfung durch den Obersten Gerichtshof. So hat das Berufungsgericht in seiner Entscheidung (vgl S 9 der Urteilsausfertigung) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger für die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände keiner Hilfe Bedarf. Soweit in der Revision im Zusammenhang mit der Beheizung des Wohnraumes nunmehr geltend gemacht wird, es sei aufgrund der psychischen Beeinträchtigungen des Klägers bereits mehrfach vorgekommen, dass er gezündelt habe und dass dadurch die Gefahr der Entstehung eines Brandes bestanden habe und weiters darauf hingewiesen wird, dass der Kläger aufgrund seines geistigen Zustandes am Tag und während der Nacht einer ständigen Beaufsichtigung bedürfe, hat bereits das Berufungsgericht diesen Ausführungen unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senates zutreffend entgegengehalten, dass die Zeit der reinen Beaufsichtigung eines Pflegebedürftigen bei der Ermittlung des Betreuungsaufwandes nach § 1 EinstV zum BPGG nicht in Anschlag zu bringen ist, weil das Erfordernis der dauernden Beaufsichtigung oder eines gleichzuachtenden Pflegeaufwandes (bzw zeitlich unkoordinierbarer Betreuungsmaßnahmen oder dauernder Anwesenheit einer Pflegeperson) nur entscheidend wird, wenn der Pflegebedarf schon ohne diese Beaufsichtigung durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich beträgt (§ 4 Abs 2 Stufe 6 BPGG) und davon abgesehen nach § 4 EinstV die Anleitung und die Beaufsichtigung von Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung bei der Durchführung der in den §§ 1 und 2 angeführten Verrichtungen der Betreuung und Hilfe selbst gleichzusetzen, nicht aber darüber hinaus gesondert zu veranschlagen ist (SSV-NF 12/23; 10 ObS 255/98t; 10 ObS 389/98y = SSV-NF 13/27 uva; RIS-Justiz RS0109571). Diese Anordnung der "Gleichsetzung" zeigt aber auch, dass zwischen Anleitung und Beaufsichtigung auf der einen Seite und Betreuung und Hilfe auf der anderen Seite grundsätzlich ein qualitativer Unterschied besteht (10 ObS 374/97s; 10 ObS 398/98y = SSV-NF 13/27; 10 ObS 121/99p ua).
Diese Regelung, die sich sowohl in der EinstV BGBl 1993/314 als auch in der hier bereits anzuwendenden neuen EinstV BGBl II 1999/37 findet, zeigt aber auch, dass sowohl dem alten als auch dem neuen Verordnungsgeber die Problematik der notwendigen Beaufsichtigung einer behinderten Person bekannt war. Dass er nur für den dort genannten Fall die Berücksichtigung des Zeitaufwandes für die Beaufsichtigung vorsah, spricht dafür, dass er im Übrigen die für eine notwendige Beaufsichtigung erforderliche Zeit bei der Ermittlung des Betreuungs- und Hilfsaufwandes nicht einbeziehen wollte. § 4 EinstV nF enthält einen neuen Abs 2 der einen zeitlichen Richtwert von 10 Stunden pro Monat vorsieht, wenn mit geistig oder psychisch behinderten Menschen zur selbständigen Durchführung von in den §§ 1 und 2 angeführten Verrichtungen Motivationsgespräche zu führen sind. Auch diese neue Regelung - in Kenntnis der bisherigen Rechtsprechung - lässt erkennen, dass der Verordnungsgeber keine Anleitung oder Beaufsichtigung bei der Durchführung nicht in den §§ 1 und 2 EinstV angeführter Verrichtungen berücksichtigen wollte (10 ObS 405/98a; 10 ObS 389/98y = SSV-NF 13/27 ua).
Im vorliegenden Fall würde der Kläger nach den getroffenen Feststellungen Anleitung und Motivation vor allem für die tägliche Körperpflege (inklusive Baden), das An- und Auskleiden sowie für die Einnahme der Medikamente benötigen. Die Ausführungen des Revisionswerbers über die Berücksichtigung der Notwendigkeit eines Motivationsgespräches im Sinn des § 4 Abs 2 EinstV nF und der ständigen Beaufsichtigung bei der Bemessung des Pflegebedarfes im Sinn des § 4 Abs 2 BPGG sind aber schon deshalb nicht zielführend, weil das Berufungsgericht bei der Bemessung des Pflegebedarfes für die genannten Verrichtungen sowie für die Zubereitung der Mahlzeiten und die bereits erwähnte Kontrolle der Körperreinigung nach Verrichtung der großen Notdurft ohnedies die dafür in den §§ 1 und 2 EinstV vorgesehenen bzw dafür konkret erforderlichen - und aufgrund der festgestellten Agressionstendenzen des Klägers um jeweils 50 % erhöhten - Zeitwerte für eine durch Fremdhilfe durchgeführte Pflege im Ausmaß von insgesamt 120,75 Stunden berücksichtigt hat und somit ohnedies zugunsten des Klägers davon ausgegangen ist, dass der Kläger die genannten Verrichtungen auch bei Durchführung von Motivationsgesprächen nicht mehr selbständig verrichten kann. Die Richtigkeit der weiteren Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass für die in § 2 Abs 2 EinstV genannten Hilfsverrichtungen keine konkret-individuelle Prüfung des Hilfsbedarfs anzustellen, sondern nach § 2 Abs 3 EinstV der Fixwert von 10 Stunden ohne jede Abweichung nach oben oder unten zugrundezulegen ist (SSV-NF 12/23 mwN ua), wird in den Revisionsausführungen zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen. Da der Kläger nach den Feststellungen fremder Hilfe bei der Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten, der Pflege der Leib- und Bettwäsche sowie Mobilitätshilfe im weiteren Sinn benötigt, sind diese Verrichtungen als Hilfsmaßnahmen im Sinn des § 2 EinstV mit einem fixen Zeitwert von insgesamt 30 Stunden monatlich zu bewerten, sodass der Pflegebedarf des Klägers den vom Berufungsgericht veranschlagten Wert von insgesamt 150,75 Stunden monatlich jedenfalls nicht übersteigt. Da somit der Pflegebedarf des Klägers durchschnittlich zwar mehr als 120 Stunden monatlich beträgt, 160 Stunden monatlich aber nicht überschreitet, erfüllt der Kläger nur die Voraussetzungen für ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 3. Damit erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob bezüglich des Betreuungsaufwandes für die Zubereitung der Mahlzeiten vom Berufungsgericht zu Recht eine Erhöhung des Mindestwertes (§ 1 Abs 4 zweiter Fall EinstV) vorgenommen wurde, zumal kein Hinweis darauf besteht, dass die die unmittelbar persönliche Betreuung des Klägers erschwerenden Agressionstendenzen auch Auswirkungen auf den zeitlichen Aufwand für diese Betreuungshandlung haben.
Der Revision des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit wurden nicht dargetan und sind nach der Aktenlage nicht ersichtlich.
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