OGH 10ObS301/00p

OGH10ObS301/00p14.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter DI Walter Holzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Claus Bauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann C*****, Pensionist, ***** im Revisionsverfahren nicht vertreten, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Juli 2000, GZ 25 Rs 81/00y-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. April 2000, GZ 45 Cgs 88/99a-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 29. 4. 1929 geborene Kläger bezieht von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter eine Alterspension von S 4.721,70 und überdies eine englische Rente von (umgerechnet) S 2.527,70. Er führt noch hälfteanteilig einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Einheitswert von S 4.000. Im Oktober 1998 erhielt er an landwirtschaftlichen Förderungen folgende (Jahres-)Beträge:

Bergbauernzuschuss S 12.263,--, Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete S 16.463,--, Mutterschafprämie S 1.252,35, Mutterschafprämie-Sonderbeihilfe S 1.065,98 und Ö-Pool-Leistungen auf Grund eines österr. Umweltprogrammes S 17.714,50.

Mit Bescheid vom 11. 2. 1999 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Ausgleichszulage für die Zeit vom 1. 10. bis 31. 12. 1998 ab. Auf Grund der gewährten Zuschüsse vom Agrarmarkt Austria sei ein monatlicher Betrag von S 3.041,30 auf die Ausgleichszulage anzurechnen.

Das Erstgericht wies das dagegen auf Zahlung der Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß für die Zeit vom 1. 10. bis 31. 12. 1998 gerichtete Klagebegehren ab. Es führte nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 292 ASVG in rechtlicher Hinsicht aus:

Grundlage für den Bergbauernzuschuss sei die "Sonderrichtlinie des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft betreffend die Gewährung der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten und der nationalen Beihilfe in der EU-Strukturfondsprogrammplanungsperiode 1995 bis 1999" (vom 23. 10. 1995, in Hinkunft kurz RL). Der Bergbauernzuschuss nach dieser RL solle einen Ausgleich für die in der Landwirtschaft beschäftigten Personen in benachteiligten Gebieten schaffen und substituiere somit einen Teil des geringeren Einkommens, das sich aus der schwierigen Bewirtschaftung der Flächen ergebe. Voraussetzung für diesen Zuschuss sei der Umfang des Viehbestandes und die Erschwerniskategorie der Betriebsgrundstücke. Er sei im taxativen Katalog der Ausnahmen des § 292 Abs 4 ASVG nicht enthalten und stelle daher ein Einkommen dar, das unter den Begriff Nettoeinkommen gemäß § 292 Abs 1 ASVG falle und bei der Ausgleichszulage zu berücksichtigen sei. Bei der Ermittlung des Nettoeinkommens aus einer Landwirtschaft sei gemäß § 292 Abs 5 ASVG auf den Versicherungswert abzustellen, der wiederum vom Einheitswert abhänge, womit nach § 32 Bewertungsgesetz die natürlichen Ertragsbedingungen (Bodenbeschaffenheit, Geländegestaltung, klimatische Verhältnisse, Wasserverhältnisse), die äußere Verkehrslage (Lage des Hofes im Hinblick auf die Vermarktung der Erzeugnisse und die Versorgung mit Betriebsmitteln, Verhältnisse des Arbeitsmarktes), die innere Verkehrslage (Lage bzw Entfernung der Betriebsflächen zum Hof) und die Betriebsgröße berücksichtigt würden. Folgte man der Ansicht des Klägers, der Bergbauernzuschuss sei bereits im Nettoeinkommen gemäß § 292 Abs 5 ASVG berücksichtigt, würde dies eine doppelte Begünstigung darstellen, weil gerade jene Umstände, die sich in der Erschwerniskategorie und der Lage im benachteiligten Gebiet ausdrückten, bereits im Einheitswert und dem daraus resultierenden Nettoeinkommen berücksichtigt seien. Dasselbe gelte für die übrigen Förderungen. Eine Gegenverrrechnung mit Aufwendungen aus der Landwirtschaft habe nach § 292 Abs 5 ASVG nicht stattzufinden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge. Es änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, dass es die beklagte Partei schuldig erkannte, dem Kläger vom 1. 10. bis 31. 12. 1998 eine Ausgleichszulage von monatlich S 2.130,60 zu zahlen. Es ging von den Bestimmungen des § 292 Abs 1 bis 5 ASVG, § 23 Abs 1 und 2 BSVG und § 32 Abs 1 Z 4 BewertungsG 1955 idgF aus und schloss daran an:

Die Pauschalanrechnung nach § 292 Abs 5 ASVG knüpfe nicht an den tatsächlichen Ertrag eines land(forst)wirschaftlichen Betriebes an, sondern an das bei ordnungsgemäßer Betriebsführung erzielbare durchschnittliche Betriebsergebnis. Es sei nicht entscheidend, ob aus der Liegenschaft tatsächlich ein Ertrag erzielt werde oder erzielt werden könnte und ob der landwirtschaftliche Betrieb eine Einkunftsquelle bilde. Die persönlichen Arbeitsleistungen des Besitzers seien in die Ertragswertberechnung und damit in die Bemessung des Nettoeinkommens nach § 292 Abs 5 ASVG bereits eingeflossen. Daher sei es nicht zulässig, Entgelte auf Grund von Arbeitsleistungen des Besitzers (wie die gegenständlichen) noch einmal nach § 292 Abs 3 ASVG zu veranschlagen. Die Bestimmung des Abs 5 gehe als Sonderbestimmung für den landwirtschaftlichen Bereich der allgemeinen Bestimmung des Abs 3 vor: Nur solche Einkünfte, die nicht im Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb stünden, könnten zusätzlich zur Pauschalanrechnung des Abs 5 noch nach Abs 3 berücksichtigt werden. Die vom Kläger bezogenen Förderungen und Beihilfen seien bereits in der Pauschalierung nach Abs 5 berücksichtigt und daher nicht zusätzlich nach Abs 3 anzurechnen. Ob sie in Analogie zu den Ausnahmen des § 292 Abs 4 ASVG außer Betracht zu bleiben hätten, könne dahingestellt bleiben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles erster Instanz.

Die klagende Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu. Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist vielmehr zutreffend, weshalb es grundsätzlich ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Revisionswerberin meint, bei den gegenständlichen Zuschüssen handle es sich nicht um Entgelt für gesonderte Arbeitsleistungen des Betriebsführers, sondern sie würden gewährt, um die verminderte Ertragsfähigkeit auszugleichen bzw die Aufrechterhaltung des Betriebes zu gewährleisten. Selbst wenn man zusätzliche Arbeitsleistungen des Betriebsführers annehme, würden diese durch die Zuschüsse tatsächlich entlohnt; solche Einkünfte wären aber auf die Ausgleichszulage anzurechnen. Für die Ermittlung des Einheitswertes sei hingegen der Reinertrag maßgeblich, der in Gegenüberstellung zum Reineinkommen dadurch zu definieren sei, dass der Wert der Arbeitsleistung des Betriebsführers in Abzug gebracht werde, da diese unentgeltlich erfolge. Das Bewertungsgesetz berücksichtige ja die natürlichen Ertragsbedingungen, die äußere und innere Verkehrslage und die Betriebsgröße. Der Kläger würde doppelt begünstigt, weil die Bewertung der Bonität bei Festlegung des Einheitswertes als Grundlage für die Bemessung nach § 292 Abs 5 ASVG bereits berücksichtigt sei. Solche Zuschüsse seien jedenfalls als Einkommen im Sinne des § 292 Abs 1 bis 3 ASVG zu bewerten. Dem Kläger gebühre daher keine Ausgleichszulage.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten:

Auch nach Auffassung des Obersten Geichtshofs werden öfffentliche Mittel zur Aufrechterhaltung der Landwirtschaft (wie zB Bergbauernzuschuss, Bewirtschaftungsprämien, EU-Förderungen) bereits durch die Pauschalierung nach § 292 Abs 5 und 7 ASVG erfasst; sie gehören damit zum "Nettoeinkommen aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb" im Sinne des § 292 Abs 5 ASVG, das bei Ermittlung der Ausgleichszulage nicht darüber hinaus als zusätzliches Nettoeinkommen nach § 292 Abs 3 ASVG zu veranschlagen ist (ebenso nach Radner et al., Bauernsozialversicherung3 663 die Praxis der Sozialversicherungsanstalt der Bauern). Wie das Berufungsgericht zutreffend bemerkte, kommt es für die Frage der Pauschalanrechnung bei einem festgestellten Einheitswert nicht darauf an, ob der Pensionsbezieher zuletzt aus diesem Grundstück einen Ertrag erzielt hat oder hätte erzielen können (vgl SSV-NF 4/145, 10/80, 11/146, 12/127). Der landwirtschaftliche Einheitswert orientiert sich wesentlich am Ertrag der Liegenschaften; bei Bemessung der Ausgleichszulage wird nach dem Gesetz von Durchschnittswerten der Betriebsergebnisse bei ordnungsgemäßer Betriebsführung ausgegangen (SSV-NF 5/114, 8/3). Würde man die öffentlichen Förderungsgelder im oben dargestellten Sinn als gesondert zu veranschlagende Einkünfte des Betriebsführers ansehen, dann müssten davon konsequenter Weise auch die für die Gewährung dieser Förderungen notwendigen Auflagen (zB Förderungsvoraussetzungen nach Punkt 4 der RL: ganzjährige Bewirtschaftung von mindestens 3 ha Nutzfläche im benachteiligten Gebiet, Vorhandensein von Wirtschaftsgebäuden mit entsprechender Maschinen- und Geräteausstattung, eigenständiges Wohngebäude, Verpflichtung zur landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit für noch mindestens 5 Jahre) und die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen abgezogen werden, wie der Kläger schon in erster Instanz unter Hinweis darauf, dass ihm im Jahr 1998 solche Ausgaben von S 87.419 erwachsen seien, eingewendet hat.

Ob der in § 292 Abs 4 ASVG enthaltene - auffallend inhomogene - Katalog von Beihilfen, Zuschüssen und sonstigen Einkünften, die bei Berechnung der Ausgleichszulage außer Betracht zu bleiben haben, im Analogieweg um die hier gegenständlichen Zuschüsse, Zulagen und Prämien erweitert werden könnte, braucht nicht mehr untersucht zu werden. Soweit überblickbar, wurde bisher in einer einzigen gerichtlichen Entscheidung (Oberlandesgericht Wien 7 Rs 215/97g in Billigung der erstinstanzlichen Rechtsansicht ohne zusätzliche Argumente - SVSlg 43.309 ARD 5042/30/99 - ZASB 1999, 22) zu dieser Frage dahin Stellung genommen, die genannte Bestimmung zähle den Bergbauernzuschuss nicht ausdrücklich auf und könne auf ihn auch nicht analog angewendet werden, da es grundsätzlich um Einkommen gehe, die besonders bedürftigen Personen zuerkannt würden wie zB Wohnbaubeihilfen, Kinderzuschüsse usw. Der Bergbauernzuschuss sei aber eine vom Einkommen unabhängige Zahlung an eine bestimmte Gruppe von Landwirten, die sich gemäß Punkt 5.2.2. und 5.3.1. der RL nach den im Betrieb vorhandenen Großvieheinheiten und Erschwerniskategorien richte. Soweite diese Entscheidung auch damit argumentiert, durch die Berücksichtigung des Bergbauernzuschusses im Pauschalbetrag nach § 292 Abs 5 ASVG würde der Kläger wegen des bereits niedrigeren Einheitswertes doppelt begünstigt, kann ihr nicht gefolgt werden. Diese Ansicht unterstellt ohne entsprechende Tatsachengrundlagen, dass die mit den Förderungsmitteln verfolgten Zwecke bereits durch die Feststellung des Einheitswertes erreicht würden. Ein zusätzliches Argument könnte bilden, dass im Beitragsbereich immer nur der Versicherungswert der Liegenschaft herangezogen wird und keine Grundlage dafür besteht, allfällige Förderungen zusätzlich zur Feststellung der Beitragsgrundlage heranzuziehen, obwohl die Förderungen sicher dem Betrieb an sich gewährt werden. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass die Förderungen Teil des pauschalierten Betriebsergebnisses sind.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

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