Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann. Die Revisionsausführungen der Klägerin machen ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die hier anzuwendende Bestimmung des § 227a Abs 2 Z 6 ASVG insofern geltend, als dadurch eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei Pflegekindern - im Gegensatz zu Adoptivkindern - nur unter der Voraussetzung vorgesehen sei, dass die Übernahme der unentgeltlichen Pflege nach dem 31. Dezember 1987 erfolgte. Diese Differenzierung sei sachlich nicht gerechtfertigt, da der tatsächliche Unterschied zwischen Adoptiv- und Pflegekindern nur in einem Formalakt, nämlich der Adoption, bestehe. Auch finanzielle Erwägungen könnten diese Differenzierung nicht rechtfertigen. Setze man die pensionsrechtlichen Nachteile der Klägerin mit dem rein formalen Differenzierungskriterium des Wahlkindes oder Pflegekindes in Verhältnis, zeige sich die Unverhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, dass der erkennende Senat verfassungsrechtliche Bedenken gegen die hier angegriffene Bestimmung des § 227a Abs 2 Z 6 ASVG bereits in seiner Entscheidung vom 14. 12. 1999, 10 ObS 330/99y (= SSV-NF 13/148 = DRdA 2000, 424 ua Veröffentlichungen) nicht geteilt hat und sich auch auf Grund der nunmehrigen Revisionsausführungen nicht veranlasst sieht, von dieser Auffassung abzugehen.
Den Streitpunkt bildet die Frage der Anrechnung von Kindererziehungszeiten als Ersatzzeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung. Bei Ersatzzeiten handelt es sich um Zeiten, die, ohne dass für sie ein Beitrag entrichtet worden wäre, in der Pensionsversicherung als leistungswirksam berücksichtigt werden. Wegen der besonderen finanziellen Belastung, die die Versichertengemeinschaft durch solche beitragsfrei anzurechnenden Ersatzzeiten trifft, sieht der Gesetzgeber bei verschiedenen Ersatzzeiten Anrechnungsbeschränkungen für die Leistungsbemessung vor, die teilweise an das Lebensalter des Versicherten geknüpft, teilweise von diesem unabhängig sind. Bestimmte Ersatzzeiten zählen zwar teilweise für die Erfüllung der Wartezeit (zB die Schul- und Studienzeiten zur Erfüllung der Wartezeit bei Hinterbliebenenpensionen), nicht aber bei der Bemessung der Leistungen; sie können aber durch Beitragsentrichtung ganz oder teilweise anspruchs- bzw leistungswirksam werden. Bei anderen Ersatzzeiten werden die durch die Anrechnung in der Pensionsversicherung verursachten Aufwendungen durch die Überweisung von Pauschalbeträgen bzw Beiträgen aus anderen öffentlichen Kassen an den Versicherungsträger bzw den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger abgegolten (Teschner in Tomandl, SV-System, 14. Erg-Lfg 384 f).
In der Frage der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung sah das ASVG vor dem Pensionsanpassungsgesetz, BGBl 1965/96, für Mütter noch keine begünstigte Ersatzzeitanrechnung vor. Erst seit dem Pensionsanpassungsgesetz galten ab 1. 6. 1965 die Zeiten, während derer eine Versicherte Wochengeld bezog oder während derer dieser Anspruch ruhte, als Ersatzzeiten (§ 227 Z 3 ASVG idF BGBl 1965/96). Den nächsten Fortschritt brachte die 25. Novelle zum ASVG, BGBl 1970/385. Durch Anfügung einer Z 4 im § 227 ASVG wurde "eine nach dem 31. 12. 1970 liegende Zeit eines Urlaubs gegen Entfall des Arbeitsentgelts nach den Vorschriften des Mutterschutzrechts" in den Ersatzzeitenkatalog aufgenommen. Dass die Zeiten des Karenzurlaubes (so wie auch die Zeiten des Bezuges von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung und des Krankengeldbezuges), die bis 31. 12. 1970 als neutrale Zeiten galten, erst seit 1. 1. 1971 Ersatzzeiten sind, ist nach der RV zur 25. ASVG-Nov 157 BlgNR 12. GP, 14 darauf zurückzuführen, dass die mit dieser Leistungsverbesserung verbundenen Mehraufwendungen in der Pensionsversicherung mit den finanziellen Möglichkeiten des Bundes und der Pensionsversicherungsträger in Einklang gebracht werden mussten. Durch diese Stichtagsregelung ergaben sich zunächst nur geringfügige Mehraufwendungen, die erst im Laufe der Jahre langsam anstiegen. In der mit 1. 1. 1973 in Kraft getretenen 29. ASVG-Nov, BGBl 1973/31, wurde eine 12-monatige Ersatzzeit nach der Entbindung unabhängig davon, ob sich die Mutter im Karenzurlaub befand oder nicht, eingeführt. Durch die 33. Novelle zum ASVG, BGBl 1978/684, wurde leiblichen Müttern, Wahlmüttern und Stiefmüttern auch die Möglichkeit einer begünstigten Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Kindererziehung eröffnet (vgl § 18 ASVG idF BGBl 1978/684). Mit der
40. ASVG-Nov, BGBl 1984/484, wurde für die Pensionsberechnung ein Kinderzuschlag (§ 261a ASVG) eingeführt. Während die ersten 12 Kalendermonate nach der Entbindung weiterhin nur für die leibliche Mutter als Ersatzzeit galten, konnte einen Kinderzuschlag auch eine Adoptivmutter erhalten (vgl E. Marek, Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung, DRdA 1995, 227 ff; SSV-NF 7/56 ua).
Eine Erweiterung des für eine Ersatzzeitenanrechnung wegen Kinderbetreuung in Betracht kommenden Personenkreises brachte die 48. Novelle zum ASVG, BGBl 1989/642, durch § 227 Abs 1 Z 4 lit b ASVG. Auf Grund dieser Bestimmung galt bei einer nach dem 31. 12. 1987 erfolgten Annahme an Kindes Statt (unentgeltliche Pflege des Kindes) die Zeit des Bezugs von Karenzurlaubsgeld gemäß § 26 Abs 1 Z 3 AlVG als Ersatzzeit. Anspruchsberechtigt für den Bezug von Karenzurlaubsgeld waren nach § 26 Abs 1 Z 3 AlVG in der damals geltenden Fassung BGBl 1987/615 Frauen, die allein oder mit ihrem Ehegatten ein Kind, welches das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes Statt angenommen oder in der Absicht, dieses Kind an Kindes Statt anzunehmen, in unentgeltliche Pflege genommen haben, die Anwartschaft erfüllen, mit dem Kind im selben Haushalt leben und dieses überwiegend selbst pflegen. In den Erläuternden Bemerkungen zur RV 1098 BlgNR XVII. GP 14 wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es der Gesetzgeber zu Beginn der Siebzigerjahre bei der Schaffung der Ersatzzeitenregelung gemäß § 227 Abs 1 Z 4 ASVG für sachlich gerechtfertigt gehalten habe, die Anrechnung dieser Ersatzzeit auf leibliche Mütter zu beschränken, die jüngere Novellengesetzgebung (insbesondere 40. Novelle zum ASVG, BGBl 1984/484) auch die Fälle der Adoption, so im Bereich des neu geschaffenen Kinderzuschlages, berücksichtigt habe. Es erscheine daher als im Einklang mit der jüngeren Novellengesetzgebung stehend sozial- und familienpolitisch sinnvoll und richtig zu sein, die Ersatzzeitenregelung des § 227 Abs 1 Z 4 ASVG zu Gunsten von Adoptivmüttern und Frauen, die ein Kind zum Zweck der späteren Adoption in unentgeltliche Pflege nehmen, zu ändern. Beschränkt war diese Anrechnung von Ersatzzeiten auf Personen mit einem Pensionsstichtag nach dem 31. 12. 1989. Für die von Adoptivmüttern und Pflegemüttern durch Karenzurlaubsgeldbezug erworbenen Ersatzmonate leistete der Familienlastenausgleichsfonds einen Beitrag (vgl Marek aaO 228).
Mit der 48. ASVG-Nov, BGBl 1989/642, wurde auch der für eine begünstigte Weiter- oder Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Kindererziehung gemäß § 18 ASVG in Betracht kommende Personenkreis (leibliche Eltern, Wahl- oder Stiefeltern) um die Personengruppe der Pflegeeltern erweitert. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur RV 1098 BlgNR XVII. GP, 10 sei die bis dahin unterschiedliche Behandlung von leiblichen Eltern, Wahl- oder Stiefeltern einerseits und Pflegeeltern andererseits darauf zurückzuführen, dass nach der bisher geltenden Rechtsordnung den leiblichen Eltern, Wahl- oder Stiefeltern eine andere Rechtsstellung zukomme als den Pflegeeltern. Es bestehe seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bereits seit längerem unter der Voraussetzung, dass die geänderten Vorstellungen im Bereich des Pflegekindschaftsrechtes in der Gesetzgebung ihren Niederschlag gefunden haben, grundsätzlich die Bereitschaft, die Einbeziehung der Pflegeeltern in die Bestimmungen betreffend die begünstigte Weiter- und Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Kindererziehung (§ 18 ASVG) zur Erörterung zu stellen. Mit der Gesetzwerdung des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989, BGBl 1989/161, sowie des Kindschaftsrecht-Änderungsgesetzes, BGBl 1989/162, seien die Voraussetzungen einer rechtlich engeren Bindung zwischen Pflegeeltern und Pflegekind gegeben.
Durch die 51. ASVG-Nov, BGBl 1993/335, wurden sowohl die Anrechnung der ersten 12 Kalendermonate nach der Entbindung als Ersatzmonate als auch die Gewährung des Kinderzuschlags und die Möglichkeit der begünstigten freiwilligen Weiter-(Selbst-)Versicherung aufgehoben. Statt dessen galten nunmehr die ersten 48 Kalendermonate nach der Geburt des Kindes als Ersatzmonate. Auch im Fall der Annahme an Kindes Statt (Übernahme der unentgeltlichen Pflege des Kindes) galt die nach der Annahme an Kindes Statt (Übernahme der unentgeltlichen Pflege des Kindes) liegende Zeit der Erziehung dieses Kindes im Höchstausmaß von 48 Kalendermonaten ab der Geburt des Kindes als Ersatzzeit - dies allerdings weiterhin unter der Voraussetzung, dass die Adoption oder die Übernahme in unentgeltliche Pflege nach dem 31. 12. 1987 erfolgt war. Begründet wurde diese Einschränkung damit, dass der Familienlastenausgleichsfonds erst ab diesem Zeitpunkt für die von Adoptiveltern und von Pflegeeltern erworbenen Ersatzmonate Beiträge leistete. Mit der 52. ASVG-Nov, BGBl 1994/20, hat der Gesetzgeber in der Frage der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten die Wahlkinder den ehelichen bzw unehelichen Kindern gleichgestellt, während die Anrechnung von Ersatzzeiten für Zeiten der Erziehung von Pflegekindern auf nach dem 31. 12. 1987 erfolgte Übernahmen der unentgeltlichen Pflege beschränkt blieb. Die dargestellte Entwicklung der Gesetzeslage zeigt, dass im Zuge der Bestrebungen des Gesetzgebers nach einer verstärkten Anrechnung von Kindererziehungszeiten im Laufe der Jahre (vgl nunmehr auch die noch weitergehenden Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl I 2001/103) unter Berücksichtigung der für die Versichertengemeinschaft damit verbundenen finanziellen Belastung nicht nur das Ausmaß dieser Anrechnungszeit, sondern auch der dafür in Betracht kommende Personenkreis sukzessive erweitert wurde (leibliche Mutter bzw leibliche Eltern - Adoptivmutter bzw Adoptiveltern - Pflegemutter bzw Pflegeeltern). Der erkennende Senat hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass es in der rechtspolitischen Freiheit des Gesetzgebers stehe, festzulegen, ab wann Zeiten als Ersatzzeiten gelten. Einschränkungen dieser Begünstigung seien wegen der mit der beitragsfreien Anrechnung von Ersatzzeiten verbundenen besonderen finanziellen Belastung der Versichertengemeinschaft durchaus sachgerecht (SSV-NF 13/148; 7/56; 6/54 ua; RIS-Justiz RS0083750). Die Richtigkeit dieser Ausführungen wird auch von der Revisionswerberin nicht in Zweifel gezogen. Die Revisionswerberin vertritt allerdings die Ansicht, dass die Beibehaltung der Anrechnungsbeschränkung für Zeiten der Erziehung von Pflegekindern auf nach dem 31. 12. 1987 erfolgte Übernahmen der unentgeltlichen Pflege nicht mit finanziellen Argumenten begründet werden könne und daher im Hinblick auf die eine solche Beschränkung nicht enthaltende Anrechnungsregelung für Adoptivkinder eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung darstelle.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verbietet der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, Differenzierungen zu schaffen, die sachlich nicht begründbar sind, sachlich begründbare - also nicht sachfremde - Differenzierungen vorzunehmen, ist dem Gesetzgeber durch das Gleichheitsgebot nicht verwehrt (VfSlg 13.026 mwN uva). Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass der für eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung in Betracht kommende Personenkreis vom Gesetzgeber entsprechend der Intensität seiner rechtlichen Bindung zum Kind sukzessive erweitert wurde. Das Ausmaß der rechtlichen Bindung zum Kind stellt dabei nach Ansicht des erkennenden Senates ein durchaus sachliches Kriterium dar. Wenn auch in den faktischen Umständen der Pflege eines Wahlkindes und eines Pflegekindes regelmäßig keine Unterschiede bestehen werden, so bestehen doch auf Grund der unterschiedlichen rechtlichen Bindung Unterschiede in der rechtlichen Verpflichtung zur Leistung dieser Pflege. Wenn der Gesetzgeber dabei, wie den zitierten Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, davon ausging, dass im Wesentlichen erst mit der Gesetzwerdung des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989 sowie des Kindschaftsrecht-Änderungsgesetzes 1989 die Voraussetzungen einer rechtlich engeren Bindung zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern geschaffen worden seien, und daher in der hier gegenständlichen Frage der Anrechnung von Kindererziehungszeiten eine Gleichbehandlung der Pflegeeltern mit den leiblichen Eltern bzw Wahleltern erst für nach dem 31. 12. 1987 erfolgte Übernahmen in unentgeltliche Pflege vorsah, hat er damit nach Ansicht des erkennenden Senates seinen sozialpolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Es ist vielmehr darauf hinzuweisen, dass auch im Zuge der Neuordnung des Pflegeverhältnisses durch das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 1989 das Pflegeverhältnis der Annahme an Kindes Statt nicht gleichgestellt wurde (vgl EvBl 1991/200 ua). Es sind daher in manchen Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes (vgl dazu beispielsweise SSV-NF 4/82 und Schrammel in Tomandl, SV-System 8. Erg-Lfg 126 zur Frage der Angehörigeneigenschaft als Kind in der Pensionsversicherung nach § 252 Abs 1 ASVG) als auch in anderen gesetzlichen Bestimmungen (vgl EvBl 1991/200 zur Frage der Eintrittsberechtigung nach § 14 Abs 3 MRG) Pflegekinder den Adoptivkindern nach wie vor nicht gleichgestellt.
Der erkennende Senat kann daher nicht finden, dass die vom Gesetzgeber im § 227a Abs 2 Z 6 ASVG für Pflegekinder vorgenommene zeitliche Beschränkung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten unsachlich wäre und sieht sich somit zu der in der Revision angeregten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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